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Neudorf


Seinen Namen hat das Schloss vom Rittergeschlecht der Neudorfer, die hier vom 12. Jahrhundert bis 1349 einen befestigten Edelhof besaßen. 1147 wird ein Ritter Heinricus de Niwendorf urkundlich erwähnt. Er war ein Ministeriale Herrands von Wildon. Später traten die Neudorfer in die Dienste der Grafen von Plain und wurden dann von den Grafen von Pfannberg übernommen, die die Plainer beerbt hatten. Zu den von Graf Ulrich von Pfannberg 1302 an den Bischof von Seckau abgetretenen Gefolgsleuten zählten auch die Neudorfer. Folgerichtig erscheint Merchlin von Neudorf 1318 als Seckauer Lehensmann. 1349 verkauften die von hohen Schulden geplagten Neudorfer ihren Stammsitz, den sie seit 1172 als freies Eigen hielten, an den mit ihnen verwandten Otto von Gerbersdorf. Seine Tochter Anna brachte 1381 das Gut in ihre Ehe mit Mertlein Winter ein. Georg Winter verkaufte es 1457 an Andree Glojacher. Der bisher recht einfache Ansitz wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts zum prächtigen Renaissanceschloss ausgebaut, wodurch sich auch diese Familie in hohe Schulden stürzte. Als Andree d. J. und sein Bruder Hans Adam wegen ihres Festhaltens am protestantischen Glauben das Land verlassen mussten, verkauften sie die Herrschaft 1630 an Georg Sigmund von Paradeiser.

Da dieser den Kaufpreis von 23.000 Gulden nicht erlegen konnte, wurde das Geschäft storniert und Neudorf an Hans Georg von Palmburg verkauft. Auch hier erfolgte keine Bezahlung, so dass der inzwischen katholisch gewordene Sohn des Hans Adam von Glojach 1641 das Schloss wieder übernehmen konnte. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war dessen Bauzustand katastrophal. Die landwirtschaftlichen Flächen lagen brach und auch die Untertanen waren völlig verarmt. 1703 verkaufte Max Josef von Glojach die überschuldete Herrschaft an Ferdinand Leopold Graf Breuner. Die finanzielle Lage besserte sich auch unter den nächsten Eigentümern, Carl Ignaz Anton Graf Heinrichsperg (1710) und Georg Friedrich Graf Gleispach (1743) nicht. Erst als Georg Ehrnreich Graf Wurmbrand 1766 das Gut übernahm, verbesserte sich die Situation. Mit Franz Xaver Puttnik, der die Herrschaft 1794 erwarb, begann eine Reihe bürgerlicher bzw. bäuerlicher Eigentümer. Die Wohnräume wurden im 19. und 20. Jahrhundert mehrfach umgebaut und modern gestaltet. Im Zweiten Weltkrieg diente das Gebäude der Deutschen Arbeitsfront als Sitz. 1945 wurde es daher als Deutsches Eigentum konfisziert. Wie üblich richteten die russischen Besatzer große Schäden an. Aber auch die folgenden österreichischen Besitzer verhielten sich nicht wesentlich anders. Die verbliebene Einrichtung wurde verkauft und sogar den Heiligenfiguren in der Kapelle die Köpfe abgeschlagen. 1960 kaufte der Gründer der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt in Graz, Dr. Paul Struzl, das Schloss. Heute ist in ihm eine landwirtschaftliche Haushaltungsschule untergebracht.

Das stattliche Schloss liegt auf dem nach Südosten abfallenden Rücken des Aframberges. Es gehört zu den schönsten Renaissancebauten der Steiermark obwohl es außen sehr schlicht gehalten ist. Der einstige Wehrbau war im Nordosten durch einen Steilabfall gut gesichert. Bei den zwei kleinen Teichen im Südwesten könnte es sich um die Reste des einstigen Wassergrabens handeln. Von den einstigen Wehreinrichtungen haben sich noch Reste von Gräben und Wehrmauern erhalten. Drei Seiten des Dachgeschosses sind mit Schießluken versehen. Am wuchtigen Tor sind noch zwei große Prellsteine sowie die Kettenrollen einer ehemaligen Zugbrücke zu sehen. Oberhalb des Portales erkennt man das marmorne Allianzwappen des Andree Glojacher und der Elisabeth von Lamberg. Auch die starken vorspringenden Ecktürme des Westflügels erinnern daran, dass Schloss Neudorf einst eine wehrhafte Burg war. Das Schloss wurde aus einem einfachen Haus entwickelt, an das später zwei Flügeln angebaut wurden, wodurch eine hufeisenförmige Anlage entstanden war. Die offene Seite wurde im 17. Jahrhundert durch den Anbau einer Kapelle geschlossen. Durch diese verschiedenen Baumaßnahmen hat das Schloss ein malerisches unregelmäßiges Aussehen erhalten. Der West- und der Nordtrakt sind drei, der Ost- und der Südtrakt nur zweigeschossig. Der letztere wird von einem Laubengang und der Kapelle gebildet.

Der quadratische Hof weist an seiner Nord-, Ost- und Südseite zweigeschossige Renaissance-Säulenarkaden auf. Im Obergeschoß des Ost- und des Südtraktes gibt es doppelt so viele Bogen wie im Erdgeschoß. Letztere sind mit Kreuzgratgewölben versehen, die auf verzierten Konsolen ruhen. Im Schlosshof befindet sich ein 32 m tiefer Brunnen. Ein Treppenturm springt in der Südwestecke vor. Mehrere Fenster und Portale zeigen schöne Renaissance-Steinrahmungen. Im Ostteil der Nordmauer sind zwei gekuppelte Rundbogenfenster mit rechteckigen Einfassungen und toskanischen Halbsäulen vor den Mittelpfosten eingebaut. Das dritte Geschoß des Nordflügels weist an Stelle von Fenstern querovale Luken auf, die der Beleuchtung eines Barocksaales dienen, der im 18. Jahrhundert auf den Renaissancebau aufgesetzt wurde. Im Inneren haben sich lediglich im Ostflügel einige Stuckdecken aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts erhalten. Vom Obergeschoß des südlichen Laubenganges ist die zweigeschossige Kapelle der Hl. Maria zur unbefleckten Empfängnis durch ein Renaissanceportal zugänglich. Sie stammt aus der Zeit um 1550, erhielt aber 1640 ihre heutige Form. Damals wurde ihr der quadratische dreigeschossige Turm aufgesetzt und die Orgelempore eingebaut. Die spätbarocken Fresken an ihrer Decke und den Wänden sind durch ein Chronogramm mit 1768 datiert. Sie zeigen Szenen aus dem Leben der Heiligen Familie sowie Heilige und Allegorien. Im zentralen Deckenbild erkennt man die Maria Immaculata. Das Altarbild (um 1600) stellt Maria mit dem Kinde dar. Westlich vom Schloss liegt der dreiseitige ehemalige Meierhof, im Süden Teiche und Gärten.

Lage: Steiermark/Südsteiermark – ca. 5 km östlich von Wildon

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


25.03.2006