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Oberkapfenberg


Der Ahnherr der Familie Stubenberg, Wulfing, besaß bereits um 1100 weitverzweigte Besitzungen, vor allem in der Oststeiermark, Niederösterreich und Westungarn. Seine beiden Söhne, Otto und Wulfing II, verlegten ihren Hauptsitz von der Burg Stubenberg nach Kapfenberg. Sie werden bereits 1145 mit dem Zusatz „de chaffenberc“ urkundlich erwähnt. Eine Burg Kapfenberg scheint 1173 erstmals als castrum auf. Sie befand sich damals an der höchsten Stelle des Burgberges, dort wo heute die 1676 erbaute Loreto-Kapelle steht. Die Stubenberger waren anfangs Ministeriale der Markgrafen von Steier und gehörten bald zu den bedeutendsten Adelsfamilien des Landes. Ulrich von Liechtenstein berichtete in seinem Roman Frauendienst von einem weiteren Wulfing von Stubenberg, der 1224 am großen Turnier zu Friesach teilgenommen und sich an zwei Kreuzzügen ins Hl. Land beteiligt hatte. Wulfings Vater Ulrich fiel 1218 beim Sturm auf Damiette. Die Stubenberger waren zuerst Parteigänger des böhmischen Königs Ottokar II. 1268 waren sie aber führend an einem Adelsaufstand gegen ihn beteiligt. König Ottokar ließ Wulfing von Stubenberg verhaften. Er kam zwar nach einem halben Jahr wieder frei, doch wurde seine Burg „gebrochen“. Darunter ist jedoch keine Schleifung der Anlage, sondern wohl nur eine punktuelle Zerstörung einzelner Bauteile (z. B. des Tores) zu verstehen. Nun wurde innerhalb von drei Jahren die heutige Anlage errichtet. Diese wird in einer Urkunde von 1328 als nider Haus zu Chapfenberg bezeichnet, woraus sich nach wie vor die Existenz der oberen Burg ergibt. Während diese aber nicht mehr sehr gepflegt und ab dem 17. Jh. dem Verfall überlassen wurde, diente die untere nun den Stubenbergern als Wohn- und Verwaltungssitz. Auch das Landgericht, das die hohe Gerichtsbarkeit für das gesamte Mürztal ausübte, war hier untergebracht. 1292 fungierte Friedrich von Stubenberg als einer der Anführer einer Erhebung der steirischen Adeligen gegen Herzog Albrecht I von Habsburg. Bei Kraubath wurden seine Leute vernichtend geschlagen, was ihm vorübergehend seine Burg kostete. Zwei Jahre später zog die kaiserliche Besatzung ab und Kapfenberg wurde wieder stubenbergisch.

Zu einem neuerlichen zeitweisen Verlust kam es 1470, als Hans von Stubenberg in die Baumkircherfehde verwickelt wurde und Kaiser Friedrich III die Burg kassierte. Einige Jahre später besetzten die Truppen des ungarischen Königs Matthias Corvinus Oberkapfenberg und hielten es bis 1491. 1494 wurden die Stubenberger begnadigt und erhielten Kapfenberg wieder zurück. Wegen der Türkengefahr wurde in der Burg eine Kreidfeuerstation eingerichtet, wofür sich diese wegen der guten Sichtverbindungen besonders eignete. 1541 beauftragte Wolf von Stubenberg den italienischen Baumeister Anthoni Balin vom Comosee, die Burg wegen der immer größer werdenden Türkengefahr im Renaissancestil zur Festung auszubauen. In das Ausbauprogramm war damals auch die alte Burg noch einbezogen. Als zur Zeit der Gegenreformation der protestantisch gesinnte Georg von Stubenberg 1628 zur Auswanderung nach Regensburg gezwungen war, übernahmen seine katholisch gebliebenen Großneffen Wolf und Georg seine steirischen Besitzungen. 1632 wurde die große Herrschaft Kapfenberg auf drei verschiedene Familienzweige aufgeteilt. Oberkapfenberg wurde meist von einem Pfleger verwaltet. 1740 wurde die Familie Stubenberg durch Kaiser Karl VII in den Grafenstand erhoben. Ihr neues Wappen zeigt anstatt der alten Wolfsangel einen umgedrehten Anker. Nachdem im Tal das Schloss Wieden errichtet worden war, übersiedelte sie samt Landgericht und Verwaltung dorthin. Die Burg stand nun leer und wurde schließlich ein Opfer der von Kaiser Josef II eingeführten Dachsteuer. 1819 wurde der gesamte Palas abgetragen. Die Grafen Stubenberg stellten die brauchbaren Teile als Baumaterial für das Stadttheater von Bruck/Mur zur Verfügung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der einstige Adelssitz zur traurigen Ruine geworden. Ihr Schicksal wendete sich erst 1954, als Franz Graf Stubenberg beschloss, sie wieder aufzubauen und in ein Burghotel umzuwandeln. Auf Grund finanzieller Schwierigkeiten musste dieses 1985 geschlossen werden. 1992 erwarb die Stadtgemeinde Kapfenberg die Burg, die sich über 850 Jahre lang im Besitz der Stubenberger befunden hatte. Nach einer Restaurierung wurde sie wieder als Restaurant und Hotel eröffnet. In einigen Räumen ist ein kleines Museum untergebracht, das die Entwicklung von Schuss- und Blankwaffen zeigt.

Die Burg liegt auf einer spornartig gegen das Mürztal vorspringenden Bergkuppe oberhalb der Stadt Kapfenberg. Das Gelände fällt an drei Seiten steil ins Tal ab. Die Abhänge waren durch Palisadenwände befestigt, die sich natürlich nicht erhalten haben. Im Südosten ist eine Überhöhung gegeben, die man beim Ausbau des 16. Jh. durch die Errichtung des wuchtigen viergeschossigen Torturmes auszugleichen versuchte. Sein Mauerwerk ist bis in das zweite Obergeschoß original. Die oberen Stockwerke wurden anlässlich der Restaurierung von 1954 neu aufgemauert. Die Säulen, die das trapezförmige Dach tragen, wurden damals aus der Zisterne im Burghof geborgen. Der Halsgraben, über den ursprünglich eine Zugbrücke führte, ist 1954 zugeschüttet worden. Heute führt eine Holzbrücke zum Burgtor. Um den Brückencharakter zu betonen, hat man bei der letzten Restaurierung den Bereich unterhalb der Brücke wieder abgegraben. Rechts und links vom Burgtor befindet sich je ein Schußloch, durch das der Brückenbereich unter Feuer genommen werden konnte. Das Wappen mit der Wolfsangel über dem äußeren Tor weist auf die Erbauer der Burg, die Herren von Stubenberg, hin. Der große Torflügel ist mit Eisenplatten beschlagen. Ein Mannloch war für einzelne Fußgänger bestimmt. Der Durchgang zum Burghof war durch drei Tore geschützt, wobei das mittlere mit einem Fallgatter ausgestattet war. Die Südwestseite des Hofes wird von einer Wand mit hohen Bogennischen begrenzt. Das Bruchsteinmauerwerk ist bis zum zweiten Obergeschoß alt, darüber hinaus erneuert. Neu ist natürlich auch der hölzerne „Wehrgang“ der den Turm mit der Hochburg verbindet. Die gegenüber liegende Ostseite des Hofes wird vom Zimmertrakt des Hotels eingenommen, der erst 1954 erbaut wurde. Davor liegt unter dem Boden des Hofes eine 7,5 m tiefe, mit Sandstein ausgekleidete Zisterne. Der Treppenturm der Hauptburg springt halbkreisförmig in den Hof vor. Die Innenräume der Hauptburg sowie die großen Kellergewölbe wurden in Gast- und Serviceräume umgewandelt und teilweise mit pseudomittelalterlichem Dekor behübscht. Immerhin hat man die Wände zum Teil vom Verputz befreit, so dass das alte Bruchsteinmauerwerk wieder zur Geltung kommt. Ein später zugemauertes Fenster stammt noch aus der Erbauungszeit. Hinter dem Hauptgebäude erstreckt sich eine große längliche Terrasse. Hier stand einst der 1819 abgebrochene Palas. Der „Ritterkeller“ ist ein 6 m hohes Gewölbe, das direkt an den Felsen angebaut ist. Es wird heute wegen seiner guten Akustik gerne für Musikveranstaltungen genützt. Von der 250 m südöstlich von Oberkapfenberg liegenden Burg Alt-Kapfenberg sind noch geringe Reste der einstigen Umfassungsmauer zu erkennen. An ihrer Stelle befindet sich heute die barocke Loretto-Kapelle.

Lage: Steiermark/Mürztal – oberhalb der Stadt Kapfenberg

Ort/Adresse: 8605 Kapfenberg

Besichtigung: von April bis Oktober täglich außer Montag geöffnet

Homepage: http://burg.kapfenberg.at


Weitere Literatur:


29.12.2004