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Kottingbrunn


Die erste Wasserburg dürfte bereits in der Zeit des Babenberger-Markgrafen Adalbert um die Mitte des 11. Jahrhunderts in Holzbauweise errichtet worden sein. Sie wurde nach der Schlacht an der Fischa 1146 von den Ungarn zerstört. Herzog Heinrich II ließ sie um 1150 als Massivbau wieder errichten. Die Ortsbezeichnung Kottingbrunn scheint erst 1576 auf, da der Ort zuvor einfach Brunn genannt wurde. Um 1268 wird ein „Ritter Dietrich von Prunn“ erwähnt, der offenbar hier lebte. Die erste steinerne Wasserburg wurde 1291 in den Kämpfen Herzogs Albrecht gegen den österreichischen Adel und gegen den ungarischen König Andreas III zerstört. 1327 kauften die Brüder Ulrich und Gaitmar – die Stuchse von Bruck – die Wasserburg um 181 Pfund Wiener Pfennige. Das Geschlecht der Stüchse saß hier bis 1375 und nannte sich von Brunn. Sie errichteten den Wirtschaftshof als Vorburg und Zufluchtsort für die Bevölkerung. Danach kamen die Pottendorfer. 1469 verkaufte der oberste Schenk und Landmarschall in Österreich, Georg von Pottendorf, Burg und Herrschaft an den Pfleger von Rauhenstein, Rupert Kreutzer. Seine Tochter heiratete 1484 Gandolf von Kienburg. Ihre Nachkommen hielten Kottingbrunn über 100 Jahre lang. Im Krieg zwischen Kaiser Friedrich III und Matthias Corvinus dürfte Kottingbrunn verwüstet worden sein. Der Wiederaufbau war um 1508 beendet. Beim ersten Türkeneinfall 1529 blieb die Wasserburg unbeschädigt. Zur Zeit der Zweiten Türkenbelagerung Wiens 1683 befand sich das Schloss in einem guten Verteidigungszustand und war „mit Ringmauern, Zwinger, Streitwehre und Wassergraben wohl umgeben“. Dennoch wurde es vollständig niedergebrannt, da es von Franz Sigmund Graf Lamberg aufgegeben und nicht verteidigt wurde. Anschließend wurde es als repräsentativer Herrensitz von Leopold Josef Graf Lamberg wieder aufgebaut, wobei es ein heutiges Aussehen erhielt und mit einem französischen Park umgeben wurde. Er hatte die Brandruine 1688 von seinem Bruder Franz Sigmund erworben.

Vom 17. bis zum Ende des 19. Jh. wechselten die adeligen Eigentümerfamilien ziemlich rasch: Brandis (1637-1661), Lamberg (bis 1740), Colloredo (bis 1751), Dietrichstein (bis 1767), Batthyány-Strattmann (bis 1784), Bartenstein (mehrmals), Bethlen (1869) und Rummerskirch (1877). Die interessanteste Persönlichkeit unter den Besitzern der Herrschaft war aber Peter Ritter von Bohr, dem Kottingbrunn von 1819 bis 1840 gehörte. Er gehörte zu den Gründern der Ersten Österreichischen Sparcassa und der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft. Kaiser Franz I und Fürst Metternich zählten zu seinen Gästen im Schloss. Dennoch endete er wegen Banknotenfälschung im Kerker. Im 19. Jh. war Schloß und Park Kottingbrunn ein beliebter Ausflugsort der Wiener Gesellschaft. 1894 erwarb der österreichische Jockey-Club das Schloss, da in seiner unmittelbaren Nähe eine bedeutende Pferderennbahn angelegt wurde. Als diese in den Jahren der Wirtschaftskrise ihre Bedeutung verloren hatte, wurde das Schloss an Oskar Weiß, dem Besitzer der Brunner Glasfabrik, verkauft. Er wurde 1938 enteignet, seine Erben erhielten aber 1957 das nach dem Krieg von der russischen USIA verwaltete und entsprechend ramponierte Gebäude wieder zurück. Es wurde an mehrere Interessenten veräußert, wurde aber weiter vernachlässigt. Erst der letzte private Besitzer, Heinrich Jezek, begann nach 1981 mit ernsthaften Sanierungsarbeiten. So konnte u. a. die Schlosskapelle, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Hühnerstall verwendet wurde, gerettet werden. 1991 erwarb die Gemeinde Kottingbrunn das Schloss. Nach seiner umfassenden Restaurierung, die 2001 abgeschlossen werden konnte, ist darin das Gemeindeamt, das Ortsmuseum sowie ein Restaurant untergebracht.

Kottingbrunn ist eines der besterhaltenen Spätrenaissance-Wasserschlösser Niederösterreichs. Schloss und Wirtschaftsgebäude sind mit ihren beiden Höfen von einem Wassergraben umgeben. Über eine Brücke gelangt man durch den 1695 fertiggestellten Torturm in den ausgedehnten Wirtschaftshof. Der runde Torbogen dieses zweistöckigen Turms wird von toskanischen Pilastern eingefasst. Ihn schmückt ein gesprengter Dreiecksgiebel mit einem rechteckigen vermauerten Fenster. Darüber befindet sich ein weiteres Fenster sowie eine Uhr. Ein achtseitiger Zwiebelhelm mit einer Laterne schließt den Turm ab. Den viereckigen Hof umgaben zweigeschossige Wirtschaftsgebäude, von denen das östliche 1957 abgerissen wurde. Eine von zwei steinernen Doggen flankierte Steinbrücke führt von diesem Hof in das dreigeschossige Hauptschloss. Es ist um einen rechteckigen Hof angelegt. An seiner Südseite ist ein Brunnen angebracht, den die Maske eines Flussgottes als Wasserspeier ziert. Darüber befindet sich ein Doppelwappen mit der Inschrift „Gandolf von Kienburg – Cordula Kreutzerin 1508“. Die siebenachsige Ostfront des Hauptgebäudes, in der sich auch das mit toskanischen Pilastern verzierte rundbogige Eingangstor befindet, ist an den beiden Ecken durch Türme verstärkt. Sie sind viereckig und mit Zwiebelhelmen gekrönt. Die glatte Fassade wird horizontal durch flache Geschoßgurten gegliedert. Die Gebäudeecken werden durch eine gefärbelte Ortbänderung hervorgehoben. Durch den fünfachsigen Westtrakt führt ein Korbbogentor auf eine Terrasse, an deren beiden Enden sich kleine, turmartige, quadratische Pavillons befinden. Auch sie sind mit Zwiebelhelmen gedeckt. Leider wurde diese Terrasse in jüngster Zeit ziemlich unpassend verglast. Sie dient dem dahinter liegenden Schlossrestaurant als zusätzlicher Speisesaal. Das herrschaftliche Stiegenhaus liegt im nördlichen Gebäudeflügel. Im Südtrakt befindet sich die dem hl. Nikolaus geweihte Kapelle. Der Altarraum dürfte 1364 errichtet worden sein. Ihre Wände und die kreuzgewölbte Decke sind mit schweren Stuckarbeiten und Fresken verziert. Die Wände sind außerdem durch ionische Pilaster gegliedert. Der Hochaltar stammt aus dem Jahre 1690 und wurde unter Leopold Josef Graf Lamberg errichtet. Die Figuren beiderseits des Altares stellen ihn und seine Gattin Katharina Eleonora von Sprinzenstein dar.

Lage: Niederösterreich/Wiener Becken – ca. 2 km südöstlich von Bad Vöslau am Ostrand des gleichnamigen Ortes.

Besichtigung: Eine Besichtigung der wichtigsten Räume ist möglich.


Weitere Literatur:


27.08.2002