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Palais Herberstein (Graz)


Auf dem Areal des heutigen Palais befand sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts das Hubhaus, in dem auch die Münze untergebracht war. Nach seiner Auflassung überließ König Ferdinand 1528 das Gebäude Siegmund von Dietrichstein. Noch vor 1581 gelangte es an Georg Sigmund von Herberstein. Das Nachbarhaus befand sich um diese Zeit im Eigentum der Familie Windischgrätz. Über den Freiherrn von Thurn (1581), kam es 1591 an Wilhelm von Gera. Dieser ließ das Gebäude durch Antonio Mamoro (Anthoni Märbl) erneuern. Seine Erbin Elisabeth von Schärffenberg verkaufte es 1602 an Hans Ulrich von Eggenberg. Dessen Sohn Johann Anton kaufte 1637 auch das Herberstein’sche Haus und ließ die beiden Gebäude sowie ein anschließendes Bürgerhaus in ein Stadtpalais umbauen. Nach dem Aussterben der Fürsten Eggenberg gelangte das Palais 1754 im Erbweg an den Grafen Johann Leopold von Herberstein. Er beauftragte den wohl bedeutendsten Barockbaumeister der Steiermark, Joseph Hueber, der auch die Arbeiten an Schloss Eggenberg leitete, mit dem spätbarocken Umbau. Als Steinmetz war Joseph Carlon tätig. 1757 war bereits die Innenausstattung im Gange. Heinrich Formentini war für die Rokoko-Stukkaturen sowie für die Dekoration der Öfen verantwortlich. Während ihres Grazer Exils bewohnte die Herzogin Maria Carolina von Berry ab 1834 die straßenseitigen Räume des zweiten Stocks. Ihre Kunst- und Gemäldesammlung galt als eine der größten Sehenswürdigkeiten der Stadt. 1837 übersiedelte sie in das von ihr erworbene Schloss Brunnsee in der Südsteiermark. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Beletage für gesellschaftliche Veranstaltungen, wie Bälle und Empfänge, vermietet. 1878 befand sich im Palais das k. k. Landgericht mit dem Schwurgerichtssaal und dem Grundbuchamt. Das bereits am dem Beginn des 20. Jh. weitgehend vermietete Gebäude ging 1928 von den Herberstein an eine Großeinkaufsgenossenschaft über. 1940 erwarb das Land Steiermark das Palais und richtete hier die Neue Galerie des Landesmuseums Joanneum ein. Diese umfasst Malerei, Graphik und Plastik des 19. und 20. Jahrhunderts. 1977/78 fand eine gründliche Außenrestaurierung statt, das Innere wurde in mehreren Etappen seit 1997 renoviert.

Das Palais Herberstein liegt mit seiner dreigeschossigen Hauptfront in der Sackstraße. Von ihr gehen drei schmale, drei- bzw. viergeschossige Flügelbauten aus, die zwei tief gestreckte Innenhöfe umfassen. Sie reichen bis zum Schlossbergfelsen. In die Höfe, die im hinteren Bereich mit einer Durchfahrt verbunden sind, führen zwei Portale. Die zehnachsige Fassade ist weitgehend ungegliedert. Die beiden Obergeschosse sind durch ein profiliertes Kordongesims vom Erdgeschoß abgesetzt. Die Fenster des ersten und zweiten Stocks weisen profilierte Steinrahmungen und gerade Verdachungen auf. Die beiden Rundbogentore sind eine Besonderheit. Nach ihrer Errichtung im Jahr 1640 waren sie lediglich von einer derben Rustikarahmung eingefasst. Josef Carlon gab ihnen aber im 18. Jh. dann eine zweite, von Joseph Hueber entworfene, barocke Rahmung. Ihre schräg gestellten Pilaster ruhen auf eigenen Prellsteinen. Langgestreckte Volutenkonsolen tragen eine im Kordongesims integrierte geschwungene Verdachung. Die eingefügten Schlusssteine sind mit einem Rankenmuster verziert. Die eisenbeschlagenen Türflügel sind zum Teil noch original (1755/60). Die Erdgeschoßzone wurde im 19. und 20. Jh. durch den Einbau moderner Geschäftsportale verändert. Von der breiten dreijochigen Einfahrtshalle gelangt man durch drei Pfeilerarkaden in den nördlichen Hof. Dieser wird durch einen als Verbindungsgang fungierenden Quertrakt geteilt. Der vordere Teil wurde 1754/57 von Joseph Hueber zu einem cour d’honneur umgebaut. Die der Einfahrt gegenüberliegende dreiachsige Fassade des Quertraktes ist als Schaufront gestaltet. Bemerkenswert ist ihre Attikazone, die vom Allianzwappen Eggenberg-Herberstein dominiert wird. Darüber stehen drei Steinvasen. Das Sandsteinwappen wird dem Bildhauer Johannes Piringer zugeschrieben. Der hintere Teil des nördlichen Hofes ist ebenso wie der südliche Hof wesentlich einfacher gehalten.

Das repräsentative, 1754/57 von Joseph Hueber errichtete Treppenhaus befindet sich im Mittelflügel und ist von beiden Höfen aus zugänglich. Es besteht aus einer dreiarmigen Stiege mit Zwischenpodesten und den Verbindungsgängen zum straßenseitigen Trakt. Man zählt es zu den schönsten barocken Treppenhäusern der Steiermark. Seine Spiegeldecke ist mit einem Fresko versehen, das die Aufnahme Ganymeds in den Götterhimmel zeigt. Es wurde um 1756 von Philipp Carl Laubmann geschaffen. Besonders reizvoll sind die Laternen tragenden Puttenpaare auf den Steinpostamenten zwischen den Feldern des qualitätvollen Rokoko-Schmiedeeisengitters. Sie sind von den Prunktreppen Hildebrandts beeinflusst, dürften aber von Veit Königer oder Philipp Jakob Straub stammen. An das Stiegenhaus schließt im zweiten Obergeschoß ein ovaler Vorraum an, dessen Deckenfresko ebenfalls Philipp Carl Laubmann zugeschrieben wird. Die Beletage befindet sich im zweiten Obergeschoß. Hier war die gesamte Zimmerflucht entlang der Straßenseite sowie des Nordflügels als Prunkräume ausgebildet. Allerdings ist nur der nördliche Teil der Enfilade in ihrer ursprünglichen Rokoko-Ausstattung erhalten. Die südlich anschließenden drei Räume wurden vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts verändert. Die flachbogigen Türen der Repräsentationsräume weisen zum Teil geschnitzte Supraporten auf. Die Wand- und Deckendekorationen des fünfachsigen Spiegelsaales dürften ihr Vorbild in Schönbrunn bzw. der Wiener Hofburg haben. Er ist wie dort in den Farben weiß und gold gehalten und bildet das Zentrum der Enfilade. Die anschließenden Säle werden nach ihrer Brokattapezierung als Gelber und Roter Salon bezeichnet. Im Kaminkabinett sind in die Wanddekoration zwei Gemälde integriert, die Schäferszenen zeigen. Von den ursprünglichen Prunköfen haben sich nur zwei – einer im Spiegelsaal und einer im Roten Salon – erhalten. Das ganzfigurige Gemälde im Vortragssaal stellt Hans Ulrich von Eggenberg dar. Es stammt aus dem dritten Viertel des 18. Jh.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Sackstraße 16

Besichtigung: Di – So 10.00 – 18.00, Do 10.00 – 20.00


Weitere Literatur:


25.12.2004