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Fünfkirchen


Schloss Fünfkirchen liegt an einem uralten Verkehrsweg, der schon als ein Ast der Bernsteinstraße bekannt war. Die heutige B7 oder Brünnerstraße stellte im 18. Jahrhundert als Kaiserstraße eine der fünf Hauptstraßen der Monarchie dar. An der Stelle des heutigen Schlosses befand sich bereits im 13. Jahrhundert ein Kastell, das auf einen noch älteren hölzernen Wehrbau zurückging. Beide hatten die Sicherung dieser wichtigen Verkehrsverbindung nach Böhmen als Aufgabe. Zwischen 1350 und 1447 waren die Floyt hier begütert. Die eigentliche Wohnburg der Familie Fünfkirchen, die seit 1419 die Herrschaft als Lehen der Liechtensteiner besaß, lag aber bei der Kirche des benachbarten Dorfes Steinebrunn. Diese Burg wurde 1458 vom böhmischen König Georg von Podiebrad zerstört. Von ihr haben sich noch Reste zweier Mauern erhalten. Die Familie Fünfkirchen ist bis in das 13. Jahrhundert nachweisbar. 1241 flüchtete sie vor dem Mongoleneinfall aus dem ungarischen Pecs (Fünfkirchen) nach Wien, wo bereits 1275 ein Leopold Fünfkircher als Münzmeister und Richter aufscheint. Im 14. Jahrhundert erwarben seine Nachkommen mehrere Besitztümer im nördlichen Weinviertel, die ihnen teils als freies Eigen und teils als Lehen gehörten. 1596 verkaufte Johann Bernhard von Fünfkirchen seine Freihöfe in Poysdorf und Herrenbaumgarten, sowie einige andere Besitzungen und erbaute mit dem Verkaufserlös 1602 ein neues Schloss als Wohnstätte und Verwaltungssitz für seinen noch immer riesigen Grundbesitz. Er hatte einige wichtige Hofämter inne. 1603 erhob ihn Kaiser Rudolf II in den Freiherrenstand. Dennoch war er als streitbarer Protestant an den Ereignissen um den Prager Fenstersturz beteiligt. Um der drohenden Enteignung zu entgehen, überschrieb er die Herrschaft seiner Frau Barbara von Teuffenbach. Diese Maßnahme hatte keinen Erfolg. Nach der Schlacht am Weißen Berg wurde er 1620 geächtet und seine Güter fielen an den im benachbarten Nikolsburg residierenden Kardinal Franz von Dietrichstein. Johann Bernhard wurde wegen Hochverrats zum Tode verurteilt, später aber zu lebenslanger Haft begnadigt. Er starb als Gefangener auf der Festung Zbiroh in Böhmen. 1647 plünderten schwedische Truppen unter General Lennart Torstenson das Schloss. Im gleichen Jahr gelang es Johann Sigismund Freiherr von Fünfkirchen den Großteil des Familienbesitzes wieder zurück zu erhalten. Er hatte noch wenige Jahre zuvor unter Heinrich von Oranien im Dreißigjährigen Krieg gegen die Habsburger gekämpft, war aber dann nach Österreich zurückgekehrt und wieder katholisch geworden.

Bald stand die Familie neuerlich in kaiserlichen Gnaden und wurde 1698 von Kaiser Leopold I in den Grafenstand erhoben. Graf Johann Adam war Oberkommissar des Weinviertels. Er ließ im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts das Schloss barock umgestalten. Unter ihm und seinem Bruder Johann Franz war Fünfkirchen ein kulturelles Zentrum. 1805 übernachtete Napoleon im Schloss. Graf Franz de Paula ließ im selben Jahr die längst veralteten Bastionen einebnen und an ihrer Stelle einen englischen Landschaftspark anlegen. Sein Sohn, Otto Franz, beauftragte zwischen 1826 und 1844 den Brünner Architekten Schlebs mit Ausbauarbeiten. So wurden die Türme um ein Geschoß aufgestockt und mit Pyramidendächern versehen. Das Schloss erhielt eine neue Innenausstattung im Stil des Biedermeiers. Graf Otto und seine Gattin, eine geborene Gräfin Wurmbrandt machten Fünfkirchen, das sie ansonsten kaum bewohnten, zur Jagdzeit im Herbst zu einem Zentrum des gesellschaftlichen Lebens im nördlichen Weinviertel. Heinrich Graf Fünfkirchen (1830 – 1885) war einer der Stifter des Gebäudes des Wiener Musikvereins. 1945 wurde das Schloss durch russische Soldaten verwüstet. Dabei wurde die gesamte Einrichtung zerstört, bzw. verheizt oder verschleppt. Im leeren Gebäude wurden vorerst Notwohnungen für die aus Südmähren vertriebene deutschsprachige Bevölkerung eingerichtet. Die Familie Fünfkirchen übersiedelte in ein Nebengebäude. 1947 richtete man in den einstigen Stallungen eine Konservenfabrik ein, die aber 1969 aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden musste. Das Schloss wurde verkauft und 1972 von der Industriellenfamilie Fuhrmann erworben. In den folgenden Jahren machte diese das Gebäude wieder bewohnbar. Sie benützt es noch heute als Familienwohnsitz. Mit Dr. Hans Graf Fünfkirchen und seiner Schwester Caroline starb die Familie Fünfkirchen nach 700 Jahren 1970 bzw. 1980 aus. Gräfin Caroline war die letzte Regentin des Savoyensischen Damenstiftes in Wien.

Das Renaissanceschloss ist ein vierflügeliger, zweigeschossiger, nahezu quadratischer Bau (42,7 x 42 m) mit vier übereck gestellten quadratischen Ecktürmen und schlichten Außenfassaden. Teile des spätromanischen Vorgängerbaues dürften im Mauerwerk mitverwendet worden sein, sind jedoch nicht mehr sichtbar. Die Außenmauern sind zwischen 1,30 und 1,40 m stark. Im quadratischen Innenhof sind noch die originalen Renaissancerahmungen der Fenster zu sehen. Die Sonnenuhr stammt bereits aus der Barockzeit (1665). Die ebenfalls barocke gebänderte Portalzone an der Ostfront ist mit Wappen, Giebel und Statuen geschmückt. Eine lateinische Inschrift über dem geraden Sturz bezieht sich auf den 1602 erfolgten Schlossbau und weist darauf hin, dass der Bauherr seiner Majestät Hofkämmerer und Generalpräfekt war. Die dreijochige Einfahrtshalle ist mit einem Tonnengewölbe versehen. Dem Portal und der Einfahrt entspricht ein Pendant im gegenüberliegenden Westflügel. Die Gewölbe des Erdgeschosses sind noch teilweise mit Stuckrippen aus der Erbauungszeit geschmückt. Auch die gewaltigen Keller stammen noch aus der Renaissancezeit. Die Sala terena aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. im Erdgeschoß des Südflügels ist ein großer gewölbter Raum, der mit Muschelnischen, Pilastern, Bandlwerkstuck und Fresken mit Scheinarchitektur reich ausgestattet ist. Auch in den Fensternischen des ersten Stocks finden sich noch Reste von spätbarocker Secco-Malerei. In Nordostturm liegt die Kapelle. Sie wurde um 1900 neoklassizistisch ausgemalt. Der fünf Hektar große Schlosspark ist heute weitgehend verwaldet. In ihm sind noch Reste der einstigen Bastionen und Erdwälle zu erkennen. Der Schüttkasten im Westen ist aus einem ehemaligen Torbau entstanden.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 4 km südlich der tschechischen Grenze bei Drasenhofen

Besichtigung: nicht möglich

Homepage: http://members.aon.at/fuenfkirchen/at/frames/start.htm


Weitere Literatur:


05.07.2005