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Personenverzeichnis






Kammer


Als erster Herr von Kammer scheint Haidfalk von Chammer auf. Er war 1165 durch Heirat mit der Gräfin Ita von Burghausen in dessen Besitz gelangt. 1260 wird hier erstmals eine Burg erwähnt. Sie gehörte den Schaunbergern, die sie an Ministerialen, die sich nach der Burg nannten, als Lehen vergaben. Kammer war damals ein verwaltungsmäßiges Zentrum des Attergaues. In der Schaunberger Fehde zwischen Herzog Albrecht III und Graf Heinrich von Schaunberg, eroberte Reinprecht von Wallsee 1380 die Wasserburg. Anlässlich des Friedensschlusses von 1386 mussten die Schaunberger gezwungenermaßen Kammer an den Herzog verkaufen. Die nun landesfürstliche Herrschaft wurde in der Folge häufig als Pfand vergeben. 1445 wurde Reinprecht von Wallsee Pfandherr. Als Kaiser Friedrich III ihm seine kroatischen Güter abkaufte, übertrug er ihm an Zahlungsstatt neben etlichen anderen Besitzungen auch Kammer. 1483 starben die Wallseer aus und Christoph Jörger wurde vom Kaiser mit der Pflege beauftragt. Fünf Jahre später belehnte Friedrich III Tiburtius Sinzendorfer mit Kammer. 1499 ging es als Pfand an Wolfgang von Polheim. In einer Beschreibung von 1524 wird die Wasserburg als eher baufällig bezeichnet. 1570 fiel die Herrschaft an Kaiser Maximilian II zurück. Kaiser Rudolf II verkaufte sie schließlich 1581 an seinen Kämmerer und Botschafter in Spanien, Johann Freiherrn von Khevenhüller. Er wurde 1593 zum Grafen erhoben. Seine drei Herrschaften Frankenburg, Kogl und Kammer bildeten nun die Grafschaft Frankenburg.

Damals zählte Kammer noch zu jenen Wehrbauten, die ständig in einem verteidigungsbereiten Zustand unterhalten werden sollten, um bei Gefahr der Zivilbevölkerung als Zuflucht dienen zu können. Unter Franz Ferdinand Anton Graf Khevenhüller erfolgte zu Beginn des 18. Jahrhunderts der endgültige Umbau der Burg zum Wasserschloss. 1750 gehörten zur Herrschaft Kammer immerhin 674 Untertanen. Mit über 10.000 Gulden Jahresertrag war sie auch wirtschaftlich interessant. Die Familie Khevenhüller blieb bis 1904 im Besitz des Schlosses. Aus finanziellen Gründen musste Ida, die Tochter des letzten oberösterreichischen Khevenhüller es damals an die Oberösterreichische Landeshypothekenanstalt abgeben, wobei der große Waldbesitz bereits in den Jahren zuvor weitgehend verkauft worden war. Schloss Kammer gelangte nun in bürgerlichen Besitz, der aber häufig wechselte. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts diente es zeitweise als Schlosshotel. 1970 wurden Dach und Dachstuhl saniert. Heute gehört es der aus einer erfolgreichen Industriellenfamilie stammenden einstigen Olympiasiegerin im Dressurreiten, Sissy Max-Theurer. Sie hatte anfangs der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts das Schloss von der Familie Jeszensky erworben. Das danach großzügig restaurierte Gebäude ist bewohnt. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges finden in den Sommermonaten im Schloss Konzerte statt. Die Gebäude der einstigen Vorburg dienen einem Yachtclub als Klublokal. Ein Teil des Ufergrundstückes ist an die Lenzing AG verpachtet, die hier eine Ferienanlage für ihre Werksangehörigen eingerichtet hat.

Das Schloss liegt auf einer ehemaligen Insel im Attersee, die im Laufe der Zeit durch Aufschüttungen zu einer vorspringenden Halbinsel verlandet ist. Der seeseitig liegende, rechteckige und dreigeschossige Hauptbau stammt aus dem 17. Jahrhundert. Bemerkenswert ist sein mächtiges gebrochenes Dach. Der Linzer Baumeister Johann Michael Prunner errichtete um 1710 zwei niedrige Seitenflügel, die mit dem Altbau einen fünfeckigen Innenhof begrenzen. Eine Lindenallee führt auf das Schlosstor zu. Sie, wie auch das Schloss, wurde von Gustav Klimt in mehreren Gemälden als Motiv benutzt. Der leicht vorspringende Torbau ist eigentlich der bis auf die Dachunterkante abgetragene Torturm, der noch auf dem Vischer-Stich von 1674 dem Gebäude einen wichtigen Akzent verleiht. Er trägt sowohl außen- als auch hofseitig einen Volutengiebel. Die Seitenflügel sind hofseitig im Erdgeschoß mit Lauben versehen. Auch dem Turm ist dort eine Laube vorgesetzt worden. Die Pfeiler des Arkadenganges sind an der Innenseite mit Ornamenten geschmückt, die sich an den Wandpfeilern wiederholen. Über ein aus der Zeit um 1748 stammendes breites Stiegenhaus gelangt man zum Hauptraum des Schlosses. Dieser Festsaal, auch Zeremoniensaal genannt, erstreckt sich über zwei Geschosse und fasst bis zu 500 Personen. Hier finden die beliebten Sommerkonzerte statt. Die geräumigen Salons sind mit intarsierten Fußböden, venezianischen Spiegeln und Luster sowie mit altem Mobiliar und großen Ölgemälden ausgestattet. Die Kapelle wurde im 18. Jahrhundert mit schönem Deckenstuck versehen. Auch das Stichkappengewölbe der Sakristei ist mit frühbarocken Prägestuckarbeiten geschmückt. Sie stammen von Johann Georg Holzinger und seinem Sohn Franz Josef Ignaz (um 1720). Auf Prunner gehen auch die Wirtschaftsgebäude am Seeufer zurück, deren barocker Gebäudestern durch den heutigen Verlauf der Bundesstraße und andere Bausünden des 20. Jahrhunderts stark gelitten hat.

Lage: Oberösterreich/Salzkammergut – am Atterseeufer von Schörfling

Ort/Adresse: 4861 Schörfling am Attersee

Besichtigung: nur bei Veranstaltungen öffentlich zugänglich


Weitere Literatur:


31.07.2005