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Palais Questenberg


Im 17. Jh. befanden sich an der Stelle des heutigen Palais zwei Bürgerhäuser und ein kleines Gäßchen. Das größere Haus (Johannesgasse 5) wurde bereits 1628 von Freiherrn Gerhard von Questenberg, dem langjährigen Präsidenten des Hofkriegsrates, erworben, der es Michael Zeller abkaufte. Es war ein Freihaus, hinter dem sich ein Garten befand. Das kleinere Haus (Johannesgasse 5a) kam spätestens 1683 in Questenbergschen Besitz. Beide Häuser wurden von der Familie kaum bewohnt und waren vermietet. Nachdem Johann Adam Graf Questenberg 1699 von seiner dreijährigen Kavalierstour durch Europa nach Wien zurückgekahrt war, kündigte er die bestehenden Mietverträge und ließ beide Häuser niederreissen und an ihrer Stelle ein neues Palais erbauen. Da er das schmale Badgaßl, das zwischen den Häusern lag, verbauen wollte, kam es zu einem jahrelangen Streit mit dem Wiener Magistrat. Letztenendes musste sich Questenberg verpflichten, die Durchfahrt durch sein Palais zu garantieren. Der Architekt ist urkundlich nicht erwiesen, doch wird gelegentlich Johann Lukas von Hildebrandt vermutet, was von anderen Historikern aber wieder bestritten wird. Jedenfalls war Christian Alexander Oedtl an den Planungen beteiligt. 1718 bis 1724 erfolgte eine Erweiterung des Gebäudes. Danach diente das Palais in erster Linie als Luxusmietshaus für Adelige. Der Hausherr benutzte nur einzelne Räume. Von 1725 bis 1728 wohnte hier der französische Sonderbotschafter Louis Francois Herzog von Richelieu, der einen äußerst aufwendigen Lebensstil pflegte. So ließ er zu seinem feierlichen Einzug die Pferde seines Gefolges mit Silber und die seinigen mit Gold beschlagen. Als der Bauherr 1752 starb, war Dominik Fürst Kaunitz der Erbe seiner Güter. 1810 kaufte der Staat das Gebäude für die Allgemeine Hofkammer an. Später war hier die Verwaltung von Bosnien und der Herzegowina untergebracht. 1945 brannten zwei Stockwerke des westlichen Seitenflügels aus. Dabei wurde auch der prächtige Spiegelsaal vernichtet. Heute sind im Palais Questenberg einige Abteilungen des Finanzministeriums eingerichtet.

Der Bau ist ein typisches Werk der Wiener Barockarchitektur. Er setzt sich aus gleichhohen Trakten zusammen, die sich um zwei Höfe gruppieren. Über dem gebänderten Rustika-Sockelgeschoß erheben sich zwei Obergeschosse. Die etwas monoton wirkende Fassade weist 16 Fensterachsen auf. Sie ist durch zwei, kaum vorspringende, dreiachsige Risalite mit relativ einfachen Portalen gegliedert, während die übrige Fassade keine vertikale Gliederung hat. Nur diese Risalite weisen eine große Pilasterordnung auf. Über den Portalen ragen Balkone mit durchbrochenen Steinbalustraden vor. Sie werden von schräg gestellten Pfeilern getragen. Die Fenster weisen reich dekorierte Verdachungen auf. Einem Stich von Salomon Kleiner aus dem Jahre 1725 nach, war die Dachzone einst wesentlich aufwändiger gestaltet. Auch die großen Wappenkartuschen oberhalb der Balkontüren sind längst verschwunden. Das Palais ist mit dem Finanzministerium in der Himmelpfortgasse (Winterpalais des Prinzen Eugen) durch einen Hof verbunden. Die dortigen, auf Konsolen liegenden, verglasten Verbindungstrakte wurden erst im 20. Jh. angebaut. Das Innere hat seine elegante Ausstattung zum Teil bewahrt. Das dreischiffige Vestibül öffnet sich in drei großen Bogen gegen den quadratischen Innenhof. Es wird von sechs toskanischen Säulen gestützt. In ovalen Wandnischen stehen Büsten römischer Kaiser. Das Treppenhaus zeichnet sich vor allem durch die Stuckarbeiten von Santino Bussi und die durchbrochenen Steinbalustraden aus. Außer Santino Bussi waren auch Gierolamo Alfieri und Paul Stelzer als Stukkateure im Palais tätig. Marcantonio Chiarini schuf das Deckengemälde im ehemaligen Bibliothekssaal. Die dort befindlichen Scheinarchitekturen sind ein Werk Gaetano Fantis. Fanti und Antonio Galli-Bibiena schmückten auch den Spiegelsaal mit Fresken aus, doch wurden diese 1945 zerstört.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Johannesgasse 5

Besichtigung: Das Gebäude ist Teil des Finanzministeriums und kann nicht besichtigt werden.


Weitere Literatur:


28.08.2002