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Graz - Palais Attems


Ignaz Maria Graf Attems erwarb zwischen 1687 und 1702 sechs Häuser auf dem Areal zwischen der Sackstraße und dem Kaiser Franz Josefskai und ließ diese zum Großteil abbrechen. Danach wurde bis 1705 vermutlich vom Baumeister Joachim Carlone, der auch die Stiftskirche von Pöllau errichtet hatte, das heutige Palais erbaut. Gelegentlich wird auch Andreas Stengg als Architekt vermutet. Mit dem damit verbundenen Abriss des ersten Sacktores und eines Stückes der gotischen Stadtmauer kam es zu einem einschneidenden städtebaulichen Eingriff. Die Familie Attems stammt aus dem Friaul und wird bereits 1170 erstmals erwähnt. Nach der Eroberung ihrer Heimat durch die Republik Venedig zog sie nach Görz. Im 16. Jahrhundert kamen einige ihrer Mitglieder nach Graz, wo sie verschiedene Hofämter inne hatten und im diplomatischen Dienst tätig waren. 1605 wurden sie in den Freiherrenstand erhoben und 1630 von Kaiser Ferdinand II zu Reichsgrafen ernannt. Graf Ignaz Maria ließ das Gebäude im Inneren reich ausstatten. Er legte auch den Grundstock zur bedeutendsten privaten Kunstsammlung der Steiermark. Sie umfasste Gemälde, Waffen, Rüstungen und Tapisserien. Auch eine umfangreiche Bibliothek wurde aufgebaut. Nach dem Tode des Grafen wurde das Palais als Fideikomiss jeweils an den ältesten Sohn weitervererbt. Franz Dismas Graf Attems bereicherte in den Jahren 1732 bis 1750 die Innenausstattung um Wandvertäfelungen und Kachelöfen.

Sein Sohn Ignaz Maria II brachte von seinen Reisen durch europäische Länder weitere Kunstwerke mit. Er vervollständigte die Ausstattung vor allem durch Rokoko-Wandvertäfelungen und –Kachelöfen. Ferdinand Graf Attems wurde 1800 zum Landeshauptmann der Steiermark gewählt. Er ließ das Innere mit weiteren Holzvertäfelungen und vergoldeten Schnitzereien ausstatten. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges begann der Niedergang des Adelssitzes. Ferdinand III Graf Attems, dem das Palais von 1915 bis 1946 gehörte, vermietete einige Räume an die Stadt Graz. 1933 wurden die Galerieräume im zweiten Stock sowie die Gobelinsäle der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bei einem Bombenangriff wurde 1945 das Gebäude schwer beschädigt. Seltenheitswert besaß die Kostümsammlung, die 1945 bis auf einige Dienerlivreen total ausgeplündert wurde. Mit Kriegsende hatten die Grafen Attems ihre großen Besitzungen in Jugoslawien verloren und mussten daher den Großteil ihres Kunstbesitzes verkaufen, um die Schäden am Palais beheben zu können. Einige Räume sowie die ehemaligen Pferdestallungen wurden zwecks Verbesserung der Finanzlage vermietet. Nachdem Ignaz Maria V Graf Attems 1958 nach Wien übersiedelt war, entschloss er sich 1962 das leere Palais dem Land Steiermark zu verkaufen. 1964/66 wurde die Nord- und die Ostfassade restauriert, 1968 die Hoffronten. Die Innenrestaurierung dauerte von 1971 bis 1982. Für 2005 ist eine neuerliche Generalsanierung geplant. Die Repräsentationsräume im zweiten Stock können für private Veranstaltungen gemietet werden.

Das Palais ist ein viergeschossiger, blockhafter Bau mit repräsentativen Barockfassaden. Die U-förmige Anlage umschließt einen fast quadratischen Hof. Es ist das bedeutendste Barockpalais der Steiermark und das einzige in Graz, das seine ursprüngliche Innenraumstruktur bewahrt hat. Seine Bedeutung liegt darin, dass seine Erbauung in einem Zuge erfolgte und später keine nennenswerten Veränderungen erfolgt sind. Die beiden Straßenfronten sind als repräsentative Barockfassaden ausgebildet, wobei der Einfluss oberitalienischer Palastbauten unverkennbar ist. Die siebenachsige Hauptfassade in der Sackstraße wird durch das leicht geschwungene monumentale Portal betont. Die fünfzehnachsige Seitenfront wirkt trotz der starken Gliederung wegen der Gleichförmigkeit der Fensterachsen etwas monoton, da sie durch keine Risalite gegliedert ist. Die Reliefhaftigkeit der Fassaden wird durch die reichliche Verwendung von bauplastischen Details unterstrichen. Auf der aus zwei Mezzaningeschossen bestehenden Sockelzone sitzt die den Wohnbereich umfassende zweigeschossige Oberzone auf. Sie ist besonders stark gegliedert. Vom ziegelfarbigen Untergrund heben sich die sandsteinfarbigen Pilaster, Fensterrahmungen und Verdachungen deutlich ab. Der Osttrakt ist mit drei Grabenwalmdächern gedeckt. Die Fenster der Sockelzone sind mit einer gekehlten rustizierten Steinrahmung versehen. Die Oberzone wird durch ein mehrfach profiliertes Gurtgesims vom unteren Bereich getrennt. Die hohen Rechteckfenster der obersten zwei Stockwerke sind durch Pilaster mit ionischen Kapitellen im ersten und korinthischen im zweiten Obergeschoß getrennt. Sie haben bogenförmige Verdachungen, in denen kleine stuckierte Dekorvasen stehen.

Die dreiachsige Portalanlage tritt leicht aus der Fassade vor. Das Rundbogenportal wird von zwei übereck gestellten rustizierten Polygonalpfeilern flankiert. Über dem Bogen ist das Allianzwappen des Erbauers Ignaz Maria Graf Attems und seiner ersten Frau, Maria Regina Gräfin Wurmbrand, angebracht. Die seitliche Begrenzung des Portals umschließt mit zwei weiteren rustizierten Pfeilern die beiden Fenster rechts und links vom Tor. Eine auf den Pfeilern aufsitzende Balustrade erstreckt sich über die mittleren drei Achsen. Vom Portal gelangt man durch die zentrale Durchfahrt des Vestibüls in den fast quadratischen Innenhof. Er unterscheidet sich deutlich von den Arkadenhöfen der Renaissance. Die vierachsigen Fassaden der Nord-, Ost- und Westseite sind dekorativ gestaltet. Die Südseite des Hofes ist vom Nachbargrundstück durch eine Mauer getrennt, die in der Sockelzone durch Blendarkaden gegliedert ist. Der obere Bereich weist ionische Flachpilaster und Puttenköpfe im Kapitellbereich auf. Das großzügige Vestibül nimmt die ganze Gebäudetiefe ein. Seine Decke ruht auf vier, durch Rundbögen verbundene Pfeiler. Die Wände sind durch Pilaster gegliedert. Ihre Kapitelle haben die gleichen Formen wie jene im zweiten Obergeschoß der Hoffassaden. Links und rechts der Durchfahrt führen zwei Stiegenaufgänge in das Mezzaningeschoß. Zwei große Laternen stehen vor den durchbrochenen Steinbrüstungen. Über die südliche Treppe gelangt man durch ein steingerahmtes Rechteckportal ins Hauptstiegenhaus. Hier führt eine doppelläufige Treppe in den ersten Stock. Das durch Gurten unterteilte Platzlgewölbe ruht auf vier mächtigen Rustikapfeilern. Seine Stuckierung stammt von Domenico Boscho unter Mitarbeit von Carlo Casagrande und Peter Zaar. Sie wurde ab 1706 ausgeführt. Im ersten Stock schließt eine steile zweiarmige Treppe an und führt in das zweite Obergeschoß. Die Wände sind mit vier monumentalen Gemälden aus der Geschichte Österreichs geschmückt. Eines davon wurde von Pietro de Pomis geschaffen.

Das obere Stiegenhaus zeigt ein Deckenfresko von Franz Carl Remp. Es wurde um 1706 gemalt und stellt Merkur und Abundantia dar, die den Reichtum des Hauses Attems sichern. Die Repräsentationsräume liegen im ersten Stock. Die ehemaligen Wohnräume nahmen den zweiten Stock ein, doch wurden sie später in die Galerie und die Bibliothek des Hauses umgewandelt. Die Räume beider Stockwerke sind mit Deckenstuck (Domenico Boscho, Carlo Casagrande und Peter Zaar) ausgestattet. Die Deckengemälde sowie die malerische Ausschmückung der Kartuschen und Medaillons stammen von Franz Carl Remp und seinen Mitarbeitern (1702 – 1710). Die allegorischen Darstellungen dienen der Verherrlichung des Hauses Attems. Während die wandfeste Ausstattung des Palais nahezu vollständig erhalten ist, gingen sämtliche Möbel verloren. In den meisten Räumen haben sich allerdings die nach Entwürfen von Joseph Hueber um 1740 geschaffenen barocken Prunköfen erhalten. Daneben gibt es noch drei weiße zylindrische Öfen im Louis-Seize Stil (um 1780/90) und zwei walzenförmige Empireöfen von 1820. Die Repräsentationsräume sind zum Teil vertäfelt und mit vergoldeten Rocailleschnitzereien versehen. Der sog. Affensaal im zweiten Obergeschoß zeigt Groteskenmalereien mit exotischen Figuren und Landschaftsdarstellungen. An der Decke treten halbplastisch bronzierte Affen vor. Das Deckengemälde, das Apoll und Abundantia im Kreis der Künste und Wissenschaften zeigt, ist von acht Medaillons gerahmt. Der benachbarte Vogelsaal ist ähnlich gestaltet.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Sackstraße 17

Besichtigung: das Palais ist weitgehend frei zugänglich


Weitere Literatur:


01.01.2005