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Karlstein


Das Gebiet des nördlichen Waldviertels wurde ab dem Ende des 11. Jahrhunderts gerodet und besiedelt. „Chadelstein“ wird bereits 1112 erstmals urkundlich genannt. 1188 wird Hugo de Karelstete, ein Gefolgsmann der Grafen von Pernegg erwähnt. Karlstein war bis in das 16. Jahrhundert hinein landesfürstlich und an verschiedenen Adelsfamilien verliehen. Zu ihnen zählten die Truchseß und die Hauser. Ab 1576 befand sie sich im Besitz der Puchheimer. Vermutlich unter dieser Familie erfolgte der Ausbau zur Renaissanceburg. Die kürzlich an der Westfront freigelegte Jahreszahl 1595 deutet darauf hin. Die Puchheim gehörten zu den prominentesten protestantischen Adeligen des Waldviertels. Sie unterhielten auf Karlstein einen eigenen Prediger. Nach der Niederwerfung des Bauernaufstandes von 1597 wurde der Anführer der Rebellen, Andreas Schremser, in der Burg gefangen gehalten, bevor er in Waidhofen/Thaya gevierteilt wurde. Die Burg musste oft gegen Angriffe von Nachbarn aus dem Norden verteidigt werden. Sie konnte nie eingenommen werden. 1645 überstand Karlstein eine Belagerung durch die Schweden erfolgreich. 1660 wurde die Burg als Zufluchtsort für die Zivilbevölkerung bestimmt. 1880 wurde in ihr eine Uhrenfabrik eingerichtet. Karlstein blieb bis in die 20er-Jahre im Besitz der Familie Van der Straten. Im ersten Weltkrieg diente die Burg als Internierungslager. 1919/20 wurde der ungarische kommunistische Revolutionär Bela Kun hier festgehalten. Seine geplante Entführung scheiterte. Bis nach 1945 diente die Anlage als Jugendherberge. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde sie von der Familie Potz als Pensionsbetrieb geführt. Den heutigen Eigentümern, der Familie Daum, dient sie als Wohnsitz. Seit einigen Jahren wird die Anlage sukzessive restauriert.

Burg Karlstein liegt auf einer nach drei Seiten gegen die Thayaschleife steil abfallenden Felsnase. Das nördliche Spornende wird von der Hochburg eingenommen. Bergseitig ist ihr im Süden eine ausgedehnte Vorburg vorgelagert, die heute aber nicht mehr zur Burg gehört und bäuerlich genutzt wird. Außerdem war sie hier durch einen Graben und eine Mauer zusätzlich gesichert. Nahe der Einfahrt steht ein isolierter Torbau mit einem mächtigen Zwiebelhelm. Er hat einen rechteckigen Grundriss, verjüngt sich aber zu einem quadratischen Obergeschoß. Am Rundbogentor erkennt man noch die Ortsteinquaderung des 17. Jahrhunderts. Die Mauer, in die der Turm einst eingegliedert war, ist ebenso verschwunden, wie der ehemalige Graben. Die das Gelände ausnützende dreieckige Hochburg ist dreigeschossig. Trotz ihres wehrhaften mittelalterlichen Aussehens geht das sichtbare Mauerwerk nicht weiter als in das 14. Jahrhundert zurück. Der runde Bergfried liegt an der am meisten gefährdeten Südseite. Er schützte auch die danebenliegende Toranlage, die aus einem Fahrtor und einer Fußgängerpforte besteht. Der Turm ist aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk errichtet und zeigt schmale Schlitzfenster. Der wohl erst im 14. Jahrhundert erbaute Bergfried wird von einem ehemaligen Wehrgang abgeschlossen. Das Tor an der Südwestecke ist mit einem Wappen geschmückt. Es stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ihm vorgelagert ist eine Brücke mit dem Torturm.

Wie das Äußere hat auch der Innenhof eine unregelmäßige Dreieckform. Zwei spätgotische verstäbte Schulterbogenportale gehen auf das frühe 16. Jahrhundert zurück. Die Fenstergewände stammen großteils aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Zum Teil weisen sie noch verstäbte Laibungen auf. An den Wänden sind noch Reste von Sgraffitomalereien zu erkennen. In der Südwestecke ist über der Einfahrt ein auf Konsolen ruhender zweigeschossiger Flacherker aus dem 16. Jh. vorgebaut. In der Südostecke führt eine Freitreppe zu einem halbkreisförmigen Treppenturm, der eine Wendeltreppe beinhaltet. Der Brunnen mit seinem achteckigen Becken an der Nordspitze des Hofes wurde später durch eine tonnengewölbte Halle überbaut. Im Nordteil des Osttraktes liegt die der Hl. Dreifaltigkeit geweihte spätgotische Burgkapelle. Sie wurde offenbar in eine bereits bestehende Raumstruktur eingefügt. Das zarte zweijochige Sternrippengewölbe wird durch Wappenschlusssteine bereichert. Der Altar wurde um 1670 geschaffen. Das Stiegenhaus in der Mitte des Westtraktes ist mit einem stukkierten Renaissancegewölbe ausgestattet. Durch die Verwendung als Fabrik, Internierungslager, Jugendherberge und Pension hat sich von der Inneneinrichtung praktisch nichts erhalten. In zwei Räumen sind noch Holzbalkendecken aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vorhanden. Die Stuckdecke eines Erdgeschoßraumes stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Ansonsten sind von der Ausstattung der Renaissance- und Barockzeit nur mehr vereinzelt Stuck- und Malereireste zu sehen.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 14 km nordöstlich von Waidhofen/Thaya

Besichtigung: nur von außen möglich, in der Burg können jedoch Ferienwohnungen gemietet werden


Weitere Literatur:


29.03.2006