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Palais Auersperg


Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erstreckte sich an der Stelle des heutigen Palais der Rottenhof, ein landwirtschaftlich genutztes Areal. Als Besitzer wird 1491 Wolfgang Kheppler genannt. Bevor es den türkischen Truppen im September 1529 gelang, Wien einzuschließen, ließ der mit der Verteidigung der Stadt betraute Niklas Graf Salm die Vorstädte niederbrennen, um den Türken keine Versorgungsmöglichkeiten zu bieten. Damals wurde auch der Rottenhof vernichtet. Erst nach der zweiten Türkenbelagerung 1683 konnte endgültig an einen Wiederaufbau der verwüsteten Herrschaft gedacht werden. Sie war damals im Besitz des Hippolyt Marchese Malaspina, dessen Frau den Rottenhof in die Ehe mitgebracht hatte. Er verkaufte in den Jahren ab 1700 den größten Teil der Gründe an die Gemeinde Wien. Auf ihnen konnte sich später die Vorstadt bzw. der Bezirk Josefstadt entwickeln. 1708 kaufte Ferdinand Karl Reichsgraf von Weltz den eigentlichen Rottenhof. Innerhalb weniger Tage erwarb er auch die Nachbargrundstücke, was darauf hindeutet, dass er einen repräsentativen Bau plante. Welz hatte sich bereits 1683 bei der Verteidigung von Wien große Verdienste erworben und es sogar 1705 zum Statthalter von Niederösterreich gebracht. Wie weit er sein Vorhaben umsetzen konnte, ist nicht bekannt. Jedenfalls stand hier 1710 bereits ein größeres Gebäude. Seine Erben waren an den Gründen nicht interessiert und nutzten die seit der Vertreibung der Türken stark gestiegenen Grundstückspreise. Sie veräußerten den Besitz 1721 an den Marchese Girolamo Capece di Rofrano. Er war seit 1705 kaiserlicher Generalpostmeister in Italien. Außerdem war er seit 1713 Mitglied des Höchsten Spanischen Rates, dem die Verwaltung von Neapel, Mailand und Sardinien oblag. Obwohl bereits seine Vorgänger hier Wohnbauten errichtet und einen Barockgarten angelegt hatten, gilt er als Schöpfer des Gartenpalais.

Doch ist man nicht sicher, ob es sich um einen Neubau oder um einen größeren Umbau gehandelt hat. Bis vor wenigen Jahrzehnten nahm man an, dass der Entwurf des Palais von Johann Bernhard Fischer von Erlach oder Johann Lukas von Hildebrandt stammt, doch wird dies mittlerweile bezweifelt. Zahlreiche Änderungen und Ergänzungen wurden um 1721 vom Baumeister Johann Christian Neupauer ausgeführt. Damals wurde dem Gebäude der dreiseitige Mittelrisalit vorgesetzt. Nach dem Tode des Bauherrn erbte sein minderjähriger Sohn Peter das Palais, doch starb dieser bereits mit 19 Jahren. Er war für Hugo von Hofmannsthal Vorbild für die Figur des Octavian im „Rosenkavalier“. Nach seinem Tod erbte seine Schwester Maria Theresia das Palais. Sie war in erster Ehe mit dem Grafen Leopold Ferdinand Kinsky und in zweiter mit dem Generalfeldmarschall Graf Ludwig Brechainville verheiratet. 1760 wurde der Bau an Feldmarschall Friedrich Wilhelm Prinz von Sachsen-Hildburghausen vermietet. Als Oberbefehlshaber der Reichsarmee verlor er zwar alle seine Schlachten und wurde bald seines Kommandos enthoben, doch erlebte das Palais unter ihm eine Blütezeit, da er zahlreiche Feste und musikalische Abende veranstaltete. Letztere wurden häufig vom Hofkapellmeister Christoph Willibald Gluck gestaltet. Der musikbegeisterte Prinz unterhielt sogar ein eigenes Orchester. Es wurde vom kaiserlichen Hofkomponisten Giuseppe Bonno geleitet, der hier 1459 sein Isaak-Oratorium erstmals aufführte. Der Feldmarschall förderte auch den jungen Geigenvirtuosen und Komponisten Karl Ditters von Dittersdorf, der ebenso wie die ehemalige, wegen ihrer Tugendhaftigkeit und ihrem Können gefeierte Sängerin Vittoria Tesi-Tramontini, im Palais wohnen durfte.

1777 erwarb Johann Adam Fürst Auersperg, damals Oberstkämmerer und Erblandmarschall von Tirol, das Palais. Er war erst kurz zuvor von Kaiser Franz Stephan in den erblichen Fürstenstand erhoben worden. Auch er war ein Förderer der Musik. So fand die Wiener Erstaufführung von Mozarts Idomeneo unter der Leitung des Komponisten 1786 im Palais statt. Auch Joseph Haydns „Sieben Worte des Erlösers am Kreuze“ dürften 1787 hier uraufgeführt worden sein. Fürst Johann Adam verstarb kinderlos. Das Palais gelangte 1795 im Erbweg an seinen Neffen Carl, den er zuvor adoptiert hatte. Fürst Carl machte eine militärische Karriere und brachte es zum Feldmarschallleutnant, kämpfte aber mit wenig Glück gegen Napoleon. Die Auersperg restaurierten das Gebäude und legten großen Wert auf die Neuausstattung des Inneren im Stil des Klassizismus. So schuf Josef Karl Henrici die Stukkaturen und Niccolo Rossi das leider nicht mehr erhaltene Deckengemälde im Festsaal. Während des Wiener Kongresses fanden im Palais zahlreiche Feste und Empfänge statt. Da auch Carls Ehe kinderlos blieb, adoptierte er seinen Neffen Prinz Vinzenz Auersperg. Allerdings starb dieser bald, so dass 1812 dessen neugeborener Sohn Vinzenz Carl adoptiert und 1817 zum Universalerben eingesetzt wurde. Ab 1827 lebte der aus Schweden vertriebene Kronprinz Gustav mit seinen Schwestern im Wiener Exil. Er bewohnte als „Prinz von Wasa“ zuerst das Palais Auersperg und übersiedelte dann 1837 in das Palais Modena in der Herrengasse. 1853 ließ Fürst Vinzenz Carl, der mittlerweile das Amt eines Oberstkämmerers am Kaiserhof innehatte, das Palais umfassend renovieren. Nachdem auch die Repräsentationsräume neu ausgestattet worden waren, wurden diese 1856 mit einem Frühlingsball eröffnet, an dem auch Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth teilnahmen.

Franz Joseph Emanuel Fürst Auersperg, der nächste Besitzer des Palais, lebte im Sommer meist auf seinen böhmischen Besitzungen Slatina und Zleb und verbrachte nur den Rest des Jahres in seinem Wiener Stadtpalais. Ab 1880 wurde die Fassade durch den Architekten Carl Gangolph Kayer neu gestaltet. Durch eine Anhebung des Straßenniveaus und der späteren Fassadenverlängerung kam es aber zu einer optischen Beeinträchtigung des Äußeren. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die ertragsstarken Güter von der neu gegründeten Tschechoslowakei enteignet. Auch die Inflation hatte sich negativ auf das Familienvermögen ausgewirkt. Um dem gegenzusteuern mussten 1923 die Repräsentationsräume vermietet werden Neben der Gesellschaft zum Schutz historischer Bauten zog auch eine Filmgesellschaft ein. 1942 erbte die Schwester des Fürsten Ferdinand, Christine Fürstin Croy-Dülmen, das Palais. Sie bewohnte mit ihrer Familie die oberen Räume des Hauses, wo sie auch österreichischen Widerstandskämpfern ein Versteck bot. 1944 wurde hier das „Provisorische Österreichische Nationalkomitee“ gegründet, dessen Zeichen O5 bald zum Symbol des österreichischen Widerstandes wurde. In den ersten Friedenstagen fanden im Palais Auersperg Besprechungen statt, bei denen sich die österreichischen Politiker auf eine neue Zivilverwaltung einigen konnten. Das Palais wurde aber bald von den Besatzungsmächten beschlagnahmt und von der Interallierten Militärpolizei als Hauptquartier benutzt. 1948 begann man mit dem zögernden Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten Gebäudes. Konsul Alfred Weiss, der Besitzer der Kaffeefirma Arabia, erwarb das nach wie vor stark vernachlässigte Palais 1953 und ließ es durch den Wiener Architekten Oswald Haerdtl wiederherstellen. Danach wurde es vom neuen Besitzer als eines der elegantesten Restaurants von Wien sowie als Veranstaltungsort genützt. 1987 verkauften die Erben des Konsuls das Palais Auersperg an die Immobilienfirma General Partners AG. Nach deren Konkurs wurde es von zwei Privatpersonen erworben und weiterverpachtet. Die schönen Repräsentationsräume dienen wieder als beliebtes Ambiente für Konzerte, Kongresse und Bälle.

Das Palais Auersperg ist ein dreigeschossiger Bau mit 20 Fensterachsen an der, ursprünglich dem Glacis zugewandten, Straßenfront. Davor befand sich ein Vorplatz, der durch ein von 23 Säulen unterbrochenes eisernes Gitter begrenzt wurde. Der korinthische Säulenvorbau des stark vorspringenden Mittelrisalits wurde erst 1885 nach einem Entwurf von Carl Gangolph Kayser errichtet. Er trägt heute wesentlich zur Wirkung der Hauptfassade bei. Die beiden Seitenflügel wurden damals reicher profiliert. Der neobarocke kuppelförmige Dachaufbau über dem Eckgebäude Lerchenfelderstraße/Auerspergstraße stammt ebenfalls aus dieser Zeit und vom gleichen Architekten. Er wurde mit einem Türmchen versehen, das an seiner Spitze den Fürstenhut der Auersperg trägt. Die Innenausstattung des Palais wurde mehrfach dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst, doch haben sich intarsierte Fußböden sowie einige Gobelins und Gemälde erhalten. Das Mobiliar wurde schon im 19. Jahrhundert in allen Räumen laufend erneuert, so dass man von keiner Originaleinrichtung sprechen kann. Die ehemalige Wagendurchfahrt wurde nach 1945 zu einer ovalen Halle umgestaltet. In Nischen stehen acht antikisierende Imperatorenbüsten. Von hier führt eine Treppe, die mit zwei barocken Wandbrunnen und vier Atlanten sowie mit zwei Nischenfiguren von Anton Fernkorn dekoriert ist, zu den Repräsentationsräumen im ersten Stock. An den Fensterbänken stehen Büsten österreichischer Herrscher. Sie sind mit 1853 bzw. 1854 datiert und mit Franz Högler bezeichnet. Die große Doppeltreppe zählt zu den schönsten Stiegenhäusern Wiens. Der ovale Festsaal wird heute als Rosenkavalier-Saal bezeichnet. Seine derzeitige Ausstattung erhielt er unter Fürst Johann Adam Auersperg. Seine kannelierten Doppelpilaster sind durch einen klassizistischen Fries verbunden. Henrici schmückte ihn mit antiken Kampf- und Fechtszenen. Der Saal wird vor allem für Konzerte und Ballveranstaltungen genutzt.

Im Idomeneo-Saal hängt die Tapisserie „Toilette der Venus“ (ca. 1730). Die Wände des Kaiser-Saales sind mit ockerfarbenem Marmor ausgekleidet. Er ist mit Gemälden und einer Brüsseler Tapisserie (Auszug der Juden aus dem gelobten Land) aus dem 16. Jh. geschmückt. Zu den schönsten Innenräumen gehört der Maria-Theresien-Saal. Auf seinen Seidentapeten ist die griechisch-römische Götterwelt dargestellt. Die bereits stark beschädigten Tapeten wurden 1999 teilrestauriert. In den Ecken stehen zwei weiß-goldene Empireöfen mit aufgesetzen Vasen. Auch sie zeigen Szenen aus dem Olymp. Einer der beiden Öfen ist jedoch eine Attrappe und dient nur der Symmetrie. Der Blaue Salon wurde vermutlich um 1802 neu gestaltet. Er wird heute Kronprinz-Rudolf-Saal genannt. Seine Luster und Empireöfen sind noch original. Die Wandbespannungen mussten erneuert werden. Der Rote Salon – heute als Musiksalon bezeichnet – wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verändert. Damals erhielt er seine Stuckdecke und das Deckengemälde. Die Bibliothek ist ein länglicher Raum, der seine Ausstattung um 1856 erhielt. Die neobarocken Bücherkästen reichen bis an die Decke. Diese weist zarte Stuckornamente auf. Die einst hier aufbewahrten, in Leder gebundenen Kartenwerke dürften aus dem Besitz des Generals Carl Fürst Auersperg stammen. Zwischen Bibliothek und Kronprinz Rudolf Saal befindet sich die kleine Loggia. Der um 1850 angelegte Wintergarten mit seinem Glas/Eisen-Dach wurde um 1955 durch Oskar Wladar neu gestaltet und wieder mit exotischen Gewächsen ausgestattet.

Hinter dem Palais befindet sich ein Garten mit altem Baumbestand. Der einstige Barockgarten war wesentlich größer als heute und besaß Parkbauten, wie den „Tempel der Flora“, eine Grotte mit dem „römischen Grab“ und eine Orangerie. Vom Tempel hat sich nur mehr die Statue der Göttin Flora erhalten. Sie steht in einer Mauernische im Park. Auch ein Brunnenfragment mit einem Neptun-Kopf aus der ersten Hälfte des 18. Jh. hat überlebt. Im 19. Jh. wurde der Barockgarten in einen englischen Landschaftsgarten umgestaltet. Konsul Alfred Weiss beauftragte nach 1953 den Gartenarchitekten Viktor Mödlhammer mit der Neuanlage des in der Nachkriegszeit herabgekommenen Parks. Auf der Parzelle Lerchenfelder Straße 6 stand bis 1781 das Bauernfeind’sche Theater. Es wurde 1802 von Carl Fürst Auersperg erworben und 1821 von der Vormundschaft des minderjährigen Prinzen Vinzenz Karl in einen palaisartigen Wohnbau umgewandelt. In seinem Dreiecksgiebel wurde das Auersperg-Wappen angebracht. Architekt war Pius de Riegel. Vinzenz Fürst Auersperg ließ 1864 auf seinem Gartengrundstück, das an die Lerchenfelderstraße grenzte, ein Ballhaus errichten. Seine Witwe Wilhelmine veranlasste die Umwandlung desselben in einen Bürobau, der an das k. k. Geometrische Institut vermietet wurde. Ihr Sohn Franz Josef Fürst Auersperg ließ einige Jahre später das Ballhaus wiederherstellen. Es wurde im Zweiten Weltkrieg ein Opfer von Fliegerbomben und musste abgetragen werden. Entlang der Mauer zur Trautsongasse erstreckt sich eine vom Ende des 18. Jahrhunderts stammende, aber später veränderte Orangerie. Ihr Eingangspavillon ist mit einem Ziergiebel ausgestattet.

Ort/Adresse: 1080 Wien, Auerspergstraße 1

Besichtigung: teilweise möglich

Homepage: www.auersperg.com


Weitere Literatur:


30.01.2006