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Aichberg (Eichberg)


Die Geschichte des Schlosses ist stellvertretend für jene der oststeirischen Burgen und Schlösser, aber auch und besonders der einfachen Bauernhöfe in diesem Grenzgebiet, das immer wieder Einfälle aus dem Osten (Ungarn, Türken, Haiduken, Kuruzzen und Russen) erdulden musste. Der Wille zum Wiederaufbau war aber letzten Endes immer stärker als die Resignation. Im Laufe seiner wechselvollen Geschichte wurde Schloss Aichberg neunmal um- oder aufgebaut. Der Zeitpunkt der Erbauung der ersten Wehranlage liegt im Dunkeln. Möglicherweise dürfte bereits um die Mitte des 11. Jahrhunderts an der Stelle des heutigen Schlosses eine hölzerne Befestigung existiert haben, die Einfälle der Ungarn erschweren sollte. Die Burg Aichberg wird erst 1374 genannt. Sie war Teil eines gegen Ende des 12. Jahrhunderts errichteten Burgengürtels an der Ostgrenze des Heiligen Römischen Reiches, das damals an der benachbarten Lafnitz endete. Dieser unscheinbare Fluss trennte bereits die römischen Provinzen Pannonien und Noricum. Die Herren von Aichberg werden aber bereits ab 1250 schriftlich erwähnt. In einer Urkunde des Stiftes Vorau scheint zu diesem Zeitpunkt ein Chunradus de Aichberg als Zeuge auf. Es ist nicht ganz klar, ob damals die Formbacher oder die Habsburger die Lehensherren waren. Konrads gleichnamiger Sohn nahm jedenfalls an der Seite Herzog Albrechts I 1287 am Feldzug gegen Graf Iwan von Güssing teil. Wulfing von Aichberg ließ 1378 die Schlosskapelle in Stein erbauen. Nach dem kurz danach erfolgten Tod Wulfings begann der Niedergang der Herrschaft. Seine Witwe Elsbeth musste mehrere Güter verkaufen. Hans von Aichberg war der letzte seiner Familie. Er wurde noch 1396 von Herzog Wilhelm von Österreich mit der Herrschaft belehnt. Seine Tochter war mit Hans dem Reuter verheiratet. Deren Tochter Barbara brachte Aichberg 1407 in ihre Ehe mit Balthasar Welzer ein, verkaufte es aber bald an ihren Schwager Moritz Welzer.

1412 erwarb Seifried Steinpeiß die Herrschaft. Es gelang ihm, diese durch Zukäufe wieder zu vergrößern. Er stammte aus einer ehemals stubenbergischen Dienstmannenfamilie, die in Anger bei Weiz ansässig war. Angeblich war er so kräftig, dass er eine 100 kg schwere Steinkugel etliche Meter von sich schleudern konnte. Seine Enkel, Seifried und Andreas, beteiligten sich 1468/70 am steirischen Adelsaufstand des Freiherrn Andreas Baumkircher gegen Kaiser Friedrich III. Nach dessen Niederschlagung eroberte Hauptmann von Tierstein die Burg und ließ die beiden Verschwörer in Wiener Neustadt inhaftieren. Aichberg wurde zwar konfisziert aber später den Brüdern wieder zurückgegeben. Während der Türkeneinfälle von 1529 und 1532 hatte die Herrschaft schwer zu leiden. Mehrere Dörfer wurden niedergebrannt, das Schloss wurde aber nicht angegriffen. Die damit verbundenen Ertragsausfälle und die Abgeltung von Erbansprüchen seiner Schwestern führten dazu, dass Hans Steinpeiß 1557 eine Pfändung wegen der hohen Steuerschulden nur mit Mühe verhindern konnte. Die wirtschaftliche Lage dürfte sich anschließend etwas stabilisiert haben, denn 1566 wird in einem Leibsteuerverzeichnis erwähnt, dass damals zur Herrschaft 144 Untertanen gehörten und in der Burg neun Diener und fünf Dienerinnen beschäftigt waren. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde mit dem Umbau der Burg zum Schloss begonnen. Christoph Steinpeiß war wie die meisten Adeligen im 16. Jahrhundert protestantisch gesinnt. Er beschäftigte einen evangelischen Prediger im Schloss. Dafür wurde er 1603 mit der Ausweisung bedroht. Es dürfte aber nicht dazu gekommen sein. Aichberg blieb bei der Familie.

1605 wurden Schloss und Ort von den Haiduken verwüstet. Christoph Steinpeiß und seine Familie konnten sich in das besser befestigte Stift Vorau retten. 1621 kamen die Haiduken neuerlich und richteten schwere Schäden an. Kaiser Ferdinand III erhob 1640 die Brüder Siegmund und Hans Christoph in den Freiherrenstand. 1699 griffen ungarische Husaren das Schloss an und plünderten es aus. Danach begann man eine umfassende Renovierung, wobei ein Baumeister aus der Familie Carlone die heutigen Fassaden schuf. 1675 wurde den Freiherren Steinpeiß das Erbfalkenmeisteramt im Herzogtum Steyer übertragen. Im nächsten Jahr erhielten sie die Reichsgrafenwürde. 1683 wurde Aichberg zwar nicht von den Türken, aber von 500 Mann des Christoph Batthyány überfallen. Sie richteten einen Schaden von über 10.000 Gulden an, was zu einer schweren Verschuldung der Herrschaft führte. Johann Josef Graf Steinpeiß musste 1697, nachdem er einen Widersacher erstochen hatte, ins Ausland flüchten. Aus dieser Flucht entwickelte sich eine mehrere Jahre dauernde Weltumsegelung. Nicht zuletzt wegen seiner spannend geschriebenen Reiseerinnerungen durfte er später wieder in das heimatliche Aichberg zurück. Leider sind diese Aufzeichnungen 1945 mit dem gesamten Archiv verloren gegangen. 1704 und 1708 wüteten die Kuruzzen in der Oststeiermark, wovon auch Aichberg einiges abbekam. Das Schloss konnte aber nicht eingenommen werden. Um die Verteidigungseinrichtungen zu verbessern wurde 1715 ein Vorschloss mit angrenzendem Geschützturm errichtet.

Karl Joseph Graf Steinpeiß blieb kinderlos. In seinem Testament setzte er 1768 seinen Vetter Maximilian Freiherr von Waidmannsdorf als Erben ein. Dieser verkaufte die Herrschaft bereits 1779 an den Gewerken Johann Edmund Edler von Erko, der in Arzberg nach Silber schürfte. Er war auch Inhaber der benachbarten Schlosses Thalberg und zog dieses als Wohnung vor. 1805 besetzten französische Soldaten Aichberg und hausten hier mehrere Monate lang. Der dadurch hoch verschuldete Besitz wurde 1815 im Rahmen einer der damals beliebten öffentlichen Lotterien ausgespielt, wobei der Loseinsatz 15 Gulden, also ungefähr 22 Euro betrug. Nun wurde die Herrschaft zum Spekulationsobjekt. 1811 war es in Österreich durch die hohen Kosten der Französischen Kriege zum Staatsbankrott gekommen, was eine starke Geldentwertung zur Folge hatte. Zu jenen Leuten, die versuchten sich durch den Erwerb von Immobilien davor zu schützen, zählten auch der Rittmeister Ludwig Graf Schönfeld und sein Onkel, der Wiener Bankier Moritz Graf Fries. Beide besaßen ab 1817 nacheinander Aichberg. Graf Fries hatte im Schloss seine umfangreiche Kunstsammlung untergebracht, doch musste diese, als das Bankhaus in finanzielle Schwierigkeiten geriet, verkauft werden. Zur Herrschaft gehörten damals neun Ämter, darunter die Orte Stegersbach, Pinggau und Dechantskirchen sowie etwa 170 Höfe mit ca. 2000 Untertanen. 1824 war Aichfeld wieder im Besitz des Grafen Schönfeld, der aber das Gut verpachtete. Die Pächter hatten mit der Zucht von Bienen, Schafen, Rindern und Dromedaren jedoch wenig Glück. 1831 wurde die neuerlich schwer verschuldete Herrschaft versteigert. Zum Zug kam der k. k. Kämmerer und Staatsrat Heinrich Freiherr Müller von Hornstein. Er war als Armeelieferant zu einem beträchtlichen Vermögen gekommen.

Nach seinem Tod verkauften die Erben Aichberg 1842 an Marianne Reichsgräfin von Wimpffen. Sie war mit dem k. u. k. Feldzeugmeister Franz Graf Wimpffen verheiratet. Auf sie geht eine umfassende Renovierung des Schlosses zurück. Aichberg blieb nun über hundert Jahre lang bei der Familie Wimpffen, doch wurde das Schloss bald nicht mehr sehr gepflegt, da ihre Mitglieder meist anderswo wohnten. Im Ersten Weltkrieg diente es als Quartier für galizische Flüchtlinge. In ihrer Not verwendeten diese das Holz des Dachstuhls des Vorschlosses als Brennmaterial. Im Zweiten Weltkrieg war das Gebäude zuerst Kriegsgefangenenlager und dann Kommandozentrale sowohl der deutschen Wehrmacht, als auch dann der russischen Armee. Obwohl es gegen Ende des Krieges mitten in der Hauptkampfzone lag, wurde es im Gegensatz zu den schwer verwüsteten Häusern des Ortes nur leicht beschädigt. Allerdings zündete ein Landarbeiter in den letzten Kriegstagen das Vorschloss an, das dadurch völlig zerstört wurde. Es wurde nicht mehr aufgebaut. In der Nachkriegszeit diente das devastierte Hauptschloss neuerlich als Quartier für Flüchtlinge. Daneben wurde es zeitweise als Schule und Pfadfinderlager genutzt. 1953 hatte der in die USA ausgewanderte Georg Graf Wimpffen Schloss Aichberg an die Gemeinde Kleinschlag verkauft. Der umfangreiche Grundbesitz, der einst damit verbunden war, war bereits ab 1905 abverkauft worden. So hatte schon 1906 der aus Griechenland stammende Fürst Ypsilanti einen Großteil davon erworben. Bis 1929 war auch der Rest weitgehend verkauft. 1986 übernahm der Wiener Kunsthändler Cajetan Gril das bereits stark verwahrloste Hauptschloss. Es gelang ihm in den folgenden Jahren den Bau mustergültig zu renovieren und durch Ausstellungen und Konzerte wieder zu beleben.

Schloss Aichberg liegt am Rande des kleinen Ortes Eichberg auf einem der zahlreichen Hügeln des Jogllandes. An der Auffahrt zum Schloss steht eine von der Familie Steinpeiß in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gestiftete Mariensäule. Das Schloss ist ein stark gegliederter, unregelmäßig rechteckiger Bau. Er zeigt an seiner dreigeschossigen Schauseite einen starken Halbrundturm in der Mitte der Fassade und einen schlanken quadratischen Eckturm im Südosten. Beide wurden im 17. Jahrhundert errichtet. Die 1995/96 renovierten Außenfassaden weisen seit damals ein ungewohntes Farbenspiel auf. Die gequaderte Sockelzone ist weiß gefärbelt, während die beiden Obergeschosse schwarz eingefärbt sind. Sie werden aber durch die weißen Fensterumrahmungen und Geschoßtrennungen aufgelockert. Dieses Farbkonzept hat sein historisches Vorbild in den Renaissance-Sgraffito-Fassaden, die ebenfalls schwarz/weiß gehalten waren. Unterhalb des Daches sind an drei Seiten querovale Dachgeschoßfenster angebracht. Der einstige Bergfried wurde im 16. Jahrhundert umbaut und ist von außen nicht mehr sichtbar. Im engen Innenhof zeigt das zweite Obergeschoß Arkaden aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. Der mittelalterliche Baukern ist noch an einem spätgotischen Hoffenster des Osttraktes erkennbar. Die an die Eingangsseite stoßende Lorettokapelle wurde 1742 geweiht. Sie wurde 1844 unter Marianne Reichsgräfin von Wimpffen in eine Gruftkapelle umgewandelt, wobei die Fassade neugotisch verändert wurde. Neben der Burg liegt freistehend die 1368 erwähnte, dem Hl. Johannes dem Täufer geweihte, ehemalige Burgkapelle. Sie dient seit 1941 als Pfarrkirche. An ihren Langhauswänden sind mehrere Grabsteine der Familie Steinpeiß aus dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts eingemauert.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – ca. 10 km südwestlich von Friedberg

Besichtigung: zwischen dem 1. Mai und dem 31. Oktober an Sonn- und Feiertagen von 10.00 bis 18.00

Homepage: www.aichberg.at


Weitere Literatur:


12.11.2005