Wie bei den meisten Burgen im österreichisch-ungarischen Grenzraum ist die Geschichte von Rechnitz etwas kompliziert, da das Land häufig seinen Besitzer wechselte und die Burgherren darauf reagierten. Der alte Ort Rohoncz bestand aus zwei Teilen, dem vermutlich von den Güssinger Grafen gegründeten „Deutschmarkt“ und dem „Ungarmarkt“ mit dem Kastell, das sich um 1270 im Besitz der Familie Ják befand und vermutlich auch von ihr erbaut wurde. Bei der einstigen Burg Rechnitz handelt es sich um das auf einer Anhöhe stehende heutige „Öde Schloss“. Der Wehrbau gehörte dem Grafen Iwan von Güssing. Im Zuge der „Güssinger Fehde“ wurde er 1289 von Herzog Albrecht I von Österreich nach einer achttägigen Belagerung erobert. 1291 fiel er wieder an die Güssinger zurück. 1318 war Rechnitz im Besitz von Nikolaus, der die Rechnitzer Linie der Güssinger Grafen begründete. Es gelang ihm 1329 der Familie Ják die Stadtburg abzukaufen, so dass ihm nun ganz Rechnitz gehörte. 1374 kam es zu einer neuerlichen Besitzteilung innerhalb der Güssinger Grafen. Graf Andreas und sein Sohn Heinrich lehnten sich 1398 gegen den ungarischen König auf und verheerten das Komitat Ödenburg. Sie wurden jedoch 1404 vom Palatin Nikolaus Garai besiegt und aus Rechnitz vertrieben. König Sigismund belehnte ihn hierauf mit der Herrschaft. Garais Sohn Ladislaus ließ sich 1440 als ungarischer Thronanwärter aufstellen. Er musste jedoch bald nach Österreich flüchten. Der neue ungarische König, Ladislaus I, konfiszierte seine Güter und setzte Dionys de Vág als Burggraf ein. Auf Grund einer Plünderung der Stadt Ödenburg besetzte Friedrich III 1445 Rechnitz. Nach dem Tod Job Garais im Jahr 1461 fiel Ort und Burg als erledigtes Reichslehen auch rechtlich an den Kaiser zurück. König Matthias Corvinus nahm ihm beides aber 1478 wieder ab und übergab die Herrschaft seinem Geschützmeister Jakob Margenwerder, der sie aber an Wilhelm und Georg Baumkircher verkaufte.
1527 erhielt Franz Batthyány von Kaiser Ferdinand I Rechnitz zuerst als Pfand und dann 1564 als freies Eigen, doch musste er sich jahrelang mit den Erben der 1502 bereits ausgestorbenen Baumkirchner herumschlagen, bis er die Herrschaft komplett übernehmen konnte. 1622 wurde die Stadtburg, also das Kastell, durch den kaiserlichen Oberst Collalto zerstört, da die Batthyány damals zum ungarischen König Gábor Bethlen hielten. Danach wurde die Anlage nur mehr provisorisch instand gesetzt. Adam I Batthyány ließ noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts das alte Kastell abreißen und nach 1648 in mehreren, kurz aufeinander folgenden Bauphasen ein neues großes Renaissanceschloss errichten. Baumeister waren Carlo della Torre, Jacopo della Strada und Johann Schreiner. Es wird berichtet, dass der mit Adams Witwe, Eleonora Batthyány, befreundete Prinz Eugen sich mehrmals in Rechnitz aufhielt und den Hofbaumeister Johann Lukas von Hildebrandt mitbrachte, der an der Verschönerung des Schlosses beteiligt gewesen sein soll. Adam II Graf Batthyány machte Rechnitz zu einem kulturellen Mittelpunkt. Er unterhielt hier auch eine Privatarmee, mit der er die Türken bekämpfte. 1708 lag der Kuruzzenführer Georg Kisfaludy mit einer ganzen Division in Rechnitz. 1838 schenkte Fürst Gustav Batthyány-Strattmann die 30.000 Bände umfassende Schlossbibliothek der neu gegründeten Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Die Ruinen der alten Burg, dem Öden Schloss, wurden niedergerissen, da sich hier Räuber häuslich eingerichtet hatten. Der 1779 verstorbene ungarische Dichter Franz Faludi verbrachte im Schloss seine letzten Lebensjahre. Die Batthyány bevorzugten bald Körmend als neuen Wohnsitz und verkauften Rechnitz 1871 an Julius Szajbéli. Dieser veräußerte die Herrschaft 1906 an den Industriellen Baron Dr. Heinrich Thyssen-Bornemisza. Der bekannte Kunstsammler richtete im Schloss eine bedeutende Gemäldegalerie ein. Nach dem Ersten Weltkrieg gelangte die Familie Batthyány durch Heirat wieder in den Besitz des Schlosses. Im März 1945 wurde während einer Feier der örtlichen NSDAP im Schloss die anschließende Ermordung von 180 jüdischen Zwangsarbeitern beschlossen, die zu schwach für den Bau des Ostwalles waren. Wenige Wochen später wurde das Schloss in Brand geschossen. Obwohl eine Wiederherstellung möglich gewesen wäre, wurde es in der Nachkriegszeit komplett abgerissen und an seiner Stelle Siedlungshäuser errichtet.
Das einstige Schloss war eine sehr große Anlage. Es hatte einen trapezförmigen Grundriss um einen Arkadenhof. Er war so groß, dass in ihm ein ganzes Husarenregiment exerzieren konnte. In der Mitte des Hofes stand ein mit einem Pelikan, dem Wappentier der Batthyány, geschmückter Brunnen. Die lange zweigeschossige Vorderfront wurde vom hohen Torturm dominiert. Dieser wurde später zu einem klassizistischen Uhrturm umgebaut. An den Ecken der Schauseite traten mächtige dreiachsige Pavillons basteiartig vor. Der einstige Wassergraben war schon lange trocken gelegt worden. Das Schloss hatte mehr als 200 Zimmer. Im ersten Stock des Süd- und des Osttraktes waren etliche Räume mit schönen Stuckdecken und Deckenmalereien versehen. Die Innenausstattung stammte aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts. Die Kapelle befand sich in der Mitte des hinteren Traktes. Ihre Wände waren durch ionische Pilaster gegliedert. Die Stuckarbeiten galten als ein Werk von Filiberto Lucchese. Von der ganzen Anlage ist heute außer einigen Terrassenmauern nichts mehr vorhanden. Es steht jedoch noch der monumentale viergeschossige herrschaftliche Getreidespeicher am südlichen Ortsausgang. An die Batthyány erinnert ein großes, aber bereits stark verwittertes barockes Steinwappen an der Nordfront desselben. Vom Schloss ist lediglich ein Brunnen geblieben, der mit einer ehemaligen Steinlaterne geschmückt ist. Das 1478 von Matthias Corvinus zerstörte „Öde Schloss“ liegt oberhalb des Faluditales nordwestlich des gleichnamigen Sees. Von ihm sind noch einige Erdwälle erkennbar.
Lage: Burgenland/Mittleres Burgenland – inmitten von Rechnitz
Besichtigung: nicht mehr möglich, da vollständig abgetragen
Weitere Literatur:
22.04.2006