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Waldreichs


Waldreichs war im 13. Jahrhundert Sitz einer kleinadeligen Familie, die sich nach der Burg nannte. 1258 wird ein Rapoto de Waltreches als Zeuge in einer Urkunde des Stiftes Zwettl erwähnt. Der kleine Wehrbau dürfte im Zuge der Rodung des nördlichen Waldviertels errichtet worden sein. Er war Teil einer Burgenkette, die das Kamptal vor Einfällen aus dem Norden sichern sollte. Um 1400 scheinen verschiedene Lehensträger der Herren von Maissau auf. Der 1420 genannte Kaspar der Renwort von Waldreichs war Pfleger von Weitra. Im zweiten Viertel des 15. Jh. dürften die Burgherren auf die schiefe Bahn gekommen sein, denn um 1447 wurde die Burg neben einigen anderen als Raubnest bezeichnet und von einem ständischen Aufgebot belagert, eingenommen und zerstört. Bald danach wurde sie aber wieder aufgebaut. Die Herren von Waldreichs wurden exkommuniziert. 1450 saß hier Hans Harracher, der die Feste einige Jahre später an Vinzenz Stodoligk verkaufte. Dieser stellte sich 1474 auf die Seite von Matthias Corvinus und schickte einen Absagebrief (eine Art Kriegserklärung) an Kaiser Friedrich III. Überraschenderweise schadete ihm dies nach der Vertreibung der Ungarn aus Niederösterreich nicht. Er blieb weiterhin mit Waldreichs belehnt. Eustach Stodiligk baute 1530/34 die alte Burg in ein mächtiges Renaissance-Wasserschloss um. 1533 erhielt er die Herrschaft als freies Eigen. Die nächsten Besitzer waren die Familien Haymsran-Goldt (bis 1550), Siegmund Woytich (1557) und die Freiherren von Althan (ab 1563).

1620 wurde das Schloss von kaiserlichen Truppen besetzt und in Brand gesteckt. Eugenie von Althan verkaufte es 1624 an den Freiherrn Ehrenreich von Kainach, der es aber bereits vier Jahre später an Georg Andre von Kronsegg weitergab. Zwischen 1638 und 1815 hatte das Schloss nicht weniger als 12 verschiedene Besitzer, darunter bekannte Adelsfamilien wie Grundemann, Kielmannsegg, Sickingen oder Stiebar. Dann kaufte Freiherr Heinrich von Pereira-Arnstein die Herrschaft und vereinigte sie mit seinen Besitzungen Allentsteig, Wetzlas und Dobra. Schloss Waldreichs wurde nicht mehr bewohnt und verfiel. 1940 gelangte es an das Deutsche Reich, das in unmittelbarer Nähe den großen Truppenübungsplatz Allentsteig-Döllersheim einrichtete. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss vom Staat übernommen, war aber bereits so ruinös, dass es als verloren galt. Es wurde jedoch in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts von der Windhag’schen Stipendienstiftung, der es seit 1959 gehört, wieder instand gesetzt und dient ihr seit 1990 als Sitz des Forstamtes Ottenstein. Die Stiftung wurde bereits 1670 durch Joachim Graf Windhag gegründet und erfüllt noch heute ihren Stiftungszweck, begabte und bedürftige Studenten zu unterstützen. Im Zusammenhang mit der 2001 hier durchgeführten niederösterreichischen Landesausstellung wurden die Gebäude aufwändig restauriert. Jedes Jahr finden in Waldreichs Ausstellungen über land- und forstwirtschaftliche Themen statt. In der Vorburg ist eine Schlossschenke untergebracht.

Das Schloss liegt auf einer flachen Hochebene über dem Kamptal. Von der ursprünglich romanischen Wasserburg des 13. Jahrhunderts hat sich nichts erhalten. Der größte Teil der Baulichkeiten geht auf die Umbauten von 1530/34 zurück. Das Hauptgebäude ist ein mit schlanken Rundtürmen an den Ecken besetzter Vierkanter um einen rechteckigen Hof. Es ist noch vom breiten, heute aber trockenen Graben umgeben. Ältester Teil der Anlage ist der Rest der von Hans Harracher 1450 errichteten spätgotischen Wasserburg, der im Südostteil des Hauptschlosses steckt. Dazu gehören auch die angebaute zweigeschossige Kapelle und der bergfriedartige Rundturm an der Ostecke. Er ist der größte der vier Türme und mit zahlreichen Schießluken für kleine Geschütze ausgestattet. Maximilian Adam von Volkher ließ 1669 die bereits halb verfallene Kapelle wiederherstellen. Sie enthält die Reste eines 1721 errichteten barocken Stuckaltars, der vermutlich von einem italienischen Künstler geschaffen wurde. Auch die Stuckarbeiten an den Wänden weisen auf eine einst prächtige Ausstattung hin. Eine mit 1543 datierte Steinkanzel, die 1797 aus Döllersheim hierher gebracht wurde, ist seit 1945 verschollen. Die gewölbte Decke ist bereits zu Beginn des 20. Jh. eingestürzt. Das einfach profilierte Gewände eines Portals an der Kapellenfront ist mit 1534 bezeichnet und mit einem Wappen versehen. Die Rundtürme machen mit ihren spitzen Kegeldächern und tiefen Trichterscharten zwar immer noch einen wehrhaften Eindruck, hätten aber schon zum Zeitpunkt ihrer Erbauung einer längeren Belagerung kaum widerstehen können. Im Hof des Hauptschlosses hat man die alte Zisterne wieder freigelegt. Der Osttrakt ist drei-, die übrigen Trakte sind nur zweigeschossig. Die Innenräume sind im Erdgeschoß gewölbt und im Obergeschoß flach gedeckt. Sie waren durch im Hof vorgelegte Gänge zugänglich. Die 1563 im Südosten des Hauptschlosses erbaute Vorburg ist von diesem durch einen breiten Zwinger getrennt. Auf Grund ihres unregelmäßigen Grundrisses, ist es möglich, dass sie bereits eine mittelalterliche Vorgängerin hatte. Von der Vorburg ist eigentlich nur mehr der Wirtschaftshof erhalten. In einem Zimmer haben sich Wandmalereien erhalten, die aus der Zeit zwischen der ersten Hälfte des 18. und der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Der Zugang zum Schloss erfolgt durch eine rustizierte äußere Portalanlage. Sie besteht aus einem großen Korbbogentor und einer Fußgängerpforte. Beide Eingänge waren durch Zugbrücken gesichert. Sie liegen im Schutz eines gedrungenen dreigeschossigen Rundturms, dessen Stückscharten im ersten Obergeschoß nur noch als Fenster vorhanden sind, während jene im Parterre und im zweiten Stock rekonstruiert wurden. Vor dem Torbau steht eine Nepomukstatue aus dem Jahr 1717.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 15 km östlich von Zwettl

Besichtigung: vom 1. Mai bis 26. Oktober täglich (außer Mittwoch) von 09.00 bis 18.00

Homepage: www.waldreichs.at


Weitere Literatur:


26.04.2005