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Zell an der Pram


Der Ort Zell an der Pram scheint bereits 955 urkundlich auf. Hermann und Otto de Celle werden erstmals 1140 erwähnt. Ihre Burg dürfte um 1100 erbaut worden sein. Sie befand sich unterhalb des Ortes am rechten Ufer der Pram, ist aber heute völlig verschwunden. Bei der Anlage der Bundesstraße wurden 1963/64 die letzten Wälle abgetragen. Um 1426 errichteten die Zeller in der Pramniederung ein Wasserschloss. Mit Christoph Zeller starb die Familie 1550 aus. Über seine beiden Töchter gelangte die Herrschaft je zur Hälfte an Christoph von Retschan und Leo von Hoheneck. Die Hochbergs konnten beide Hälften durch Erbschaft und Heirat wieder vereinen. 1611 kam Zell an die Familie Tattenbach. Sie wohnte aber auf Schloss St. Martin und benützte das Gebäude lediglich als Witwensitz bzw. als Jagdschloss und ließ die Wassergräben trocken legen. Als 1703 aufständischen Bauern durch den Ort zogen, erlitt auch das Schloss größere Schäden. Unter Ferdinand Joseph Graf Tattenbach-Rheinstein erfolgte zwischen 1709 und 1712 ein größerer Umbau. Der Ausbau zum heutigen Barockschloss erfolgte in den Jahren zwischen 1760 und 1774 durch den bayerisch kurfürstlichen Oberbaumeister Franz de Cuvilliés d. J., der auch die benachbarte Pfarrkirche schuf. Auf ihn geht der nach Süden gerichtete Haupttrakt des Schlosses zurück. Die malerische Ausschmückung der Räume im Rokokostil erfolgte durch den kurfürstlichen Hofmaler Johann Christian Thomas Wink und den Münchner Theatermaler Josef Damian Stuber. Die ausschließliche Beschäftigung bayerischer Künstler erklärt sich daraus, dass das Innviertel bis 1779 zu Bayern gehörte. Nachdem der bayerische Kämmerer Heinrich Ignaz Graf Tattenbach-Rheinstein 1821 in München gestorben war, erwarb Maximilian Graf Arco-Valley dessen gesamten Besitz mit St. Martin, Zell und Sigharting. 1945 wurde Schloss Zell zum Deutschen Eigentum erklärt und kurzzeitig sequestriert. 1949 erwarb die Gemeinde Zell das bereits stark vernachlässigte Gebäude und brachte darin die Volksschule sowie 28 Wohnparteien unter, was sich natürlich zusätzlich ungünstig auf die Bausubstanz auswirkte. Aus finanziellen Erwägungen kam keine umfassende Restaurierung zustande. Erst als das Land Oberösterreich das Gebäude langfristig pachtete und ab 1975 eine Generalsanierung durchführte, war das Schloss gerettet. Seit 1979 beherbergt es ein Landesbildungszentrum. Im Festsaal finden gelegentlich öffentliche Konzerte statt.

Das Schloss ist ein klobiger Bau, dessen viergeschossiger Haupttrakt die Wirtschaftsgebäude um einen Stock überragt. Auffallend ist das hohe und steile Satteldach mit seinen eingebauten Mansarden. Ein dreiachsiger Mittelrisalit lockert die klassizistische Hauptfassade auf. Seine Attika zeigt einen Dreiecksgiebel mit Wappenkartusche und darunter drei Ochsenaugenfenster. Der Balkon im ersten Stock des Mittelrisalits wurde im Zuge der letzten Restaurierung entfernt und die zu ihm führende Tür in ein Fenster umgewandelt. Über dem Tor der Westeinfahrt ist eine Bauinschrift angebracht, die auf Graf Ferdinand Joseph Tattenbach-Rheinstein und das Jahr 1712 hinweist. Der beherrschende Haupttrakt war mit den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden durch eine einfache Mauer verbunden. An ihrer Stelle befinden sich jetzt Gebäudeflügel, die dem Seminarbetrieb dienen. Die Hoffassade des Haupttraktes wird im Erdgeschoß durch sieben Korbbogenarkaden bereichert. Hier befindet sich auch das Hauptportal. In der Parkanlage wurde ein historischer Rosengarten neu angelegt.

Das prächtige Treppenhaus ist mit einem Freskenzyklus (Die Heimkehr des Jägers) von Josef Damian Stuber geschmückt. Das Deckenfresko stellt eine Allegorie des Reichtums dar. Es stammt von Christian Wink. Zwei große Grisaillemalereien entlang der Treppe zeigen eine Opferszene zu Ehren Dianas und den Tanz der Nymphen und Faune vor dem Götterbild der Kybele. Bemerkenswert ist auch das schmiedeeiserne Stiegengitter aus der Zeit um 1770/75. Prunkstück des Schlosses ist der zweistöckige Festsaal, der sich an beiden Schmalseiten mit je drei Türen öffnet. Auch er wurde 1772 von Christian Wink malerisch gestaltet. An den Längsseiten zwischen den Fenstern erkennt man verschiedene Liebesszenen, wie Leda mit dem Schwan oder Ariadne und Bacchus. An der Decke ist das beliebte Rokoko-Motiv der Freuden des Landlebens dargestellt. In der Bildmitte vertreibt Apoll auf dem Sonnenwagen das Dunkle der Nacht. Aurora mit der Fackel fliegt voraus. Die Hohlkehle der Decke ist mit den zwölf Tierkreiszeichen geschmückt. Bemerkenswert ist, dass die Decke zwar bunt im Rokokostil bemalt ist, die Architektur des Saales aber bereits klassizistisch streng gehalten ist. Stuber war vor allem für die Architekturmalerei zuständig. Die Schmalseiten des Saales sind im Mezzaningeschoß von Galerien begrenzt, die von ionischen Säulen gestützt werden. Im Durchgang vom Festsaal zum ehemaligen Speisesaal ist in einem kleinen Deckenfresko die Entführung des Ganymed durch Zeus abgebildet.

Lage: Oberösterreich/Innviertel – ca. 17 km nordöstlich von Ried/Innkreis

Ort/Adresse: 4755 Zell an der Pram

Besichtigung: nach telefonischer Anmeldung möglich

Homepage: www.lbz-schloss-zell.at


Weitere Literatur:


06.03.2005