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Groß Siegharts


Während der Ort bereits im 11. Jahrhundert urkundlich belegt ist, wird eine Burg erst 1304 mit Weichart auf dem Siegharcz erstmals genannt. Der bescheidene Rittersitz dürfte aber bereits im 12. Jahrhundert durch eine örtliche Adelsfamilie, die zu den Gefolgsleuten der Grafen von Raabs gehörte, errichtet worden sein. Als Bauherr wird Cotsrelve von Siegharts vermutet. Die Herrschaft wechselte vorerst recht häufig ihre Besitzer. 1530 gehörte sie Christoph von Greißeneck, der zwei Jahre später verschiedene Um- und Zubauten vornahm. Weitere Arbeiten, die der Verbesserung des Wohnkomforts und der Verteidigungskraft dienten, erfolgten 1570/80 unter der Familie Welzer. Ab 1681 war Siegharts im Besitz der aus Kärnten stammenden Grafen Mallenthein. Die Ausgestaltung zum heutigen Schloss erfolgte durch Johann Christoph Ferdinand Graf Mallenthein in den Jahren 1710/20. Er war es auch, der den Ort zu einem Zentrum der Textilindustrie machte, indem er hier eine Fabrik eröffnete und 200 schwäbische Facharbeiter ansiedelte. Siegharts wurde zum Hauptort des umliegenden Bandlkramerlandls. Seine Pläne aus dem Ort durch weitere Ansiedlung von Arbeitskräften eine Industriestadt zu machen und sie Milledom oder Tausendhausen zu nennen, konnte er auf Grund der verschlechterten wirtschaftlichen Bedingungen nicht verwirklichen. Bereits ab 1727 mussten seine industriellen Aktivitäten weitgehend eingestellt werden. 1731 gelangte die verschuldete Herrschaft an den Grafen Karl von Sinzendorf. Zwischen 1795 und 1808 war sie im Besitz der Familie Grosser, danach der Familie van der Straaten. 1860 wurde im Schloss eine Textilfabrik eingerichtet. Schließlich kaufte die Gemeinde Groß Siegharts 1891 den Bau und richtete hier ab 1897 ihre Verwaltung ein. Auch die örtliche Sparkasse wurde im Schloss untergebracht. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ließ die nunmehrige Stadtgemeinde das Gebäude umfassend restaurieren. Es dient auch heute noch als Rathaus. Fallweise finden Schlosskonzerte und andere kulturelle Veranstaltungen statt.

Das Schloss liegt im Ostteil der kleinen Stadt, auf einer erhöhten Terrasse am Steilabfall zum Siegharter Bach. Es ist ein dreigeschossiger unregelmäßiger Bau um einen kleinen Innenhof. Früher war die Anlage wesentlich umfangreicher. Auf dem Vischer-Stich von 1672 ist sie noch als vieltürmiger, bis um die Pfarrkirche reichender Gebäudekomplex dargestellt. Der im Kern mittelalterliche Bau wurde im Laufe der Zeit durch zahlreiche Um- und Ausbauten sowie durch starke Restaurierungen weitgehend verändert. Seine Schauseite ist nach Süden gerichtet. Sowohl der hier stehende quadratische Bergfried, als auch der daneben befindliche, hoch aufragende Torbau sind mit geraden Zierzinnen geschmückt. Das Tor stammt aus der Zeit um 1800. Es ist mit einer Ädikularahmung versehen. Der einfache Ziergiebel zeigt in seinem Feld das Stadtwappen. Die regelmäßig angeordneten, steingerahmten Fenster gehen auf den tief greifenden Umbau von 1570/80 zurück. Im Südtrakt liegt die ehemalige Schlosskapelle, die später zur Registratur umfunktioniert wurde. In ihr wurden 1988 Fresken aus dem Jahr 1717 entdeckt, die Carlo Carlone zugeschrieben werden. Der nördlichen Zinnenmauer und dem nordöstlichen Hofzwickel ist im ersten Stock eine klassizistische Holzsäulenloggia vorgelegt. Von ihr gelangt man durch ein mit 1532 bezeichnetes Renaissanceportal zum sog. Stöckl. Der profilierte Türstock weist im Kragsturz die Inschrift „Greiseneck zu Delach und Veronica Dachpeck“ sowie darunter das Doppelwappen Greißeneck-Dachspeck auf. An der rechten Hofseite führt eine spätgotische Spindeltreppe in die oberen Stockwerke. Zwei Säle im Südtrakt zeigen barocke Laubwerk-Stuckdekorationen und Stuckadler aus der Zeit um 1710, der westliche Saal auch weibliche Medaillonbüsten. Bei Renovierungsarbeiten wurden 2005 im sog. Rittersaal umfangreiche manieristische Malereien aus der Zeit um 1630 entdeckt. Sie dürften von einem italienischen Künstler stammen. Aus finanziellen Gründen wurden sie nur zu einem kleinen Teil restauriert. Die einst im Süden vorgelagerte Vorburg ist schon längst weitgehend abgekommen. An ihrer Stelle befindet sich jetzt ein großer Platz. Lediglich im Westen und Süden erstrecken sich noch zweigeschossige Wohntrakte, die auf das 16. Jahrhundert zurückgehen. Die ehemalige Schlosswiese wurde schon 1896 als öffentlich zugänglicher Park gestaltet.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 9 km östlich von Waidhofen/Thaya

Ort/Adresse: 3812 Groß Siegharts

Besichtigung: im Rahmen des Amtsbetriebes möglich (Mo-Fr 08.00 – 12.00, Mi 13.00 – 16.00)


Weitere Literatur:


04.03.2005