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Stuppach


Das heutige Schloss ist aus einer Burg entstanden, die 1130 erstmals erwähnt wird. Sie hatte die Semmeringstraße zu schützen. Es ist das Stammschloss der Grafen von Wurmbrand-Stuppach. Der damalige Besitzer, Leopold Wurmberger, änderte seinen Namen und sein Wappen und nannte sich von Wurmbrand, dem später noch Stuppach hinzugefügt wurde. Wie der um 1155 genannte Poppo de Stuppach, waren die Wurmbrands Dienstleute der Pittner Markgrafen aus dem Hause Formbach-Neuburg. Sie blieben im Besitz von Stuppach bis 1659. In diesen fünf Jahrhunderten gab es immer wieder Streit mit dem Kloster Gloggnitz. Hyronimus Wurmbrand ließ sogar den Propst Johann Staininger im Zuge einer Verhandlung von seinen Leuten festnehmen, knebeln und in der Burg von Stuppach einsperren. Im 16. und 17. Jahrhundert versuchte man die Wohnlichkeit der ohnehin durch die gegebene Überhöhung und die Einführung der Artillerie militärisch wertlos gewordenen Burg aus dem 13. Jh. durch Um- und Zubauten zu verbessern. Hans Ehrenreich Graf Wurmbrand verkaufte 1659 die Herrschaft an Matthias Wegerle von Walsegg. Auch seine Nachkommen hatten mit dem benachbarten Kloster immer wieder Auseinandersetzungen. Um 1720 gehörten den Walseggern außer Stuppach auch die Herrschaften Klamm, Schottwien und Pottschach. Das heutige Schloss wurde wohl um 1730 durch den Ausbau der bereits renaissancemäßig umgebauten mittelalterlichen Burg unter Joseph Julius Leopold von Walsegg errichtet. 1782 übernachtete Papst Pius VI auf seiner Reise nach Wien zu Kaiser Josef II im Schloss. Franz Josef Reichsgraf von Walsegg (1763 – 1827) war besonders reich. Seine Liebe galt dem von ihm angelegten Garten und der Musik. Der Graf gab zweimal wöchentlich Salonkonzerte, wo er nicht nur als Gastgeber, sondern auch als Cello- bzw. Flötenspieler auftrat und eigene Kompositionen vorstellte. Er war ein einfacher Dilettant, wollte aber als großer Komponist gelten.

Nachdem seine Gattin, Anna von Flammberg, 1791 gestorben war, beauftragte er Wolfgang Amadeus Mozart anonym mit der Komposition eines Requiems. Es war das letzte Werk Mozarts und wurde erst nach seinem Tod durch Franz Xaver Süßmayer vollendet. Der bereits schwer kranke Wolfgang Amadeus glaubte im Gutsnachbarn Walseggs, der als Auftraggeber auftrat, den geheimnisvollen grauen Boten bzw. den Gesandten des Todes zu erkennen und nahm an, eine Totenmesse für sich selbst zu komponieren. Der Graf schrieb das fertige Werk eigenhändig ab und gab ihm die Überschrift Composto del conte Walsegg. Es wurde am 14. 12. 1793 in der Kirche des Neuklosters in Wiener Neustadt unter der Leitung des falschen Komponisten erstmals aufgeführt. Nach dem Tode Franz Josefs verkaufte seine Erbin, Karoline von Sternberg, die Herrschaft an den Fürsten Johann von und zu Liechtenstein. 1881 erwarb die Papierfabrik Schlöglmühl den Besitz, doch gab sie ihn zwei Jahre später an den preussischen Grafen Wilhelm zu Castell und Rittenhausen weiter. Ab 1889 hatte das Schloss wechselnde bürgerliche Eigentümer. 1936 begann der Niedergang. Seit einer Zwangsversteigerung im Jahre 1937 haben Schloss und Gut verschiedene Besitzer. Ein Jahre später beherbergte das Gebäude eine Gauschule der SA. 1945 war eine russische Feldbäckerei hier untergebracht. Im Oktober des gleichen Jahres wurde ein Teil des Dachstuhls durch einen Kaminbrand vernichtet. Da die Schäden nicht umgehend behoben werden konnten, kam es im Südtrakt zu Deckeneinstürzen, so dass das Schloss bald einer Ruine glich. 1989 begannen Renovierungsarbeiten, die den alten Glanz wiederherstellten. Stuppach befindet sich seit Ende des 20. Jahrhunderts im Eigentum von Reinhard Zellinger und seiner Gattin. In den Räumen des Schlosses finden regelmäßig Konzerte auf hohem Niveau statt.

Das dreigeschossige Schloss liegt inmitten eines großen Parks unterhalb des gleichnamigen Ortes. Vier ungleiche Trakte begrenzen einen kleinen Hof. Die barocke Hauptfassade ist nach Süden gerichtet. Aus der elfachsigen Front treten zwei zweiachsige Eckrisalite leicht vor. Sie sind im Gegensatz zum glatten Mitteltrakt durch je drei ionische Pilaster gegliedert. Das Sockelgeschoß ist rustiziert. Im Hauptgeschoß ist dem gesamten neunachsigen Mitteltrakt eine von einer Balustrade begrenzte Terrasse vorgelagert. Von ihr führt eine Freitreppe in den Park. Die hohen Fenster der Beletage sind mit elegant geschwungenen Verdachungen verziert. Die Fenster des zweiten Stocks sind wesentlich kleiner und einfacher gehalten. Das durch den Brand zerstörte Mansardendach wurde 1990 erneuert, ausgebaut und mit völlig unpassenden schmalen Fenstern versehen. Da der repräsentative Südtrakt wesentlich länger als der alte und einfache Nordtrakt ist, springt die Westfront um den ehemaligen Küchenbau stark zurück. Sie stammt im Wesentlichen aus der Renaissancezeit. In der einspringenden Ecke ist eine Wendeltreppe vorgebaut. Daneben befindet sich der Zugang zur Kapelle. An der anderen Seite der Treppe ragt eine nachträglich angebaute, zur benachbarten Küche gehörende Anrichte vor. Ihr Flachdach ist als Terrasse ausgebildet. Die schlichte Nordseite hat im Erdgeschoß drei und in den anderen Stockwerken vier Fenster. Der an der Nordostecke vorspringende, 18 m hohe Rundturm geht mit dem anschließenden Mauerwerk auf den mittelalterlichen Vorgängerbau zurück. Er weist Schlüsselscharten und ein Zeltdach auf. Im Inneren des Schlosses führt vom Portal an der Südseite ein langer Flur zum Haupttreppenhaus an der Nordseite. Das Gebäude enthielt rund 50 Zimmer und zwei Säle. In einigen Räumen des ersten Stocks haben sich noch barocke Stukkaturen erhalten.

Lage: Niederösterreich/Semmeringgebiet – ca. 2 km östlich von Gloggnitz

Ort/Adresse: 2640 Gloggnitz

Besichtigung: nur bei Veranstaltungen möglich

Homepage: www.mozart-schloss.com


Weitere Literatur:


17.11.2004