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Zeillern


Da die zuständigen Archive in Schloss Auhof bei Blindenmarkt und Stift Ardagger durch Brand und mutwillige Vernichtung verloren gegangen sind, bleibt die frühe Geschichte Zeillerns weitgehend im Dunkeln. Das Gebiet wurde 863 von König Ludwig dem Deutschen dem Kloster Niederaltaich geschenkt. Er bestätigte damit eine Schenkung Karls des Großen aus dem Jahr 791. Es wird vermutet, dass Zeillern zu Beginn des 11. Jahrhunderts an deren Vögten, die Grafen von Bogen und Zeydlarn übergegangen ist. Urkundlich gesichert als Herr von Zeillern ist erst Hartnit von Traun (1239 – 1280). Er ist damit der älteste nachweisbare weltliche Besitzer. Als Otto d. J. von Traun 1329 starb, verkauften seine Kinder die Herrschaft an Jans von Capell. Dessen Vater war Ulrich der Lange von Capell, der in der Schlacht von Dürnkrut wesentlich zum Sieg Rudolfs von Habsburg beitrug. Die Capell besaßen Zeillern aber lediglich dreißig Jahre, da bereits 1361 Ulrich von Kremsdorf als Herr von Zeillern erwähnt wird. 1380 belehnte Herzog Albrecht III Bernhard von Seisenegg mit dem Schloss, da sich mittlerweile die Habsburger die Oberherrschaft gesichert hatten. 1413 wurde ein eigenes Landgericht Zeillern eingerichtet und mit der Herrschaft verbunden. Christoph von Seisenegg, Freiherr zu Weitenegg, war der letzte seines Stammes. Nachdem er sein Erbe durchgebracht hatte, tauchte er in Italien unter, wo er 1536 zuletzt gesehen wurde. Zeillern war bereits 1532 von Johann Baptist von Lappitz käuflich erworben worden. Dessen Sohn Cornelius wurde in der Schlacht von Esseg von den Türken gefangen genommen und verbrachte danach zwei Jahre in türkischer Gefangenschaft. Er starb 1562 vermutlich an der Pest in der Burg Spielberg bei Mauthausen.

Mit seinem Sohn Hans Andrä starb 1567 die Familie aus. Das Gesamtvermögen wurde nun in zwölf Teile aufgeteilt, wovon vier Teile auf die Herrschaft Zeillern entfielen. Erbe eines Viertels wurden sechs Mitglieder der Familie von Teuffenbach. Diese Zersplitterung führte 1577 zum Verkauf der Anteile. Käufer war der Schlossherr von Albrechtsberg, Albrecht von Enenkel, auf den zuvor nur ein Minderheitsanteil der Herrschaft entfallen war. Fünfzehn Jahre später veräußerte er Zeillern, da er Kapital für den Erwerb der Herrschaft Seisenegg brauchte, an Philipp Jakob von Grünthal. Dieser war kaiserlicher Hauptmann der Grafschaft Eisenstadt und Forchtenstein. Er begann mit dem Umbau des alten Schlosses. Da seiner Kinder bei seinem Tod noch minderjährig waren, setzten deren Vormünder 1600 Mertt Sewolt als Pfleger ein. 1605 kaufte Wolf Friedrich Freiherr von Tattenbach den beiden Brüdern Grünthal Schloss und Herrschaft Zeillern ab. Wie aus dem Kaufvertrag hervorgeht, wurde das Schloss kurz zuvor um zwei Trakte erweitert. Die Tattenbacher waren ein altes bayrisches Adelsgeschlecht, von dem sich eine Linie in Österreich ansässig machte und auch im heutigen Slowenien Besitzungen erwarb. Wolf Friedrich ließ das Gebäude im Renaissancestil umbauen und gab ihm jenes Aussehen, wie es der Kupferstich des Matthäus Merian von 1649 zeigt. Die damalige Schlossanlage war noch recht wehrhaft ausgestattet. Sie war von einem Wassergraben umgeben, der nur über eine einzige Brücke überquert werden konnte. Ihr letzter Teil war als Zugbrücke ausgebildet. Die Mauern, die das Schlossgelände umgaben, waren durch runde Ecktürme verstärkt.

In der ersten Hälfte des 17. Jh. lebte Martin Zeiller als Hofmeister auf dem Schloss. Die Ähnlichkeit seines Namens mit dem des Schlosses ist rein zufällig. Er bereiste große Teile Europas und gab etwa 90 Bücher heraus, was ihn zu einem der beliebtesten Reiseschriftsteller des 17. Jahrhunderts machte. Außerdem schrieb er die Texte für Merians Topographia Germaniae. Zur Zeit der Türkeneinfälle zählte Zeillern zu jenen Fluchtorten der Zivilbevölkerung, die stets in einem verteidigungsbereiten Zustand gehalten werden mussten. 1637 wurde Wolf Dietrich Freiherr von Tattenbach in den Grafenstand erhoben, was wohl der Grund für den Umbau war. Die Tattenbacher waren eifrige Protestanten. Als der Druck der Gegenreformation immer stärker wurde, entschlossen sich die Brüder Wolf Christoph und Siegmund Friedrich zur Auswanderung nach Deutschland. Sie verkauften 1664 Zeillern an den zum Katholizismus zurückgekehrten Conrad Balthasar Graf Starhemberg. Seine Familie blieb am längsten von allen Schlossherren Zeillerns im Besitz der Herrschaft. Zeillern war nur eines von ihren vielen Gütern. Sie lebten nie hier und ließen es stets von Pflegern verwalten. Gegen Ende der Herrschaft der Starhemberger verfiel das Schloss mangels Pflege mehr und mehr. 1867 musste Camillo Rüdiger Fürst von Starhemberg die Sequestrierung des Gutes hinnehmen. Danach ging es in bürgerliche Hände über, die meist relativ rasch wechselten.

Der letzte private Guts- und Schlossbesitzer, Franz Kirchweger, verkaufte den größten Teil des zum Schloss gehörenden Grundes an Bauern der Umgebung. Das Schloss wurde 1898 je zur Hälfte vom Verband der Genossenschaftskrankenkassen Wien und der Allgemeinen Arbeiter-, Kranken- und Unterstützungskasse Wien erworben. Letztere wurde 1933 Alleinbesitzerin von Schloss Zeillern. Aus ihr ging schließlich die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter hervor, die das Gebäude bis 1976 als Genesungsheim führte. In beiden Weltkriegen diente es als Lazarett. 1945 wurde es von der russischen Besatzungsmacht requiriert. Bei deren Abzug im Jahr 1955 war das Schloss so stark verwüstet, dass es einer Generalsanierung bedurfte, um es wieder als Erholungsheim verwenden zu können. 1970 entsprach das Gebäude nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen und wurde an Franz Eichinger aus Wien verkauft. Dieser veräußerte es nur sechs Jahre später um den dreifachen Kaufpreis an die Marktgemeinde Zeillern. Es gelang aber erst 1982 einen dauerhaften Verwendungszweck zu finden. Das Schloss wurde umfassend restauriert und als Schulungsheim des niederösterreichischen Blasmusikverbandes adaptiert. Es ist als Seminarhotel eingerichtet und dient bis heute für musikalische Veranstaltungen sowie für Konferenzen und Ausstellungen. Schloss Zeillern kann auch für private Feierlichkeiten gemietet werden.

Von den einstigen Wassergräben, die das Schloss seinerzeit an allen vier Seiten umgaben, sind noch zwei tiefe wasserführende Gräben vorhanden. An der Westseite schließt ein viereckiger Park an, der von bis zu 16 m breiten Wassergräben umschlossen ist und daher eine Insel bildet. Das Schloss ist ein nicht vollständig geschlossener Vierflügelbau um einen rechteckigen Innenhof, wobei die Nordwestecke im 19. bzw. 20. Jahrhundert abgerissen wurde. Durch diese Baulücke hat man Einblick in den Hof und zu den Arkaden des Osttraktes. Der im Westen liegende Haupttrakt wurde dadurch von 10 auf 6 und der Nordtrakt von 8 auf 7 Fensterachsen verkürzt. Im Zuge der letzten Restaurierung wurde im Nordtrakt nach Abschlagung des Außenputzes ein mittelalterliches Mischmauerwerk im Sockelbereich entdeckt, das mit seiner grob geschichteten Eckquaderung bis in das erste Obergeschoß reicht. Entgegen älteren Meinungen kann man damit den Nordtrakt als ältesten Teil der Anlage betrachten. Der Ostflügel dürfte um 1600 entstanden sein, wodurch das Schloss eine L-Form erhielt. Vermauerte Schlüsselscharten deuten darauf hin. Bis vor wenigen Jahrzehnten hatte man in ihm irrtümlich den mittelalterlichen Palas vermutet. Der zweite von Philipp Jakob von Grünthal begonnene Trakt dürfte der Südflügel gewesen sein. Der Westtrakt ist etwas älter. Beim großen Umbau unter Wolf Friedrich von Tattenbach wurden die vier Trakte geschlossen und einheitlich auf drei Geschosse gebracht. Das Schloss hatte sich zur Vierflügelanlage gewandelt. Die damalige Renaissancefassade wurde im 19. Jahrhundert erneuert, erhielt aber eine betonte Rustizierung.

Die vier Flügel sind mit steilen Walmdächern versehen. Beim Ausbau des Schlosses in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Veränderung des Dachstuhles. Durch die Verkürzung der Schauseite liegt das rundbogige, im Putz rustizierte Hauptportal asymmetrisch. Am Tor sind noch die Schlitze für die Rollen der einst davor liegenden Zugbrücke ersichtlich. Das Mannloch des Renaissanceportals war lange Zeit vermauert, wurde aber bei der letzten großen Restaurierung freigelegt. Ein barocker Fassadenturm mit Zwiebelhelm wurde um 1838 abgebrochen. Hofseitig ist der Osttrakt im Erdgeschoß mit siebenachsigen rundbogigen Säulenarkaden versehen. Die Obergeschoßarkaden wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermauert. Die Räume des Erdgeschosses weisen meist Tonnengewölbe auf. Die Raumaufteilung des Inneren wurde bei der Adaptierung als Schulungsheim stark verändert. Bemerkenswert ist der vierachsige Festsaal aus dem ersten Drittel des 17. Jh. im ersten Obergeschoß des Südflügels. Auch er ist tonnengewölbt. Sein Deckendekor wird von Stuckleistenrahmen in verschiedenen Formen gebildet. Die dafür vorgesehenen Gemälde oder Fresken dürften offenbar nie zur Ausführung gelangt sein. Die geschnitzten Türen und marmorierten Steingewändeportale aus der Renaissancezeit sind noch erhalten. Ein Zimmer im ersten Stock des Nordtraktes, das viele Jahre als Waschraum verwendet wurde, besitzt eine Stuckdecke aus der Zeit um 1600. Sie zeigt Hunde, Füchse und Hasen sowie einen Löwen zwischen Ornamenten und weist den Raum als Jagdzimmer aus.

Lage: Niederösterreich/Mostviertel – ca. 5 km nordwestlich von Amstetten

Ort/Adresse: 3311 Zeillern

Besichtigung: von außen jederzeit frei zugänglich, eine Besichtigung des Inneren ist nach telefonischer Anmeldung möglich

Homepage: www.tiscover.at/schloss-zeillern


Weitere Literatur:


25.07.2005