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Bisamberg


Die Herren von Bisamberg waren ursprünglich ein hochfreies Geschlecht, sanken aber später in die Ministerialität ab. Ihre Burg befand sich nicht an der Stelle des heutigen Schlosses, sondern in der Nähe der Pfarrkirche. Wichtigster Vertreter dieser Familie war Prun de Pusinberge, der 1108 für den Augsburger Bischof als Zeuge auftrat. Er machte bedeutende Schenkungen zu Gunsten des Klosters Formbach und des Stiftes Klosterneuburg. Nach dem um 1300 erfolgten Aussterben der Bisamberger übernahmen die Wehinger von Michelstetten die Herrschaft. Es folgten ab 1381 die Puchheimer. Ab 1402 gehörte Bisamberg den Herren von Rohr und um 1500 den Freiherren von Ludmannsdorf. Von 1568 bis 1643 war die Herrschaft im Besitz der Herren von Weber. Wann die alte Burg verlassen und der zum Wasserschloss umgebaute Herrschaftshof bezogen wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls baute der damalige Hofvizekanzler Johann Baptist Weber und sein gleichnamiger Sohn den alten Freihof völlig im Renaissancestil um und aus. Eine gusseiserne Inschrifttafel über dem Hauptportal weist darauf hin. Die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den Reichsfreiherrenstand erhobene Familie Weber starb 1643 im Mannesstamm aus. 1661 vernichtete ein Brand große Bereiche des Schlosses. Die Weber’sche Erbtochter Katharina Ursula heiratete 1666 Ernst Julius Graf Abensperg-Traun. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu größeren Veränderungen, wobei klassizistische Akzente gesetzt wurden. 1945 wurde das Gebäude vollständig ausgeplündert. Fußböden, Fenster und Türstöcke wurden verheizt und das Dach zerstört. Bisamberg blieb bis 1961 bei der Familie Abensperg-Traun und wurde dann an Dipl. Ing. Gottfried Petricek verkauft. Der neue Eigentümer ließ es umgehend sanieren. Das Hauptschloss wird auch heute noch von seiner Familie bewohnt. Der Schüttkasten dient der Gemeinde als Veranstaltungszentrum und in einem Teil der Wirtschaftsgebäude ist ein Restaurant untergebracht.

Schloss Bisamberg liegt am westlichen Abhang des Bisamberges inmitten des gleichnamigen Ortes. Die großzügige Anlage besteht aus dem regelmäßig rechteckigen Hauptbau und den zur Durchfahrtsstraße hin vorgelagerten umfangreichen Nebengebäuden. Diese Bauten umschließen einen geräumigen Ehrenhof. Die Ecken der Wirtschaftsbauten sind an der Westseite als Türme ausgebildet, die an der Stelle einstiger Bastionen stehen. Sie erhielten ihre heutige Form im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Damals wurde auch der anschließende zweigeschossige Schüttkasten umgebaut. Das dreigeschossige Hauptgebäude liegt hinter Bäumen versteckt und macht einen leicht verwunschenen Eindruck. Über dem Mittelportal der neunachsigen Hauptfront befand sich einst ein mächtiger Torturm, der von einem Zwiebelhelm gekrönt war. Er wurde jedoch später abgetragen. Die Portalzone wird heute durch einen klassizistischen Altan betont, der auf toskanischen Doppelsäulen ruht. Seine Terrasse ist von einem ebenfalls klassizistischen Schmiedeeisengitter begrenzt. Die Fassaden sind durch eine frühbarocke Plattengliederung rasterartig unterteilt. Sie werden unter dem Dach von einem konsolengetragenen Fries abgeschlossen. An den Gebäudeecken sind dem obersten Geschoß gedrungene Ecktürmchen aufgesetzt. Sie stammen noch aus der Erbauungszeit des Schlosses. Nach dem Brand von 1661 trugen sie Zwiebelhelme, doch wurden diese mittlerweile durch geschweifte Zeltdächer ersetzt. Das Gebäude ist mit einem stattlichen Ziegelwalmdach gedeckt, über das hohe Schornsteine emporragen. Im Inneren ist vor allem die große Halle bemerkenswert, die die gesamte Tiefe des Erdgeschosses einnimmt. Sie war früher mit Statuen geschmückt, doch sind von diesen nur mehr die Sockeln vorhanden.

Im zweiarmigen Treppenhaus wurden spätbarocke Dekorationsmalereien aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts frei gelegt. Auch in den beiden Obergeschoßen gibt es durchgehende Mittelflurhallen. Die Schlosskapelle, deren fünfseitige Apsis die Nordfassade zweigeschossig durchbricht, liegt im ersten Stock. Der Zugang zu ihr erfolgt von der Halle des ersten Stocks aus. Ihr rundbogiges Portal wird von ionischen Säulen flankiert. Die Kapellentür ist mit Beschlägen reich verziert. Die Kapelle weist schwere Stuckverzierungen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf. In einem ihrer Seitenräume haben sich einige Freskenreste erhalten. Sie stellen die Enthauptung der Hl. Katharina dar und sind vermutlich Ende des 16. oder zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden. Der durchgehende ehemalige Festsaal liegt parallell zum Mittelflur im ersten Obergeschoß. Er war mit wertvollen Landschaftstapeten ausgestattet, doch wurden diese in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges vernichtet. Der qualitätvolle Stuck stammt aus den Werkstätten des Johann Castello und des Donato Rueber. Er wurde kurz nach der Übernahme des Schlosses durch die Familie Traun 1666 von dieser in Auftrag gegeben. In anderen Räumen finden sich Stuckrahmen mit Malereien (Zähmung des Einhorns, Ganymed und spielende Putten) sowie Stuckdecken aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts. Im Nordwesten schloss an das Hauptgebäude ein Barockgarten an. Seine Grottenanlage sowie die aufgestellten Plastiken sind nicht mehr vorhanden. Der später angelegte Park wurde durch Neubauten teilweise zerstört. Im Südosten des Schlosses ist noch ein Rest des 1821 zugeschütteten Wassergrabens erkennbar.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 3 km südöstlich von Korneuburg

Ort/Adresse: 2102 Bisamberg

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


01.01.2006