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Mühlhof


Der Mühlhof ist das älteste Gebäude von Payerbach. 1380 wird er als „Muldorf in der Prewn“ bezeichnet. Etwa fünf Jahre später belehnte Herzog Albrecht III Görig den Wysenfrezz mit der Hälfte des Mühlhofes. Die zweite Hälfte hielt er als Burgrecht des Klosters Neuberg. 1392 schlichtete Görig gemeinsam mit den Burggrafen von Kranichberg und Wartenstein einen Streit um einen Weingarten zwischen den Äbten von Neuberg und Formbach. Die Wysenfrezz gehörten dem Ritterstand an und waren Dienstleute der Herrschaft Reichenau. 1405 verkaufte Görig (Georg) seinen Besitz dem Kloster. Dieses konnte seine Eigentumsrechte aber erst nach einem langwierigen Prozess gegen Niklas den Gräfenpeck ausüben. Der Mühlhof wurde nun meist von Verwaltern bewirtschaftet. Zu ihm gehörten ein Meierhof, eine Mühle und eine Säge. Er war Zentrum des damals in dieser Gegend betriebenen Weinbaues, doch wurden die Weine bereits damals als „Gurgelkratzer“ bezeichnet. Der Hof hatte keine verteidigungsmäßigen Aufgaben, war aber leicht befestigt. Mit der Säkularisierung des Klosters erhielt er 1784 wieder weltliche Eigentümer. 1830 erwarb Louise Freiin von Salla-Stollberg den Hof, ließ ihn in ein Schlössel umbauen und einen weitläufigen Park mit verschiedenen romantischen Bauten anlegen. 1850 wohnte hier der amerikanische Publizist Edward Warrens, der im Auftrag des Innenministeriums den Bau der Semmeringbahn journalistisch betreute. Er ließ sich vier Jahre später in unmittelbarer Nachbarschaft eine Villa im Stil der Tudorgotik errichten, die zuerst ihm, dann dem amerikanischen Bürgerkriegsgeneral William Tecumseh Sherman und schließlich 1873 der österreichischen Kaiserin Elisabeth als Sommersitz diente. Die Kaiserin wollte wenige Jahre zuvor auch den Mühlhof, der sich seit 1865 im Besitz des Prinzen August von Arenberg befand, erwerben, doch verzichtete sie schließlich darauf. 1886 gehörte der Ansitz Dr. Hugo Henneberg und 1901 Frau Franziska Wlassak-Shaniel. Letztere ließ den Seitentrakt aufstocken und eine Kapelle einrichten. Der Wiener Gutsbesitzer Anton Freiherr von Pretis-Cagnodo kaufte 1912 das Schloss und ließ es im Inneren neu ausstatten. Sowohl im Ersten, als auch im Zweiten Weltkrieg wurde Schloss Mühlhof militärisch genutzt. Nachdem es 1940 vom Deutschen Reich erworben wurde, diente es der Deutschen Wehrmacht für Schulungszwecke. 1943 nächtigte hier Feldmarschall Erwin Rommel. 1945 wurde das Gebäude schwer beschädigt und seiner Einrichtung beraubt. Als sog. Deutsches Eigentum kam es unter die Verwaltung der russischen Besatzungsmacht. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich der Verfall des unbewohnbar gewordenen Gebäudes fort, so dass man um 1970 bereits von einem sterbenden Schlössel sprach. Pläne, den Mühlhof abzureißen und an seiner Stelle eine Wohnsiedlung zu errichten, wurden glücklicherweise nicht verwirklicht. Der Architekt Dipl. Ing. Paul Schuberth kaufte 1978 das Schloss und begann mit umfangreichen Sanierungsarbeiten. Heute ist das Gebäude erstklassig restauriert und wieder bewohnt.

Schloss Mühlhof liegt etwas erhöht über dem rechten Ufer der Schwarza zwischen Payerbach und Küb. Die zweigeschossige hakenförmige Anlage ist von einem gepflegten Park umgeben. Das Schloss erhielt sein heutiges Aussehen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als der aus dem 17. bzw. 18. Jh. stammende Vorgängerbau grundlegend umgebaut wurde. Der Nordosttrakt hat als Blickfang an seiner Südostseite einen turmähnlichen Abschluss. Der Nordwesttrakt ist an seiner Ecke mit einer Muttergottes-Statue unter einem Baldachin geschmückt. An seiner Südwestseite ist er mit einem kurzen Quertrakt verbunden. Die Mitte des Nordosttraktes wird im Erdgeschoß durch drei Arkaden betont, über denen sich eine, von einer Balustrade begrenzte Loggia befindet. Diese Lauben wurden dem Bau erst im zweiten Viertel des 20. Jahrhunderts vorgesetzt. Hier liegt auch der Haupteingang. Die aus dem dritten Viertel des 19. Jahrhunderts stammende Fassade wurde im 20. Jh. verändert. Das genutete Erdgeschoß ist vom Oberstock durch ein Gesims optisch getrennt. Über den Fenstern und Türen sind zum Teil stufenförmige Zierleisten angebracht. Der rechteckige Ostturm ist mit einem Zeltdach versehen, aus dem an jeder Seite verzierte Gaupen hervortreten. Unter dem starken Konsolgesims erkennt man an der Südostseite des Turmes ein stuckiertes Wappen, das von zwei großen Putzreliefs, die Landsknechte darstellen, flankiert wird. Das Innere wurde 1978/79 weitgehend erneuert. Vom Haupteingang gelangt man in eine große Halle. Eine Holztreppe ermöglicht den Zugang zu den Wohnräumen im Obergeschoß. Hier haben sich in einzelnen Räumen Stuckschnittspiegel aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten. Die Erdgeschoßräume zeigen zum Teil Tonnen- und Kreuzgratgewölbe. Die mit Stichkappen versehenen Tonnengewölbe der Keller stammen wohl noch aus dem 17. Jahrhundert. Etwas oberhalb des Schlosses liegt der ebenfalls noch aus dem 17. Jh. stammende vierseitige Meierhof. Er wird nach wie vor landwirtschaftlich genutzt, gehört jedoch anderen Eigentümern.

Lage: Niederösterreich/Voralpengebiet – ca. 2 km südöstlich von Payerbach

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


27.07.2005