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Großrußbach


Die dem Hl. Valentin geweihte Pfarrkirche von Großrußbach geht auf eine Gründung des Bistums Passau im 11. Jahrhundert zurück. 1135 wird Rußbach unter den 13 Eigenpfarren der Babenberger genannt. Bald danach entstand neben der Kirche eine kleine Burg, die von Ministerialen der Babenberger verwaltet wurde. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts sind Herbord und seine Frau Hildegard urkundlich nachweisbar. Die Herren von Rußbach saßen hier bis gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts. Der zu einem Wirtschaftshof herabgekommene Wehrbau wurde danach der Kirche überlassen. Pfarrer Konrad war schon um 1230 als Notar des Herzogs Leopold VI ein einflussreicher und kulturell interessierter Mann. Er dürfte im Auftrag des Passauer Bischofs Wolfger die deutsche Fassung des Nibelungenliedes niedergeschrieben haben. Im 16. Jahrhundert wurden aus Angst vor den vorrückenden Türken die Befestigungen der Burgkirchenanlage ausgebaut. Als die Türkengefahr vorbei war, ließ Pfarrer Franz Anton Mayrn um 1739 an Stelle einiger baufälliger Gebäude einen Barockbau – das heutige Schloss – als Westtrakt des Pfarrhofes errichten. Kaiserin Maria Theresia übergab 1755 die Pfarrherrschaft dem von ihr gegründeten Collegium Theresianum. Nach der Auflösung des Jesuitenordens gelangte Großrußbach zuerst an den Studienfonds und 1812 dann wieder an die Theresianische Ritterakademie. Zu den Gästen zählten im 19. Jahrhundert Joseph Freiherr von Eichendorff und Franz Grillparzer. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erwarb Lothar Pfisterer Freiherr von Auhof das Gut. Es diente ihm nach einer umfangreichen Restaurierung vorwiegend als Sommersitz. Da der Baron kinderlos war, vererbte er das Schloss 1948 der Erzdiözese Wien. Diese schuf für den Pfarrer neue Räume und richtete es als Bildungsheim ein.

Das Schloss bildet mit der benachbarten Pfarrkirche ein Ensemble und dominiert architektonisch den Ort. Zur Straße hin wird das Areal von einem prunkvollen Gartenportal begrenzt. Es ist von doppelten Pilastern gerahmt und mit paarweise angeordneten Vasen gekrönt. Die reich verzierten Schmiedeeisengitter der Durchfahrt und der beiden Fußgängerpforten stammen noch aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts. Das Schloss ist eine Vierflügelanlage, die erst 1981 durch Zubauten geschlossen wurde. Ältester Teil ist der Osttrakt, der wohl im späten 15. Jahrhundert erbaut worden ist. 1979 wurden zwei schmale Schlitzfenster freigelegt, die auf das 13./14. Jh. zurückgehen. Die nach Westen gerichtete elfachsige Schauseite zeigt eine reich gegliederte Barockfassade. Das Erdgeschoß ist gebändert. Im nur leicht vorspringenden dreiachsigen Mittelrisalit liegt das rundbogige Eingangstor. Es wird von zwei Pilastern flankiert. Über dem geraden Türsturz betonen zwei Steinvasen den repräsentativen Charakter des Baues. Dazwischen ist eine Bauinschrift mit dem Wappen des Pfarrers Franz Anton Mayrn angebracht. Im Obergeschoß fallen vor allem die geschwungenen Fensterverdachungen mit den darunter hervorlugenden Puttenköpfen auf. Der Dreieckgiebel über dem Mittelrisalit ist mit dem Pfisterer-Wappen geschmückt. Vor dem Stiegenaufgang zum Eingang stehen im Garten zwei Steinputten als Laternenträger. Im Inneren sind drei Räume des Osttraktes mit schönem Bandlwerkstuck aus der Zeit um 1730 ausgestattet. Interessant ist auch die reich mit spätbarockem Stuck geschmückte ehemalige Barbarakapelle des Pfarrhofes, die nun wieder als Hauskapelle dient, nachdem sie lange Zeit als Speisesaal verwendet wurde. Dem Schloss gegenüber wurden zu Beginn der 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts die ehemaligen Stallungen in einen modernen Gästetrakt für die Besucher des Bildungsheimes umgewandelt.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 16 km nordöstlich von Korneuburg

Ort/Adresse: 2114 Großrußbach, Schlossbergstraße 8

Besichtigung: auf Anfrage möglich

Homepage: www.bildungshaus.cc


Weitere Literatur:


15.01.2006