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St. Georgen an der Stiefing


Der einstige Wehrbau befand sich ursprünglich im Besitz der Grafen von Berngau, die im 12. Jahrhundert von den Grafen von Plain beerbt wurden. Sie ließen St. Georgen von Burggrafen verwalten, die sich bald nach der Burg nannten. Allerdings ist ungewiss, ob sich deren Sitz an der Stelle des heutigen Schlosses befand. 1147 wird erstmals ein Rutpertus de sancto Georgio genannt. Er ist 1188 von einem Kreuzzug nicht mehr zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Kirche schon längere Zeit bestanden. 1215 übergab sie Graf Luitold von Plain dem Erzbischof von Salzburg. Dieser schenkte sie 1248 dem Bischof von Seckau als Ausgleich für Schäden, die jener während einer Fehde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erlitten hatte. Die Burg behielt er aber weiterhin. Nach dem Aussterben der Plainer Grafen fiel die Herrschaft an den damaligen Landesfürsten König Ottokar. Er ließ sie weiterhin von Burggrafen betreuen. 1340 verzichtete der Bischof von Seckau auf seine Herrschaft Wachsenegg, wofür er vom Landesfürsten St. Georgen erhielt. Beim Ungarneinfall von 1479 übergab der Bischof die Burg den Truppen des ungarischen Königs Mathias Corvinus. Hierauf wurde sie zwei Jahre später von Wenzel Wlk, einem Feldhauptmann Kaiser Friedrichs III, erobert und geplündert. Danach besetzten sie die Ungarn neuerlich. 1482 gab Kaiser Maximilian I das wieder gewonnene St. Georgen dem Bistum Seckau zurück, dessen Bischof mittlerweile seine politische Haltung gewechselt hatte.

1555 kaufte Andree von Glojach Burg und Herrschaft. Auf ihn und seine Nachfolger geht der Renaissanceumbau zurück. 1596 wird das Schloss als Kreidfeuerstation erwähnt. Die Glojacher waren eine streitbare Familie und legten sich immer wieder mit ihren Nachbarn und dem Seckauer Bischof an. Es gelang ihnen aber nicht, in den 200 Jahren ihrer Herrschaft erfolgreich zu wirtschaften, so dass sie immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. 1753 musste der sequestrierte Besitz an Joseph Dominikus Frei- und Panierherr von Egkh-Hungerspach verkauft werden. Er wohnte aber kaum hier und verpachtete das Gut. 1814 ging dieses an den Amtmann Franz Xaver Mihurko über. Auf ihn folgte Anton Graf Attems, dann Adelheid Gräfin Kottulinsky und 1859 Karl Freiherr von Binder-Krieglstein. 1876 wurde der südwestliche Schlossteil abgerissen. Zu den weiteren Besitzern zählten Graf Finck von Finckenburg (1917) und der Dichter Paul Ernst (1925), der auch 1933 hier starb. Letzterer vollendete auf Schloss St. Georgen sein großes Epos über die mittelalterlichen Kaiser „Das Kaiserbuch“. Da Ernst aus dem Harz stammte, wurde das Schloss als Deutsches Eigentum 1945 konfisziert, aber 1958 der Schwiegertochter des Dichters wieder rückgestellt. In der Folge wurden die wertvolle Bibliothek sowie die Inneneinrichtung versteigert. 1981 erwarb die Familie Reinisch das bereits stark vernachlässigte Schloss und ließ es in den folgenden Jahren renovieren. Es gehört ihr noch heute. Seit Jahren ist hier eine Schule zur Ausbildung von Heilmasseuren untergebracht. Das Gebäude wird gelegentlich für kulturelle Zwecke zur Verfügung gestellt.

Das Schloss liegt auf einer steil zum Leibnitzer Feld abfallenden Terrasse. Es bildet mit der im Süden anschließenden Kirche ein Ensemble. Der hölzerne Vorgängerbau des heutigen Schlosses lag etwas oberhalb desselben. Die sichtbaren Bauteile gehen bis in das 15. Jahrhundert zurück, doch wurde das meiste im 16. und 17. Jahrhundert gebaut. Bereits im 15. Jahrhundert übernahm der Kirchturm die Funktion des Bergfrieds, weshalb er auch besitzrechtlich zum Schloss und nicht zur Kirche gehörte. Die ältesten Mauern liegen im Westflügel. Seine Erdgeschoßarkaden sind vermauert. Dort finden sich zwei Wappensteine der Glojach. Der darüber liegende Arkadengang wurde erst unter Paul Ernst geschlossen. Der Dichter hatte hier seine Wohnräume. Einige darin befindliche Öfen gehen auf das 18. und 19. Jahrhundert zurück. Der West- und der Nordtrakt sind durch ca. 2 m vorspringende turmartige Eckrisalite mit Schießscharten verstärkt. 1755 wurde dem Nordtrakt ein dreiachsiger zweigeschossiger Mittelteil eingefügt. In ihm liegt das von Säulen eingefasste Hauptportal. Es trägt das Allianzwappen des Joseph Dominikus Freiherrn von Egkh-Hungerspach und seiner Gattin Maria Anna Freiin von Menghen sowie eine Inschrift. Im darüber liegenden Festsaal haben sich dekorative Wandfresken aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts erhalten. Der im 17. Jahrhundert errichtete Südflügel kam im 17. Jahrhundert nur als schmaler Arkadengang zur Ausführung. Erst später wurden in diesen Räume eingebaut. Die ursprünglichen Bögen sind in den Zimmern noch klar zu erkennen. Der Ostflügel ist kürzer, wodurch der Hof ein unregelmäßiges Viereck bildet. In seiner Nordwestecke ist ein Treppenhaus im Stil des Domenico dell’Allio vorgebaut. Es ist nur mehr teilweise erhalten. Im Hof steht auf einem Postament eine steinerne Marienfigur. Sie stammt aus dem Jahr 1762 und wird Veit Königer zugeschrieben. Bei den letzten Renovierungen wurden im sog. Jagdzimmer unter einer Putzschicht Fresken aufgedeckt. Sie beziehen sich auf einen Jagdbesuch des Kaisers Leopold I, der 1661 hier angeblich 100 Hirsche erlegt haben soll. Die beim Ungarneinfall 1481 zerstörte Burgkirche wurde bald wieder als mit einer hohen Ringmauer umgebene Wehrkirche aufgebaut. In der Barockzeit wurde sie dem neuen Geschmack angepasst, wobei die Wehrmauern zerstört wurden. Um 1950 riss man sie fast gänzlich ab und ersetzte sie durch einen Neubau. Möglicherweise stammt der Unterbau des Kirchturmes noch aus der Gotik. Nördlich vom Schloss liegt das Grabmal des Dichters Paul Ernst. Es ist von einer spätbarocken Nepomuk-Figur und zwei Engeln aus der Mitte des 18. Jahrhunderts umgeben.

Lage: Steiermark/Südsteiermark – ca. 10 km nördlich von Leibnitz

Besichtigung: auf Anfrage möglich

Homepage: www.stsnet.at/hs-stgeorgen/schloss/schloss.htm


Weitere Literatur:


12.04.2006