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Purgstall


Kurz nach 1100 erhielt ein Zweig der Hochfreien von Lengenbach von den Regensburger Bischöfen die Herrschaft Purgstall übertragen. Die Burg dürfte noch von Vögten des Bistums erbaut worden sein. Bereits 1121 nannten sich die Brüder Hartwig, Heidenreich und Otto nach ihr. 1212 wird Siegfried Eisenbeutel als Zeuge einer in der Burg ausgestellten Urkunde genannt. Er war ein Ministeriale der Grafen von Peilstein. Im späten 13. Jahrhundert wurde der Besitz geteilt. Bis 1375 scheinen die Familien Eisenbeutel und Häusler als Inhaber auf. Heinrich von Wallsee erwarb 1375 und 1387 beide Teile. Die Wallseer waren vermutlich die Bauherren der Schlosskapelle. Reinprecht III von Wallsee hinterließ 1483 eine Tochter, die einen Grafen Schaunberg heiratete. 1492 verkaufteSiegmund Graf von Schaunburg für sein Mündel Georg die Herrschaft an den eben aus der Krain eingewanderten Ritter Volkhard von Auersperg. Von hier aus begann der Aufstieg der Familie Auersperg, der seinen Höhepunkt 1653 mit der Erhebung in den Fürstenstand fand. Bemerkenswert ist die Familiengruft in der Pfarrkirche von Purgstall. Die Marmortumba des Freiherrn Volkhard von Auersperg und seiner Gattin Elisabeth zählt zu den wenigen erhaltenen Hochgräbern Österreichs. Zwischen 1568 und 1785 war die Herrschaft geteilt. Die rekatholisierte Linie wohnte im Altschloss, während die protestantisch gebliebenen Auersperg das Neuschloss bevorzugten. Georg Wilhelm von Auersperg gehörte zu jenen militanten Protestanten, die in der Schlacht am Weißen Berg ihr Leben ließen. Die heutige Schlossanlage entstand vorwiegend im 16. Jh. doch wurde auch in den folgenden Jahrhunderten noch viel im Schlosshof gebaut. 1683 konnten die Auersperg Purgstall erfolgreich gegen die Türken verteidigen. Die 1843 teilweise in die Erlaufschlucht abgerutschten Bauten der Ostseite wurden bald erneuert und mit Pfeilern bzw. Futtermauern abgestützt. 1859 heiratete Auguste Sophia Fürstin Auersperg Hermann Graf Schaffgotsch, wodurch die Herrschaft an dessen Familie gelangte. Einer Marmortafel zufolge, ließ Eugenie Gräfin Schaffgotsch im Jahr 1900 den Anbau an der Westfront errichten. Einer der Grafen war ein bekannter Botaniker und gestaltete den Schlosspark zu einer Sehenswürdigkeit um. Auf die Schaffgotsch folgte 1934 die Familie Florian, die auch heute noch Eigentümer von Schloss und Gut Purgstall ist.

Purgstall ist die bedeutendste Schlossanlage des Erlauftales. Sie liegt auf einer durch die Mündung des Feichsenbaches in die Erlauf geschaffenen Halbinsel. Ihr annähernd dreieckiger Grundriss ist daher geländebedingt. Die beiden Wasserläufe konnten früher über sieben Brücken bzw. Stege überquert werden. Die dem Markt zugekehrte Landseite war durch zwei Halsgräben gesichert, zwischen denen sich ein großer Wirtschaftshof befand. Heute ist dieser Bereich parkähnlich gestaltet. Mit Ausnahme der Südseite ist das Schlossareal von einem Zwinger umgeben, der aber durch nachträgliche Verbauungen vor allem an der Erlauffront teilweise stark eingeengt ist. Betritt man die Anlage von der Marktseite her, so passiert man zuerst mehrere Stall- und Speichergebäude, die zum Teil aber erst aus dem 20. Jh. stammen. In der Ecke zwischen dem ersten Halsgraben und der Erlaufschlucht steht ein aus Bruchsteinen erbauter zweigeschossiger, rechteckiger Wehrturm. Über den fast 10 m tiefen zweiten Halsgraben führt eine Steinbrücke zum Südportal des Hauptschlosses. Die Innenwand des Grabens wird durch die Außenmauer des Schlosses gebildet. Dahinter zieht sich im Erdgeschoß in ganzer Frontlänge ein Wehrgang entlang. An der Südwestecke des Schlosses steht ein Rundturm aus der Zeit um 1600, der den Südtrakt um ein Geschoß überragt und mit einem Kegeldach versehen ist. Unterhalb der Dachtraufe ist er mit einem verschränkten Rundbogenfries verziert. Der zur Erlauf führenden Ringmauer sind vier, über den Halsgraben vorkragende, zweigeschossige Wehrerker mit Schießscharten angebaut.

Die Fassade des einachsigen Torturmes ist mit einer spätromanischen Buckelquaderung aus der Mitte des 13. Jh. ausgestattet. Man erkennt noch, dass das Tor einst als zusätzliche Sicherung ein Fallgatter besaß. Der Bereich über dem Torbogen ist mit drei gemalten Wappen geschmückt. Das dazugehörige Schriftband weist auf Sigmund Niclas Freiherrn von Auersperg hin, der oberster Erbkämmerer in Krain und der Windischen Mark war. Die Fußgängerpforte neben dem Hauptportal wurde später vermauert. Durch die tonnengewölbte und mit Sitznischen ausgestattete Einfahrt gelangt man in den malerischen Innenhof. Dieser zählt zu den schönsten seiner Art in Niederösterreich. In seiner Südwestecke liegt die von Gebäuden weitgehend umbaute Schlosskapelle Mariahilf. Lediglich der 5/8-Schluss des gotischen Chores ist mit drei hohen Maßwerkfenstern und einem Strebepfeiler sichtbar. Das Kreuzrippengewölbe wird von dünnen Halbsäulen gestützt, die Blattkapitäle aus dem 14. Jahrhundert tragen. Die kleeblattartigen Schlusssteine zeigen verschiedene Wappen. Die Empore gegenüber dem Altar ist mit 1493 bezeichnet. Interessant ist auch das zweigeschossige zinnengekrönte Sakramentshäuschen vom Ende des 15. Jh. Die von der Kirche zum nördlichen Torturm führende mittelalterliche Westmauer ist sowohl hofseitig, als auch außen weitgehend verbaut. Die dortigen Gebäude haben im Erdgeschoß durchwegs gewölbte Räume. Neben der Kirche liegt ein Bau, der einen auf Konsolen sitzenden Flacherker mit zwei Steinwappen zeigt. Anschließend kommt ein Haus mit zweigeschossigen Arkaden. Über den beiden breiten Bögen des Erdgeschosses liegen vier schmälere im Obergeschoß.

Das folgende Hauptgebäude weist drei Etagen und ein Vollwalmdach auf. Es wurde an der Stelle des einstigen Palas errichtet. Ein ehemaliger Turm wurde später auf drei Geschosse reduziert und unter das Dach des Wohngebäudes integriert. Der nördliche, zweigeschossige Torbau stammt aus der Zeit, als die Herrschaft auf zwei Linien der Auersperg aufgeteilt war und sowohl die Besitzer des Altschlosses, als auch jene des Neuschlosses auf einen eigenen Zugang bestanden. Das rustizierte Korbbogenportal zeigt noch die Rollenschlitze der ehemaligen Zugbrücke. Es wird von toskanischen Doppelpilastern flankiert. Über dem geraden Architrav befindet sich in einem gesprengten Giebel ein pilastergerahmtes Doppelfenster. Unter der Dachtraufe verläuft ein gemalter Triglyphenfries. Der restliche Teil der kurzen Nord- und ein Teil der Ostfront werden von der Schildmauer gebildet, der nachträglich zweigeschossige Arkadengänge vorgelagert wurden. Anschließend stehen zwei zweigeschossige Bauten unter einem gemeinsamen Dach. Das nächste Gebäude wurde an beiden Seiten der Ringmauer angebaut. Hofseitig zeigt es im Obergeschoß einen langen Arkadengang. Die Bogen des Erdgeschosses wurden in späterer Zeit vermauert. Nahe der Südostecke des Hofes führt durch einen dieser Bögen eine Durchfahrt zu einer heute nicht mehr existierenden Brücke über die Erlauf. An der Südseite ragt ein dünnwandiger gotischer Treppenturm (um 1500) über die Dachtraufe des dreigeschossigen Traktes empor. Er wird beidseitig von gedeckten Treppen flankiert, die zu verschiedenen Stockwerken des Turmes führen. Unter den Innenräumen ist eine Rauchküche mit wuchtigem Rundschlot (um 1580) interessant. Ein spätgotischer Vorraum zeigt ein wappengeschmücktes Schlingrippengewölbe sowie ein Schulterbogenportal unter einem Wappenrelief mit einem stark restaurierten Tanzpaar. Im Mitteltrakt der Ostfront findet man noch Seccomalereien mit Stillleben, Landschaften und chinesischen Motiven aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts.

Lage: Niederösterreich/Eisenwurzen – ca. 10 km südlich von Wieselburg

Ort/Adresse: 3251 Purgstall an der Erlauf

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


13.03.2005