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Pottschach


Schon im Frühmittelalter bestand auf einer Anhöhe im Westen des Schlosses eine Fluchtburg für die umliegende Bevölkerung. In einer Urkunde des Eckbert II von Pitten aus dem Jahr 1134 scheint sein Gefolgsmann Guntherus de Potsaha als Zeuge auf. 1163 wird ein Dietricus de Potsa als Ministeriale der steirischen Ottokare erwähnt. In den acht Jahren, in denen die Herren von Kranichberg auch Pottschach besaßen, saß um 1250 hier Potzmannus de Potschako, dem der kleine Ort Putzmannsdorf seine Gründung und seinen Namen verdankt. Die damalige Wasserburg Pottschach soll 1395 durch Hans von Pottschach erbaut worden sein. Wegen ihrer Nähe zur Straße über den Semmering war sie von strategischer Bedeutung. Im 15. Jahrhundert saßen hier die Fronauer, Krottendorfer und Hagen, doch war die Burg unter den letzteren zeitweise von den Ungarn unter ihrem Hauptmann Wilhelm von Tettaw besetzt. Balthasar Hagen hatte 1493 die Burg von Kaiser Friedrich III als freies Eigen erworben. Hans und Wolfgang von Hagen mussten nach einem langwierigen Streit 1542 die Burg an Bernhard Ursenbeck verkaufen. Seine Reliefgrabplatte befindet sich in der benachbarten einstigen Wehrkirche. Bedeutendster Vertreter der Familie Ursenbeck (Urschenpöck) war der Freiherr Georg Bernhard, zu dessen zahlreichen Besitzungen u. a. auch Rodaun und Sievering sowie Klamm und Neunkirchen zählten. Er war Reichshofrat und Landmarschall. Im Herzogtum Steiermark hatte er das Amt eines Obersterblandstabelmeisters inne. Unter ihm wurde die alte Burg 1573 weitgehend abgerissen und auf ihren Grundmauern das heutige Renaissanceschloss erbaut. Wegen der latenten Türkengefahr wurde es mit Türmen und Wehrgängen befestigt. Franz Bernhard von Ursenbeck wurde 1650 in den Grafenstand erhoben. Graf Christoph David, der letzte aus der Familie Urschenpöck verkaufte 1687 die Herrschaft an den aus einem alten Südtiroler Adelsgeschlecht stammenden Freiherrn Daniel von Pach. Über dessen Frau und deren Stieftochter aus zweiter Ehe kam Pottschach an deren Gatten Johann Franz Anton Graf von Walsegg. Schloss und Herrschaft blieben bei den Walseggern bis 1830. Dann wurden beide an Fürst Johann I von Liechtenstein verkauft. Das Schloss wurde nicht mehr bewohnt, vernachlässigt und diente bald als Getreidespeicher. Erst als es 1865 bereits einer Ruine glich, wurde es unter Fürst Johann II wieder instand gesetzt. In den 70er Jahren des 19. Jh. ließ Fürstin Franziska von Liechtenstein den Wassergraben auffüllen und einen Vorbau schleifen. 1882 wurde das Schloss verkauft und ging vorerst in rasch wechselnden Privatbesitz über. 1891 kaufte Dr. Eduard Figdor den Bau und ließ ihn wieder auf Glanz bringen und neu ausstatten. Er ist auch heute noch im Besitz seiner Nachkommen, der Familie Burtscher.

Dem Schloss ist ein großer Wirtschaftshof vorgelagert. Zwischen ihm und dem Wohngebäude ist ein Teil des ehemaligen Wassergrabens zu erkennen. Die übrigen Seiten des Schlosses sind von einer heute teilweise verfallenen Wehrmauer umgeben, an deren Ecken vier Türme stehen. Drei sind rechteckig, der vierte und älteste (14. Jh.) fünfeckig. Dr. Eduard Figdor versah ihn mit einer neoromanischen Freitreppe und richtete in ihm seine Bibliothek ein. Das dreigeschossige Hauptgebäude ist heute von Pflanzen völlig überwachsen, so dass sein Sgraffitoschmuck (Fensterrahmungen und Baluster unter dem Dachansatz) kaum sichtbar ist und der einstige Wehrcharakter nur wenig zur Geltung kommt. Das Schloss ist mit einem hohen Krüppelwalmdach gedeckt. Im Attikageschoß verläuft eine Reihe von Schießscharten für kleine Geschütze und Spähfenster. Im ersten Stock springt ein dreiseitiger Erker aus der Fassade vor. Die Gebäudeecken sind in Dachhöhe mit kleinen Scharwachtürmchen besetzt. Auch die kleinen Lichtöffnungen im Erdgeschoß weisen darauf hin, dass der Renaissancebau zwar aus Gründen der Wohnlichkeit geschaffen wurde, man aber auf wehrtechnische Einrichtungen noch nicht ganz verzichten konnte. Die Wohnräume in den beiden Obergeschossen werden bereits durch größere rechteckige Fenster beleuchtet. Das stuckierte Netzrippengewölbe der quadratischen Eingangshalle wird von einer starken toskanischen Säule gestützt. An den Schnittpunkten der spätgotischen Stuckrippen erkennt man kleine Wappenschilder, die durch profilierte Stuckbänder verbunden sind. Durch ein schönes Renaissanceportal gelangt man von hier zu einer Stiege, die in die Halle des ersten Stocks führt. Während die hier befindlichen Räume meist tonnengewölbt sind, besitzt ein Eckzimmer eine alte Tramdecke, deren Balken mit gedrehten Taumustern verziert sind. Die Räume des zweiten Stocks haben vorwiegend Holzdecken. Die südöstlich des Schlosses liegende ehemalige Schlosskirche war einst mit ihm durch einen Wehrgang verbunden. An ihren Wänden sind mehrere Marmor-Grabplatten der einstigen Schlossherren angebracht.

Lage: Niederösterreich/Alpenvorland – im Ortsteil Pottschach der Stadt Ternitz

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


18.04.2005