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Herbersdorf


Herbersdorf gehört zu jenen Wehrbauten, die das Grazer Feld zu schützen hatten. Der befestigte Edelhof wurde wohl in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut. 1147 wird ein Heinricus de Herwigesdorf urkundlich erwähnt, der zu den Gefolgsleuten des Herrands von Wildon gehörte. Markwart von Herbersdorf gründete noch vor 1218 die Kirche von Allerheiligen, die dem Ort, der sich bald um sie entwickelte, ihren Namen gab. Die Herbersdorfer waren mit den meisten adeligen Familien der Südsteiermark verschwägert. Im 13. und 14. Jahrhundert gewannen sie an Bedeutung und Vermögen. In der Wallseer Fehde erwiesen sie sich als treue Anhänger des Landesfürsten Herzog Ernst, was ihnen aber eine teilweise Zerstörung ihrer Burg und ihren Untertanen schwere Verwüstungen einbrachte. Erst nach 1428 konnten sie von den Wallseern einen Ausgleich für die erlittenen Schäden erhalten. Die Herbersdorfer saßen fast 500 Jahre lang auf ihrer Burg. Nach einem langen Erbschaftsstreit löste Anna Maria von Glojach, geb. Herbersdorf, 1609 die Herrschaft den anderen Erben ab. Ihr Gatte, Hans Christoph von Glojach, war als arger Bauernschinder bekannt. Durch Misswirtschaft, Brände und dem Ausbruch einer Grippeepidemie geriet sie jedoch in hohe Schulden. 1640 übergab sie die Herrschaft den Grazer Jesuiten und zog sich auf den benachbarten Schwasdorferhof zurück. Nachdem sie den Verkaufserlös auf Reisen nach Italien durchgebracht hatte, kehrte sie 1645 mittellos zurück und klagte die Jesuiten auf Rückgabe der Herrschaft oder Zahlung einer jährlichen Rente. Sie verstarb jedoch zwei Jahre später bevor der Rechtsstreit beendet werden konnte. Die Jesuiten beauftragten 1660 den Baumeister Domenico Rossi mit dem barocken Umbau des Schlosses. Ein Schlussstein zeigt die Jahreszahl 1715. Das Gebäude diente danach den Patres vorwiegend als Sommerfrische, doch wurde 1680, als in Graz die Pest wütete, das Jesuiten-Kolleg hierher verlegt. Mit der Aufhebung des Ordens, kam Herbersdorf 1773 zuerst an den Staat, wurde aber 1812 an den als Tiroler Freiheitskämpfer bekannten Freiherrn Martin Teimer von Wilten verkauft, der größere Umbauten vornehmen ließ. Er starb 1838 im Schloss. 1870 gehörte Herbersdorf den Freiherren Conrad, ab 1932 Dr. Friedrich Nitsche und seinen Nachkommen. Im Zweiten Weltkrieg wurden Flüchtlinge in dem Gebäude untergebracht. Nach Kriegsende wurde es von Besatzungssoldaten und Teilen der Bevölkerung geplündert. 1988 erwarb ein Bauunternehmer die Anlage und richtete darin Mietwohnungen ein.

Schloss Herbersdorf liegt knapp außerhalb des kleinen Ortes Allerheiligen auf einem teilweise künstlich geböschten Hügel. Der heutige Bau stammt vom Ende des 16. bzw. Anfang des 17. Jahrhunderts, wurde aber später teilweise umgestaltet. Es war zum Teil von einem Graben umgeben, der heute eingeebnet ist. Das Schloss ist ein mächtiger viereckiger Bau mit einem malerischen rechteckigen Arkadenhof. Die hoch aufragende viergeschossige Westfront wird von zwei übereck gestellten Türmen mit Pyramidendächern flankiert. Sie überragen das Gebäude um ein Geschoß. Auch die dreigeschossige Eingangsseite im Osten war einst mit Türmen bewehrt. Die nüchternen Fassaden werden nur durch einfache Geschoßbänder horizontal gegliedert. Leider wurde das Schloss durch einen modernen Dachausbau entstellt, als es galt möglichst viele Wohnungen in ihm unterzubringen. Die Erneuerung der Fenster ist ebenfalls recht unglücklich erfolgt. Über eine Brücke gelangt man zu dem von einem Türmchen überragten Torbau. Am Portal ist die Devise „Ad majorem Dei Gloriam“ und die Jahreszahl 1715 zu erkennen. Eine ansteigende Durchfahrt führt in den etwas höher gelegenen Arkadenhof. Dessen Längsfronten sind im Norden vier- und im Süden zwei- bzw. viergeschossig. Gegenüber der Einfahrt führt eine breite Freitreppe ins Obergeschoß. Das oberste Stockwerk sowie die meisten Wohnräume gehen auf Umbauten nach 1812 zurück. Der einstige Bergfried ist von außen nicht mehr erkennbar, da er teilweise abgetragen und in das Gebäude integriert wurde. Am Schlossvorplatz steht eine Steinstatue des Hl. Johannes Nepomuk aus dem Jahr 1739.

Lage: Steiermark/Südsteiermark – ca. 6 km nordöstlich von Wildon

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


20.04.2006