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Dürnstein (Wachau) - Burgruine


Unter den ursprünglich Hochfreien, die aus dem bayerisch-sächsischen Raum zuwanderten, kamen im 11. Jahrhundert auch die Kuenringer nach Österreich. Sie erhielten um Eggenburg und Gobelsburg große Gebiete als Reichslehen. Im Dienste der österreichischen Landesfürsten bekamen sie zusätzlich weite Teile des Waldviertels, besonders im Raum um Zwettl und Weitra. Sie bekleideten die Ämter des Schenken und des Landmarschalls. In seiner Eigenschaft als Vogt des Klosters Tegernsee über die stiftlichen Besitzungen in der Wachau erwarb Azzo von Kuenring um 1050 das Gebiet zwischen Watstein und Holinstein, also jene Gegend, in der Dürnstein liegt. Hier an der Donau befand sich eine Straßensperre und Mautstelle Sein Enkel Hadmar I befestigte um 1130 erstmals den Felsen darüber und wurde so zum Begründer der Burg Dürnstein. Sie bestand damals lediglich aus dem Bergfried sowie einem kleinen Palas, war aber bereits von einer starken Burgmauer umgeben. Albero III und Hadmar II errichteten zur Verstärkung dieser Anlage um 1180 die sog. Oberburg auf dem obersten Felsen. An ihrer Stelle befand sich vermutlich bereits zu Beginn des 11. Jahrhunderts die weitgehend aus Holz errichtete Vogtburg des Klosters Tegernsee. Sie wurde auch als Tabor bezeichnet. 1192/93 wurde Dürnstein erstmals urkundlich erwähnt. Es war zu dieser Zeit eine der modernsten und stärksten Festen an der Donau und gehörte den Kuenringern als freies Eigen. Dürnstein war einer der Hauptsitze der Familie und Wohnsitz der Linie Kuenring-Dürnstein.

Von Jänner bis Mitte März 1193 wurde hier der englische König Richard Löwenherz im Auftrag des Babenberger-Herzogs Leopold V in ritterlicher Haft gehalten. Richard hatte am dritten Kreuzzug vor Akkon den gleichfalls an der Erstürmung der Stadt beteiligten Leopold beleidigt. Die Österreicher, aber auch die Franzosen brachen hierauf den Kreuzzug ab. König Richard folgte ihnen später. Auf seiner Heimreise war er in Erdberg erkannt und von Soldaten Leopolds festgenommen worden. Der Herzog übergab seinen königlichen Gefangenen den Kuenringern auf Dürnstein zur sicheren Aufbewahrung bis er sich mit dem deutschen Kaiser Heinrich VI über die Aufteilung des zu verlangenden Lösegeldes von 150.000 Mark Silber geeinigt hatte. Da dies nicht so rasch erfolgte, wurde Richard vorübergehend noch einmal nach Dürnstein zurückgebracht. Obwohl der englische König keineswegs mit dem Burgverlies Bekanntschaft machen musste und sich frei innerhalb der Burgmauern bewegen durfte, wurden die Österreicher von den zeitgenössischen englischen Geschichtsschreibern als wilde Barbaren dargestellt. Die Geschichte vom treuen Sänger Blondel, der seinen Herrn suchte und hier fand, als er Richards Lieblingslied vor der Burg anstimmte, gehört in den Bereich der romantischen Sage. Der Anteil der Kuenringer am Lösegeld reichte zum Ausbau von Burg und Stadt Dürnstein.

Nachdem 1228 Heinrich von Kuenring oberster Landmarschall von Österreich geworden war, wurde er zu einem Anführer des Adelsaufstandes gegen Herzog Friedrich II. Es ging dabei um die Wahrung alter Rechte des Adels und um gewisse Unabhängigkeitsbestrebungen. Nach Anfangserfolgen, bei denen Krems und Stein von den Kuenringern eingenommen wurde, schlug Friedrich II den Aufstand nieder. Er eroberte 1231 Dürnstein, Aggstein und Weitra. Zur Strafe wurde der Bergfried von Dürnstein zerstört. Zwei Jahre später erhielten die Kuenringer ihre Besitzungen wieder zurück und wurden vom Herzog wieder in Gnaden aufgenommen. In der Folge bauten sie die bisherige Burgsiedlung Dürnstein zu einer Kleinstadt aus. Da ihnen auch die wichtigsten anderen Siedlungen an der Donau oberhalb von Krems gehörten, nannten sie sich Hauptherren der Wachau. Seit Hadmar III war das Amt der herzoglichen Mundschenks in der Familie Kuenring erblich. Albero V wurde 1246 zum Landverweser von Österreich ernannt. 1295 kam es zu einem neuen Aufstand der Kuenringer gegen Albrecht I von Habsburg. Auch dieser wurde niedergeschlagen und Dürnstein vom Landesfürsten eingenommen. Die Burg wurde diesmal nicht beschädigt. Zwar musste sich Leuthold I unterwerfen, doch hatte der Aufstand keine Folgen für die Familie. Mit dem Ableben Leutholds III starb die Linie Kuenring-Dürnstein 1355 aus. Stadt und Feste kamen über Anna von Kuenring an deren Gatten Heidenreich von Maissau. Ein Jahr später verkaufte dieser seine bisher freieigene Herrschaft an Herzog Albrecht II. Dieser beließ vorerst die Herren von Maissau als Pfandherren auf der Burg. 1430 verlor jedoch Otto IV von Maissau wegen einer angeblichen Kooperation mit den Hussiten das Vertrauen seines Landesherrn und sein Pfandrecht. Im gleichen Jahr fielen die Hussiten in Niederösterreich ein und plünderten Dürnstein. Der neue Pfleger, Ulrich von Eytzing, verhielt sich gegenüber Kaiser Friedrich III nicht immer loyal. Dieser belagerte und eroberte daraufhin 1458 Stadt und Burg. Herzog Albrecht VI gab beides pfandweise neuerlich an Ulrich von Eytzing bzw. an dessen Bruder.

1476 verlieh Kaiser Friedrich III der Stadt das Recht, ein neues Wappen zu führen. Es zeigt auf der rechten Seite die alte Burg und links davon, auf einer niederen Bergkuppe, einen mächtigen viereckigen Schlossbau, von dem eine Mauer zur Stadt hinabführt. Dieses Wappen zeigt die älteste erhaltene Abbildung der Burg. 1476/77 wurde diese von den Ungarn unter Matthias Corvinus schwer beschädigt, aber bald danach wieder in Verteidigungsbereitschaft versetzt. Kaspar von Roggendorf wurde 1480 von Kaiser Friedrich III als neuer Pfleger eingesetzt. 1486 konnte sich Dürnstein erfolgreich gegen einen neuen ungarischen Angriff behaupten. 1502 übernahm der bayerische Landsknechtführer Ritter Kaspar Winzerer die Pflegschaft. Er machte sich um den Bauzustand der Burg sehr verdient, musste aber 1527 wegen Treuebruchs das Land verlassen. Im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts wurde die Burg unter der Pflegschaft des Landmarschalls Sigmund von Lamberg stark vernachlässigt und daher bald baufällig. Kaiser Maximilian II belehnte 1572 den Hofkammer-Präsidenten Reichhard Streun von Schwarzenau mit der Herrschaft Dürnstein. Dieser befreite seine Untertanen gegen eine jährliche Zahlung von 40 Gulden von der landsüblichen Robot. Es gelang ihm innerhalb von wenigen Jahren die Wehranlagen der Burg zu erneuern und zu verstärken. 1609 verkaufte seine Witwe Herrschaft und Stadt an Christoph Wilhelm von Zelking. 1625 wird die Burg neuerlich als baufällig bezeichnet. 1636 gelangte sie im Erbweg an die Zinzendorfer. Im Dreißigjährigen Krieg eroberten 1645 schwedische Truppen unter General Torstenson Dürnstein, wobei die Anlage schwer beschädigt und dadurch unbewohnbar wurde. Anderen Berichten zufolge, sprengten die Schweden vor ihrem Abzug die Wehreinrichtungen und zündeten die Stadt an. Christoph von Zelking hatte bereits 1630 mit dem Bau des Stadtschlosses begonnen, da ihm der steile Burgweg wohl zu unbequem geworden war. 1663 erwarb Conrad Balthasar Graf Starhemberg die Herrschaft. Obwohl die Halbruine noch 1670 zu einem Zufluchtsort vor den ins Land eingefallenen Türken bestimmt wurde, gelang es nicht, sie wieder bewohnbar zu machen und für Verteidigungszwecke einzurichten. Die Ruine und der umliegende Wald sind noch heute im Besitz der Familie Starhemberg.

Auf Grund seiner prominenten Lage und seiner Geschichte zählt Dürnstein zu den bekanntesten Burgruinen Österreichs. Burg und Stadt bildeten verteidigungsmäßig eine Einheit. Wer die Burg erobern wollte, musste zuvor die Stadt einnehmen. Von ihr führen zwei lange zinnenbewehrte Mauern unter Nutzung des extremen Felsgeländes zur Burg empor. An ihren Innenseiten verliefen hölzerne Wehrgänge. Die beiden Mauern werden vereinzelt durch Türme verstärkt. Teile der nördlichen Mauer stammen ihrer Struktur nach noch aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der überwiegende Teil datiert aber in das späte Mittelalter. Von der einstigen Vorburg, die sich am oberen Ende der östlichen Stadtmauer befand, ist nichts mehr erhalten. Hier hatte der Burgwächter seine Wohnung. In diesem Bereich befand sich auch der rund eingefasste Brunnen. Diese Vorburg wurde durch eine Abschnittsmauer, die die östliche Stadtmauer mit der westlichen verband, von der eigentlichen Burg getrennt. Im östlichen Bereich dieser Mauer lag das spitzbogige Haupttor der Burg. Beim Eingang zur Hochburg findet sich an einem Gewände ein kunstvoll gemeißelter Stein. Er besitzt eine aus dem Zwölfeck entwickelte Basis mit hohem kannelierten Schaft. Die Flächen haben Kehlungen und Stäbe. Es ist ein Portalrest aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, der aber ursprünglich an einer anderen Stelle stand. Mauerreste neben dem Tor deuten auf einen quadratischen Wehrturm hin, der dieses Tor zu decken hatte. Hinter dem Portal lag ein ansteigendes Vorwerk. Dahinter erhob sich terrassenförmig in drei Abschnitten die Hauptburg. Sie nimmt eine Fläche von ca. 30 x 27 m ein. Ihr unterster Teil ist am meisten zerstört. Dieser Südabschnitt ist allseitig von Gebäuderesten begrenzt.

Am Beginn des etwa 6 m höher auf einem Felsblock gelegenen Nordabschnitts erstreckte sich der saalbauartige Querbau des romanischen Palas. Er dürfte um die Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut worden sein. Der Saal besaß einst ein vierjochiges Kreuzrippengewölbe, das auf einer freistehenden Mittelsäule ruhte. Die dem Hl. Johannes geweihte romanische Burgkapelle ist der einzige Raum der Burg, der noch halbwegs erhalten ist, da sie noch bis 1683 benutzt wurde. Sie war ein 9 x 5 m großer rechteckiger Bau, von dem noch drei Gewölbeansätze vorhanden sind. Unter dem späteren Putz erkennt man roh behauenes romanisches Quadermauerwerk. Unterhalb des ehemaligen Gewölbes bemerkt man auf dem gotischen Putz Heiligenscheine. Sie stammen von figuralen Malereien aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Baugeschichtlich interessant sind zwei Ecksäulchen mit Kelchkapitellen und eine Rundstabrippe aus der Zeit um 1300. Sehr gut erhalten ist der halbrunde romanische Altarraum mit seinem steinernen Bienenkorbgewölbe. Die Palasterrasse zeigt ein mächtiges romanisches Quadermauerwerk. Der einstige Wohntrakt, der den Palas mit der Kapelle verband, entstammte dem Hochmittelalter. Von seinen Sälen und Zimmern kann man sich kaum eine Vorstellung machen, da er völlig zerstört ist. Von einem Bergfried ist nichts erhalten. Er könnte auf dem mit einer künstlichen Höhlung (Keller?) versehenen Felsblock gestanden haben, der die höchste Stelle des Burgareals bildet. Es gibt jedoch keinen Beweis hiefür. Da das Gelände oberhalb der Burg weiter ansteigt, musste diese durch einen Halsgraben zusätzlich gesichert werden. Den Hauptschutz in diesem Bereich übernahm aber eine Oberburg, von der sich nur die Fundamente eines starken Turmes erhalten haben. Sie ist am Wappenbrief von 1476 dargestellt.

Lage: Niederösterreich/Wachau – ca. 5 km westlich von Krems

Ort/Adresse: 3601 Dürnstein, Niederösterreich

Besichtigung: jederzeit frei zugänglich


Weitere Literatur:


21.12.2005