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Ebenthal


Auf dem, im Volksmund als Hausberg bezeichneten Erdhügel östlich der Kirche stand einst eine mittelalterliche Burg. Sie war Sitz der Herren von Ebenthal und ist heute völlig verschwunden. 1205 wird erstmals ein Chalhoch von Ebenthal erwähnt. Seine Nachfolger hielten im 14. Jahrhundert die Burg als Lehen der Herren von Zelking. Im 15. Jh. war sie landesfürstlich und wurde 1479 von Kaiser Friedrich III den Zelkingern lediglich verpfändet. Allerdings sind die Nachrichten aus jener Zeit, die durch den Kampf Albrechts VI gegen Friedrich III bestimmt war, widersprüchlich. 1565 verkaufte Leopold Hauser das Gut Ebenthal an den Freiherrn Sigmund von Landau. Als dieses 1621 der Familie Landau konfisziert wurde, vergab es die Hofkammer im nächsten Jahr an Rudolf Freiherrn von Teuffenbach. Wie aus dem Vischer-Stich von 1672 hervorgeht, muss das heutige Schloss unterhalb des Hausberges damals bereits bestanden haben, war aber wesentlich kleiner und sah anders aus. Rudolfs Witwe übergab die Herrschaft 1668 ihrem Sohn aus erster Ehe Michael Wenzel Graf Althan. 1700 gelangte sie an Adolf Graf Sinzendorf und Leopold Graf Collalto. Ein Graf Sinzendorf veräußerte 1732 den Besitz an den General und Kapitän der Ungarischen Leibgarde Andreas Josef Graf Kohary. Er ließ den bisher eher bescheidenen Ansitz wesentlich vergrößern und im Stil des Spätbarocks ausstatten. Als Baumeister wird Johann Enzenhofer aus Wien angenommen. 1747 wurde die Schlosskapelle geweiht. Durch Heirat wurden 1830 die Prinzen von Sachsen-Coburg-Gotha Eigentümer von Ebenthal. 1871 empfing hier Prinz Ferdinand Maximilian von Sachsen-Coburg-Gotha eine bulgarische Delegation, die ihm die Zarenwürde von Bulgarien anbot. Auch als Zar Ferdinand verbrachte er bis zum Ersten Weltkrieg jeden Sommer einige Wochen in Ebenthal. Die schweren Schäden des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit wurden in den Jahren danach behoben. 1970 erwarb Karel Strümpf das Schloss. Er wollte aus ihm ein Flüchtlingsheim machen. Da ihm dafür die behördliche Genehmigung verweigert wurde, verkaufte er an den heutigen Besitzer, den Wiener Augenarzt Dr. Paul Drobec. Dieser ließ das Gebäude renovieren und versucht es durch kulturelle Aktivitäten zu beleben.

Das vierflügelige Schloss liegt etwas unterhalb der Kirche inmitten des Ortes. Eine zweibogige Ziegelbrücke mit schönen Steinbalustraden führt über den Graben zum etwas einfalllosen Rundbogenportal im risalitartig leicht vortretenden Mittelpavillon. An ihn schließen zwei zweigeschossige Flügel mit sechs bzw. sieben Fensterachsen an. Sie sind jeweils mit einem eigenen Walmdach gedeckt. Die auf dem Vischer Stich von 1672 ersichtlichen runden Ecktürme wurden beim Umbau um die Mitte des 19. Jahrhunderts in die Seitenflügel der Hauptfront einbezogen. Der dreiachsige Mittelteil überragt die Seitenteile um eine Geschoßhöhe. Er wird durch schmale ionische Riesenpilaster gegliedert, die die beiden Fensterreihen des Obergeschosses zusammenfassen. An den Kanten des Mittelpavillons sind sie als Doppelpilaster ausgebildet. Über den hohen giebelgekrönten Fenstern des ersten Stocks beleuchten zusätzlich drei große Ochsenaugen den dahinter liegenden zweigeschossigen Festsaal. Darüber liegt ein einfacher Dreiecksgiebel, dessen Feld ohne Wappen oder sonstigen Schmuck ist. Das Erdgeschoß der Vorderfront ist genutet und mit einfach gerahmten Fenstern versehen. Die Ecken der wesentlich schlichter gestalteten Seitentrakte werden durch eine Quaderung betont. Die dem Ort zugewandte Nordwestfassade verfügt lediglich über einen dreiachsigen Mittelrisalit, der ebenfalls einen Dreiecksgiebel trägt. Relativ schmucklos gehalten ist auch der geräumige rechteckige Innenhof. Einzelne Räume sowie das elegante Treppenhaus sind mit Bandelwerkstuck verziert. Die Stuckdecke des letzteren wurde 2004/05 restauriert.

In der südwestlichen Ecke des Schlosses liegt die zweigeschossige barocke Schlosskapelle. In ihr befand sich das von Viktor Tilgner gestaltete Riesengrabmal des 1881 verstorbenen Herzogs August von Sachsen-Coburg, der für die letzte große Umgestaltung des Schlosses verantwortlich war. Auch die Gewölbefresken der Kapelle sind bemerkenswert. Sie stellen die Hl. Dreifaltigkeit sowie die Leidenswerkzeuge Christi dar. Prunkstück des Schlosses ist jedoch der zentrale Festsaal, den man in dieser Ausführung in dem biederen Landschloß nicht vermuten würde. Sein großes Deckenbild zeigt die Vollversammlung der Götter im Olymp, umrahmt von einer Scheinarchitektur. Die Gestaltung des Saales oblag dem kaiserlichen Theater-Ingenieur Giuseppe Galli-Bibiena. Nach seinen Entwürfen wurden die Quadraturmalerei und die Scheinarchitektur ausgeführt. Die figürlichen Darstellungen kommen aus dem Troger-Umfeld. Gelegentlich wird Anton Schmidt als Maler vermutet. Die Wände des Saales sind mit kannelierten Pilastern in Stuckmarmor besetzt. In den gemalten Wandnischen sind Grisaillefiguren dargestellt. Das in der Barockzeit beliebte Motiv der vier Jahreszeiten findet sich in den ebenfalls gemalten Supraporten. Über den Prunkkaminen halten Putten figurale Wappen. Die anschließenden Räume wurden ebenfalls im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts ausgestattet, sind aber etwas einfacher gehalten. Die Inneneinrichtung des Schlosses ist wie jene der meisten Schlösser des Wein- und Waldviertels 1945 verloren gegangen. Hinter dem Gebäude erstreckt sich ein von Herzog August großzügig angelegter Park.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 12 km nordöstlich von Gänserndorf

Ort/Adresse: 2251 Ebenthal, Niederösterreich

Besichtigung: anlässlich von Veranstaltungen möglich


Weitere Literatur:


10.01.2005