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Windischgraetz-Villa


Das kleine Palais wurde wahrscheinlich im ersten Viertel des 19. Jh. für die Familie Lederer-Trattner errichtet. Das genaue Entstehungsjahr und der genaue Name des Bauherrn lassen sich nicht mehr ermitteln. Hütteldorf war in der Biedermeierzeit eine beliebte Sommerfrische. Die vorerst eingeschossige Villa diente daher zuerst lediglich als Sommerresidenz. Von 1891 bis 1898 war sie im Besitz des Herrn Rudolf Hlawatsch, der sie dann an August Ritter von Miller-Aichholz verkaufte. Der neue Eigentümer ließ den Bau 1899 nach Plänen des Baumeisters Franz Abele aufstocken sowie ein neues Stiegenhaus, eine Terrasse und eine Loggia errichten. Damals wurden auch die Fassaden verändert und an der Schmalseite ein Erker angefügt ohne dass dadurch der biedermeierliche Charakter des Hauses beeinträchtigt worden wäre. Sein äußerer Baubestand blieb trotz mancher Adaptierungen im Inneren bis heute erhalten. 1929 erwarb Fürstin Elisabeth Marie Windisch-Graetz, die Tochter des österreichischen Kronprinzen Rudolf und Enkelin Kaiser Franz Josephs, die Villa. Sie ließ sie mit kostbarem Mobiliar aus ihrem bisherigen Wohnsitz Schloss Schönau und ihrer Wohnung in der Marxergasse ausstatten. Besondere Pflege ließ die Erzherzogin dem großen Park angedeihen. Mit seinem reichen Bestand an Silberfichten, Zedern und Kastanienbäumen, sowie einer uralten Blutbuche war er eine Sehenswürdigkeit. 1945 quartierten sich russische Soldaten in der Villa ein und hausten hier mehrere Monate. Danach zog der französische Hochkommissär General Béthouart ein. Das Haus wurde requiriert und erst 1955 wieder freigegeben. Die ehemalige Erzherzogin und ihr zweiter Gatte, der sozialistische Politiker Leopold Petznek, mussten nun das Gebäude renovieren und teilweise neu einrichten. Die prächtige Innenausstattung wurde nach dem Tod der Fürstin (1963), die wegen ihrer Unterstützung der Sozialistischen Partei auch als Rote Erzherzogin bezeichnet wurde, verkauft, soweit sie nicht österreichischen Museen übergeben wurde. Die Villa selbst war bereits im Jahr zuvor an die Gemeinde Wien verkauft worden, wobei sich die Fürstin das lebenslängliche Nutzungsrecht zusichern ließ. Ihr Sohn, Prinz Franz Joseph Windisch-Graetz, erbte den größten Teil des Parks, den er 1966 ebenfalls an die Gemeinde Wien veräußerte. 1969 wurde in der restaurierten Villa ein Kommunalwissenschaftliches Dokumentationszentrum eingerichtet. Derzeit ist sie an eine internationale Organisation vermietet. Die Innenräume wurden zuletzt 1995 neu adaptiert.

Die Villa wendet ihre Schaufront der Gartenseite zu. Die Fassade der straßenseitig zweigeschossigen Villa wird durch einen weit vortretenden Mittelrisalit betont, der von einem einfachen Giebel gekrönt ist. Sein gartenseitiges Gegenstück zeigt Venus und Adonis. Die Altane an der Gartenfront ruht auf toskanischen Säulen mit hohen Basen. Zur Zeit der Erzherzogin betrat man das Gebäude seitlich durch eine prachtvoll eingerichtete Halle, in der ein riesiger ausgestopfter Braunbär die Besucher empfing. Im Stiegenhaus ist noch das ursprüngliche Schmiedeeisengeländer erhalten. Von den zahlreichen Räumen waren vor allem der Terrassensalon, der in den Park hinausführte, und das Speisezimmer zu nennen, das für 24 Personen Platz bot. Die Bibliothek, der Canova-, der Empire- und der Renaissancesalon waren wie die übrigen Räumlichkeiten mit Kostbarkeiten ausgestattet. Unter den Gemälden befanden sich Werke von Waldmüller, Amerling, Schindler und Rudolf von Alt. Der Wintergarten beherbergte zahlreiche exotische Pflanzen. An Nebengebäuden gab es ein Pförtnerhaus, eine von Pflanzen umrankte Pergola und einige Glashäuser. Auf der Anhöhe des riesigen Areals stand eine Gloriette, ein auf Säulen ruhendes Gartenhäuschen. Dies alles ist nicht mehr vorhanden. Geblieben sind einige Decken mit zartem Empire-Stuck, ein paar alte Kachelöfen und die schöne Holzdecke im ehemaligen Terrassensalon. Das einst 27.000 m² große Parkgelände mit seinem Goldfischteich und zahlreichen Steinfiguren ist heute auf ca. 5.000 m² zusammengeschrumpft. Auf dem restlichen Areal steht seit 1969 eine große Wohnhausanlage der Stadt Wien.

Ort/Adresse: 1140 Wien, Linzer Straße 452

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


28.03.2005