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Neuaigen


Die Herrschaft Neuaigen wird als „neven Aygen“ 1277 erstmals urkundlich genannt. Sie dürfte damals ein Passauer Lehen gewesen sein. Ob damals bereits ein Wehrbau oder ein Gutshof existierte, ist unbekannt. Jedenfalls befand sich an der Stelle des jetzigen Schlosses im 16. Jahrhundert ein Vorgängerbau, der vermutlich durch Laurenz Freiherr von Hofkirchen errichtet wurde, der 1494 von Kaiser Maximilian I mit der Herrschaft belehnt worden war. Allerdings ist die Besitzgeschichte von Neuaigen bis in das 16. Jahrhundert hinein noch nicht völlig geklärt. In dieser Zeit dürften auch die Puchheimer zu den Schlossherren gezählt haben. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde der Altbau unter Georg Andre Freiherr von Hofkirchen durch einen frühbarocken Neubau ersetzt. Das alte Schloss war im Dreißigjährigen Krieg verwüstet worden. Als militante Protestanten und Rebellen verloren die Hofkirchen 1620 ihre Besitzungen. Kaiser Ferdinand II belehnte mit Neuaigen zuerst den Grafen Karl von Harrach und dann Katharina von Herberstein. 1635 wird Johann Joachim Ehrenreuter als neuer Besitzer erwähnt. Aber noch im gleichen Jahr übernahm Johann Peter Freiherr von Verdenberg die Herrschaft. Obwohl das Schloss nur schwach befestigt war, wird es 1663 anlässlich der Türkengefahr als Zufluchtsort für die Bevölkerung erwähnt. 1685 gelangte Neuaigen an Johann Ferdinand Graf Enckevoirt und 1746 durch Heirat an die Grafen Breuner-Enckevoirt. Da August Johann Graf Breuner-Enckevoirt keine Söhne hatte, erbte dessen Tochter Maria 1894 die Besitzungen ihres Vaters. Sie heiratete den Herzog Viktor II von Ratibor und Corvey, der in Schlesien und in Deutschland reich begütert war. Das Schloss wurde 1945 von russischen Soldaten besetzt und erst 1955 den rechtmäßigen Eigentümern in einem sehr desolaten Zustand zurückgegeben. Das Rokoko-Mobiliar war geplündert und verschleppet worden. Franz Albrecht Prinz von Ratibor und Corvey wurde von seiner Großtante Clementine Prinzessin von Metternich-Sandor adoptiert. Er ließ das Gebäude um 1970 gründlich erneuern und wieder mit entsprechenden Möbeln ausstatten. Es wird auch heute noch von seiner Familie bewohnt.

Das frühbarocke Schloss ist ein zweigeschossiger breit gelagerter Baukörper knapp außerhalb der kleinen Ortschaft Neuaigen. Seine Schauseite ist die Südfront, aus deren Mitte ein mächtiger viereckiger Torturm leicht vorspringt. Seine Kanten sind mit einer Eckquaderung versehen und sein oberstes Geschoß ist mit einem gebrochenen Pyramidendach bedeckt. Auch das rundbogige Einfahrtstor ist von kräftigen Rustikaquadern umgeben. An den Torturm schließen zwei fünfachsige Trakte an. Sie stoßen an die verlängerten Seitenflügel, deren zweiachsige Giebelwände wie stark vorspringende Seitenrisalite wirken. Auch ihre Kanten weisen eine Ortsteinrahmung auf. Ihre Dächer sind höher als das der Hauptfront. Die stark gegliederten Giebelwände stammen aus der Spätrenaissance. In muschelbekrönten Nischen stehen vier Figuren (links die Hl. Maria mit dem Jesuskind und der Hl. Josef sowie rechts der Hl. Joachim und die Hl. Anna Selbtritt) aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts. Die hohen zweistufigen Volutengiebel weisen eine rasterartige Gesims- und Pilastergliederung auf und sind mit kleinen Obelisken geschmückt. Sämtliche Fenster und Portale sind von Steingewänden umgeben. Die vier Flügel des Schlosses umschließen einen weiträumigen Wirtschaftshof. An seiner Südfront erstrecken sich beiderseits des Torturmes korbbogige Pfeilerarkaden aus dem 18. Jahrhundert. Darüber liegt ein Umgang, der sowohl im Osten als auch im Westen von Freitreppen erschlossen wird. Die kreuzgratgewölbte Einfahrtshalle stammt noch aus der Bauzeit. In der Nordostecke des Hofes führt eine zweischiffige Durchfahrtshalle in den Park und in den Wirtschaftsbereich. Ihr Kreuzgratgewölbe ruht auf toskanischen Säulen. Im Osttrakt sind noch Reste schöner Stuckdecken und Wandmalereien erhalten. Vor der Südfassade stehen straßenseitig vier Sandsteinbüsten (Mitte des 18. Jh.), die sich früher im Schloss Harmannsdorf befanden. Weitere Steinskulpturen, die Allegorien und Götter darstellen, findet man im gepflegten Garten westlich des Schlosses. Vom Haupteingang führt eine Waldschneise bis zur Donau.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 5 km nordwestlich von Tulln

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


09.01.2006