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Gars


Gars ist eine der ältesten Burganlagen Österreichs. Mit dem Bau der Feste hatte wahrscheinlich schon Markgraf Adalbert von Babenberg begonnen, nachdem er bei seinem Vorstoß zur Thaya 1041 die benachbarte slawische Ringwallburg auf der Holzwiese erobert und zerstört hatte. Sein Enkel, Markgraf Leopold II (der Schöne), ließ sie nach seinem Bruch mit Kaiser Heinrich IV und besonders nach seiner Niederlage in der Schlacht bei Mailberg gegen die Böhmen (1081) wehrhaft und wohnlich ausbauen. Nachdem er den bisherigen Babenbergersitz Melk verlassen hatte, diente ihm die Garser Burg von 1075 bis 1095 als pfalzartige Residenz. Sie bestand aus einem Festen Haus, das von einer Ringmauer umgeben war. Leopold II soll in der romanischen Burgkapelle im Südturm begraben worden sein, was aber von manchen Historikern bezweifelt wird. Sein Sohn, Leopold III (der Heilige), der niederösterreichische Landespatron, wurde in der Burg geboren. Er verlegte seine Residenz nach Klosterneuburg, hielt hier aber um 1120 ein großes Landtaiding ab. Gars war ein wichtiger Stützpunkt für die Kolonisierung des Waldviertels. Bereits 1114 scheint als Verwalter der landesfürstlichen Burg ein Erchenbert als Gorzensis castellanus auf. Er ist der erste bekannte Vertreter der Burggrafen von Gars, die später zu einer der bedeutendsten Ministerialenfamilien der Babenberger und Habsburger aufstiegen. Sie dürften ein Zweig der Kuenringer-Familie gewesen sein. 1190 begleitete ein Rudwin von Gors Herzog Leopold V auf einen Kreuzzug ins Heilige Land. 1367 starben die Burggrafen von Gars aus. Zu ihrer Zeit entstand die zweite Ringmauer mit zwei Türmen und dem mächtigen achteckigen Bergfried. Auch die Gertrudskirche wurde damals errichtet.

1373 kam Gars durch einen Teilungsvertrag zwischen Dorothea von Gars und Heidenreich von Maissau an letzteren. Die Maissauer blieben bis 1430 Inhaber der Herrschaft. Danach wurde sie von den Landesfürsten meist als Pfandbesitz vergeben. Zu den Pfandherren zählten die Familien Fronauer, Eytzing, Lamberg (1535 – 1546), Neidegg und Teufel (1548 – 1608). Georg Teufel ließ 1548/49 und 1576 größere Um- und Ausbauten vornehmen. Dabei entstanden das große Renaissanceschloss sowie die Toranlage. Georg war Stadtkommandant von Wien und Präsident des Hofkriegsrates. Sein lebensgroßer Epitaph ist, so wie der anderer Burgherren, in der Gertrudskirche erhalten.1622 erhielt Vinzenz Muschinger, der als Heereslieferant zu großem Vermögen gekommen war, die Herrschaft als freies Eigen. Zwischen 1667 und 1701 gehörte sie den Freiherren von Oppel, die etliche Neubauten ausführen ließen. Danach kam sie in den Besitz des Grafen Leopold Ferdinand Anton von Rottal, der ebenfalls den weiteren Ausbau vorantrieb. Die nächsten Eigentümer waren die Freiherren von Rumel, Heinrich von Wallhorn und die Grafen Fuchs, doch hatte der langsame Verfall der wehrtechnisch längst wertlosen Burg bereits eingesetzt. Brände richteten 1742, 1781 und 1809 große Schäden an. Der letzte geht auf die Garser Bevölkerung zurück, die die Burg anzündete, damit die anrückenden Franzosen sie nicht besetzen konnten. Die Gebäude waren aber bereits um 1800 abgedeckt worden, um der Dachsteuer zu entgehen. 1829 kam Gars an die Familie Croy, bei der es bis 1966 verblieb. Die Ruine gehört heute der Marktgemeinde Gars, die sie vom letzten privaten Besitzer, Dkfm. Fritz Bogner, erwarb. Im Sommer finden im Hof der Kernburg qualitätvolle Opernfestspiele statt. Die hiefür erforderlichen Adaptierungen, wie die Errichtung einer großen Tribünenanlage, haben allerdings das optische Erscheinungsbild der Kernburg stark beeinträchtigt.

Der über dem Ort aufragende Schlossberg bot sich mit seinem Gipfelplateau zur Anlage einer ausgedehnten Burg direkt an. Der weitläufige Baukomplex erstreckt sich über drei Höhenstufen. Ältester Bauteil dürfte das am höchsten Punkt, innerhalb einer halbrunden Ringmauer, errichtete Feste Haus sein. Der einst viergeschossige Bau weist eine Grundfläche von 18 x 11 m und eine Mauerstärke von 2,1 m auf. Auf Grund des sorgfältig verlegten Bruchsteinmauerwerks wird seine Errichtung in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts vermutet. Das Feste Haus ist durch eine 10 m hohe und 1,5 m starke innere Ringmauer geschützt. Diese Kernburg war bereits im Hochmittelalter von einem umlaufenden Graben umgeben, der erst wesentlich später zugeschüttet wurde. Die mit einer Gesamtlänge von rund 330 m gewaltige äußere Burgmauer entstand zum größten Teil in der ersten Hälfte des 13. Jh. Die Angriffsseite im Nordwesten wurde durch einen achteckigen Bergfried von 21 m Höhe und 10 m Durchmesser geschützt. Er wurde später auch als Diebsturm bezeichnet, da sich hier das Verlies befand. Sein Mauerwerk besteht aus schön bearbeiteten Quaderblöcken. Der ursprüngliche Hocheinstieg befindet sich in 7 m Höhe. Er ist von großen Steinpfosten gerahmt. 1709 wurde der Bergfried im Erdgeschoß, wo sich zuvor das Verlies befand, durchbrochen, um eine direkte Verbindung vom Nordtor zur Hochburg zu schaffen. Auf diesen Umbau weist das hofseitig über dem Torbogen angebrachte Wappen des Grafen Leopold Ferdinand Anton von Rottal hin. Dem Turm wurde im 17. Jh. eine in den Graben vorspringende Bastion vorgelagert. Schon im 15. Jh. wurde der zentrale Felskopf mit dem Festen Haus als repräsentativer Wohnbereich ausgebaut. Als neuer Palas entstand der heute zweigeschossige, 38 m lange und 10 m breite Südtrakt.

Im Südosten der sich auf einer tieferen Terrasse hinziehenden Außenmauer erkennt man noch die an der Bering angebauten spärlichen Reste eines tonnengewölbten Torbaues, der im Obergeschoß die romanische Pankratiuskapelle enthielt. Diese war ein nahezu quadratischer zweijochig gewölbter Raum, dessen Apsis als Erker nach Norden vorkragte. Oberhalb des tonnengewölbten Tores war ein Wehrgang mit gemauerter Brustwehr angelegt. Der über dem Burgtor und der Kapelle im 14. Jh. errichtete sog. Fleischerturm wurde später mit runden Renaissancezinnen geschmückt. 1781 wurde er durch Blitzschlag zerstört, so dass von ihm nur mehr ein Mauerzahn übrig blieb. An die Kapelle schloss im Westen ein repräsentativer mehrgeschossiger Saalbau von 11 x 22 m. Von ihm sind ebenfalls nur mehr Reste vorhanden. Der westliche Teil der Außenmauer war durch zwei, nach innen offene, viereckige Türme verstärkt. Große Teile des Berings wurden ab dem Spätmittelalter durch Neubauten ersetzt oder verändert. Kurz vor 1600 entstand als Folge des gesteigerten Wohnbedarfs der 56 m lange dreigeschossige Renaissance-Schlosstrakt an der Nordostfront. Seine 17-achsige Außenfront ist dem Ort zugewandt, von dem aus die Feste in den letzten beiden Jahrhunderten eher den Eindruck einer ausgebrannten Fabrik als einer mittelalterlichen Burg machte. Erst ab 1976 wurde dieser Bauteil wieder gedeckt und dient seither als Gaststätte. Im Inneren haben sich Reste des Stuckdekors erhalten. Zur Babenbergerresidenz gehörte auch die auf einer Terrasse am ursprünglichen Burgweg unterhalb der äußeren Ringmauer liegende St. Gertrudskirche. Sie war zugleich Burg- und Pfarrkirche. Der romanische Bau wurde im 13. Jahrhundert erweitert. Im 17. Jh. wurde er nochmals umgebaut. Die Kirche und der alte Friedhof waren durch eine eigene Ringmauer mit der Burg verbunden. An ihrer Stelle befand sich ursprünglich eine geräumige Vorburg.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – oberhalb des Ortsteiles Thunau

Ort/Adresse: 3571 Gars am Kamp

Besichtigung: jederzeit möglich


Weitere Literatur:


10.04.2005