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Litschau


Im Hochmittelalter war Litschau ein Teil der einst reichsunmittelbaren Grafschaft Raabs. Als die Grafen von Raabs 1192/93 ausstarben, kam es zu einer Erbteilung. Das Gebiet von Litschau-Heidenreichstein gelangte durch Heirat der Raabser Erbtochter an den Grafen Gebhard von Hirschberg. Dieser zeichnete sich durch eine eifrige Kolonisationstätigkeit in dieser Grenzregion aus. Obwohl die Burg erst 1260 urkundlich erwähnt wird, dürfte sie bereits bei der ersten Nennung des Dorfes Litschau im Jahr 1215 existiert haben. Man vermutet ihre Erbauung um 1200. Ihre Aufgabe war es, den an ihr vorbeiführenden Handelsweg nach Böhmen zu sichern. Außerdem war sie Verwaltungsmittelpunkt der ausgedehnten Herrschaft. 1282 gab ein anderer Graf Gebhard aus dem Haus Hirschberg die Herrschaft als Lehen an Luitold und Heinrich von Kuenring weiter, kaufte sie aber später zurück und überließ sie 1297 Herzog Albrecht I von Österreich, wodurch Litschau landesfürstlich wurde. In der Folge wurde es aber bald an verschiedene Adelsfamilien, zunächst an die Herren von Klingenberg, verpfändet. In der um 1300 entstandenen Manessischen Liederhandschrift ist ein Minnesänger abgebildet, der sich nach Litschau nannte. 1348 wurden die Herren von Puchheim mit der Herrschaft belehnt. Sie blieben bis etwa 1470 im Besitz der Burg. Anlässlich einer Belehnung der österreichischen Herzoge Wilhelm I und Albrecht IV mit ihren Ländern durch den deutschen König Wenzel fanden 1398 auf der Burg große Festlichkeiten statt. Vier Jahre später sollte der abgewählte König zum Gefangenen seiner Belehnten werden.

In den Hussitenkriegen wurde die Burg erobert und verwüstet. Die 1463 erfolgte Restaurierung verband Sigmund von Puchheim mit einer großzügigen Erweiterung. Damals entstand u. a. die südliche Vorburg. Um 1470 erwarb der kaiserliche Söldnerführer Ulrich von Grafenegg die Herrschaft. Da er aber 1472 auf Seiten des ungarischen Königs Matthias Corvinus stand, verlor er danach seine Besitzungen. 1542 verkaufte Kaiser Ferdinand I Litschau an die Freiherren von Kraig. 1587 erwarb sie der durch die blutige Niederschlagung des niederösterreichischen Bauernaufstandes berüchtigte Wenzel Moratschky von Noskau. Seine Schwarzen Reiter wurden von der niederösterreichischen Bevölkerung zum Teil mehr als die Türken gefürchtet. Im Dreißigjährigen Krieg fielen Burg und Stadt Litschau 1619 durch Verrat des Pflegers Wiesing von Lichtenegg an die Böhmen. Diese konnten erst im nächsten Jahr wieder vertrieben werden. Kurz danach verlor Andreas Freiherr von Moratschky durch Exekution seinen Besitz. Noch 1645 waren Burg und Stadt so gut befestigt, dass es den Schweden nicht gelang, sie einzunehmen. Die Herrschaftsinhaber (u. a. Losenstein, Poiger, Kuefstein) wechselten nun relativ rasch, bis Litschau 1763 von Christian August Reichsgraf von Seilern erworben wurde. Der Verfall der Anlage begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als man das wohnlichere Neue Schloss errichtet hatte. Er setzte sich im 19. Jahrhundert fort. Erst 1888 begann ein Wiederaufbau bzw. Neubau einzelner Teile. 1910 hatte das Ensemble sein heutiges Aussehen erhalten. Die Familie Seilern-Aspang besitzt Schloss Litschau noch heute und benützt es als Wohnsitz und Sitz der Gutsverwaltung.

Die alte Burg und das neue Schloss liegen auf einer Anhöhe am Westrand des kleinen Städtchens über der Vorstadt Seilerndorf. Ältester Teil der Anlage ist der, bergseitig von einem breiten Graben gesicherte Bering. Er stammt noch aus der ersten Bauperiode um 1200 und ist zum Teil noch zweigeschossig erhalten. Der sechsgeschossige runde Bergfried wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. errichtet. Vom Typ her ist er ein sog. Butterfassturm, da sich mit steigender Geschoßhöhe der innere Durchmesser vergrößert und die Mauerstärke abnimmt. Sein Inneres wird nur durch wenige kleine Maueröffnungen erhellt. Im dritten Geschoß erkennt man in 11 m Höhe den Hocheinstieg – ein spitzbogiges Hausteinportal. Es ist nur über eine Leiter erreichbar, war aber früher durch die benachbarten Wohngebäude zugänglich. Der oberste Stock des 25 m hohen Turmes ist als Wehrplattform ausgebildet. Sie ist von einer Zinnenmauer umgeben, vor der sich ursprünglich ein hölzerner vorkragender Wehrgang befand. Von ihm sind aber nur mehr die profilierten Kragsteine erhalten. Das Kegeldach wurde erst anlässlich einer Renovierung im Jahr 1910 aufgesetzt. Aus der Erweiterung des Jahres 1463 stammen der zweigeschossige Westtrakt und der erste Torbau. Die damalige Zugbrücke ist längst durch eine Steinbrücke ersetzt worden. Über dem Tor wurde um 1700 ein barockes Wappen angebracht. Hinter der gotisch gewölbten Torhalle erstreckt sich ein kleiner Zwinger. Danach sichert ein zweiter gotischer Torbau den Zugang zum Innenhof. Die Wohntrakte haben durch ihre Erneuerung weitgehend ihren Burgcharakter verloren. Das lang gezogene zweigeschossige Neue Schloss liegt unter einem Satteldach, das zwei Reihen von Dachgaupen zeigt. Es entstand aus einem anfangs des 18. Jahrhunderts errichteten Wirtschaftsgebäude. Sein Torbogen ist mit 1793 datiert. An der der Stadt zugewendeten Seite springt der 5/8 Schluss der heute profanierten Kapelle vor. Das Innere des Schlosses ist sehr wohnlich eingerichtet.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 12 km nordwestlich von Heidenreichstein

Ort/Adresse: 3874 Litschau

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


22.06.2005