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Murau


Die Burg Obermurau wurde zwischen 1232 und 1250 von den Herren von Liechtenstein erbaut. Sie gehörte ihnen als freies Eigen. Während des Interregnums diente sie als Sperrfeste des Murtales gegen das Erzbistum Salzburg. 1250 ist Murau als Mvrowe urkundlich bezeugt. Damals erhielt der Minnesänger Ulrich von Liechtenstein vom Kärntner Herzog die Landgerichtsbarkeit für seine Burg, die er kurz zuvor von seinem Vater übernommen hatte, sowie 1256 bedeutende Schurfrechte in der Umgebung. Die damalige Anlage lag knapp südöstlich des heutigen Schlosses. Er bevorzugte als Wohnsitz aber die Frauenburg.1269 wurde die Anlage von König Przemysl Ottokar II zerstört, da sich der steirische Adel gegen ihn aufgelehnt hatte. Die böhmischen Besatzer blieben bis zu ihrer endgültigen Vertreibung 1276. Murau gelangte an den Sohn Ulrichs, Otto II zurück, der sofort mit dem Wiederaufbau begann. Er verlieh 1298 der sich unterhalb der Burg entwickelnden Siedlung das Stadtrecht. 1312 kam es in der Familie Liechtenstein zu einer Trennung in eine Frauenburger und eine Murauer Linie. Der Murauer Zweig brachte es zu größerem Besitz im Herzogtum Kärnten und hatte dort auch das Marschallamt inne. In der Steiermark stellten die Liechtensteiner die Kämmerer. Dennoch musste Friedrich II von Liechtenstein auf Grund seiner hohen Verschuldung 1392 die Herrschaft Murau an Wulfing von Stubenberg verpfänden. Während der Ungarnkriege stellte Niklas von Liechtenstein 1487 Murau dem ungarischen König als Stützpunkt zur Verfügung, worauf er von Kaiser Friedrich III 1490 geächtet wurde. Murau wurde vorübergehend landesfürstlich und von einem Pfleger verwaltet.

Zwar erhielten die Liechtensteiner 1495 ihre Besitzungen wieder zurück, doch waren ihre finanziellen Verhältnisse so schlecht, dass es immer wieder zu größeren Abverkäufen kam. 1542 hatte die Murauer Pfarrkirche bereits mehr Untertanen als die Herrschaft Obermurau. Christoph II von Liechtenstein heiratete 1566 seine Hauptgläubigerin Anna Neumann von Wasserleonburg. Sie galt damals als reichste Frau Österreichs.1574 verkauften seine Brüder ihr die Herrschaft Murau. 1596 wurde bei der Burg eine Kreidfeuerstelle eingerichtet. Als Anna 1623 starb, schuldete ihr u. a. Kaiser Ferdinand II die riesige Summe von 220.000 Gulden. Ihr sechster Gatte, Georg Ludwig zu Schwarzenberg, erbte den Besitz. Sie hatte den 32-jährigen Reichsgrafen erst im Alter von 81 Jahren geheiratet. Er ließ zwischen 1628 und 1641 durch den süddeutschen Baumeister Valentin Kaut neben der gotischen Burg die heutige repräsentative Anlage errichten. Sie hatte keinerlei Wehrcharakter mehr, was auch durch das Fehlen eines Turmes unterstrichen wird. Zu den zahlreichen beschäftigten Künstlern gehörten der württembergische Steinmetzmeister Hanns Dirolf und der Mailänder Stukkateur Giuseppe Pazarini. Von der alten Liechtenstein-Burg sind heute nur mehr wenige gotische Bauteile in der Nordostecke des Schlosses, darunter der sog. Folterkeller, erhalten. Der Rest wurde nach dem Neubau abgetragen. Da durch ein schweres Erdbeben 1689 an den Schlossmauern große Sprünge aufgetreten waren, musste das Gebäude bis 1692 saniert werden. Unter Georg Ludwigs Nachfolgern aus der mittelböhmischen Linie der Schwarzenberg wurde Murau durch umfangreiche Zukäufe zu einer der größten Grundherrschaften der Steiermark. Während des Ersten Weltkrieges wurde das Schloss zur Kaserne umfunktioniert. 1945 war ein schottisches Regiment hier einquartiert. Obermurau gehört noch heute der Familie Schwarzenberg. Es wurde ab 1953 sukzessive restauriert und dient nun in erster Linie der Verwaltung der fürstlichen Besitzungen. Im Sommer finden hier die traditionellen Schlosskonzerte statt.

Das schon von weitem sichtbare dreigeschossige Gebäude liegt am Plateau des Schlossberges oberhalb der Stadt. Es ist ein etwas eintönig wirkender Spätrenaissancebau, dessen vier Flügel um einen rechteckigen Hof angeordnet sind. Während der Südtrakt etwas nach Osten verlängert ist, ist der Nordtrakt dem felsigen Gelände entsprechend abgestuft. Die Mitte des Ostflügels wird von der dreigeschossigen frühbarocken Schlosskapelle dominiert. Sie wurde 1366 erstmals urkundlich erwähnt und 1628 in der heutigen Form erneuert. Ihre Apsis tritt als hoher Zylinder an der Außenmauer halbkreisförmig vor. Auch an der Hofseite springt sie risalitartig vor. Ihr Portal wurde 1643 von Christoph Hollstainer geschaffen. Hinter ihrem Giebel ist ein kleines Türmchen eingebaut, in dem sich die Schlossglocke befindet. Der Innenraum ist mit Rahmenstuck, allerdings ohne die dafür geplanten Gemälde, geschmückt. Die Stuckierung erfolgte durch Giuseppe Pazarino um 1640. Der dreigeschossige frühbarocke Hauptaltar zeigt im Gemälde den Hl. Achatius. Er entstammt der Judenburger Werkstatt aus der Zeit um 1655. Bemerkenswert ist der Totenschild des Carl Freiherrn von Teuffenbach (gest. 1610). Der Kapelle gegenüber befand sich an der Westseite hinter einem weiteren zweiachsigen Risaliten der große Fest- oder Theatersaal, der aber später in mehrere kleine Räume unterteilt wurde.

Der Schlosshof wird an der Nord-, West- und Südseite von Erdgeschoßarkaden begrenzt. In seinem Nordteil befindet sich ein 48 m tiefer Brunnen. Auf den Risaliten sind zweigeschossige Giebel aufgesetzt. Das Portal mit der Schlosseinfahrt liegt im südlichen Teil des Osttraktes. Anschließend befinden sich die Räume des Schwarzenberg-Archives, die mit Tonnen und Stichkappen überwölbt sind. Die Archivschränke des 17. Jh. sind noch vorhanden. Der ebenerdige Raum in der Südwestecke mit seiner achteckigen Mittelsäule und den vier Kreuzgratgewölben wurde später durch eine Zwischenmauer geteilt. Die meisten Innenräume dienen heute als Büros und Wohnungen. Die Prunkräume mit dem Katzensaal erstrecken sich im zweiten Obergeschoß des Südtraktes sowie im südlichen Teil des Osttraktes. Sie sind museal eingerichtet und weisen durchwegs Flachdecken mit Stuckverzierungen auf, die großteils von Giuseppe Pazarino 1641 angefertigt wurden. Die Südostecke wird vom Rittersaal eingenommen. Seine Decke ist von einem langen stuckierten Trambalken unterteilt. Hier hängen noch einige zum originalen Bestand zählende Porträts. Die kunstvoll gearbeiteten Türen der Repräsentationsräume stammen zum Teil noch aus der Erbauungszeit in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die meisten Türen wurden jedoch aus dem Schloss Schrattenberg hierher übertragen. Im Schloss findet man zahlreiche Öfen bzw. Kachelöfen aus dem 16., 17., 18. und 19. Jh. Der Katzensaal hat seinen Namen von vier originellen aber nicht besonders qualitätvollen Katzenbildern des 17. Jh. Sie befanden sich bis 1694 in der Burg Katsch.

Lage: Steiermark/Murboden – oberhalb der Stadt Murau

Ort/Adresse: 8850 Murau

Besichtigung: Von Mitte Juni bis Mitte September finden an jedem Mittwoch und Freitag um 15.00 Schlossführungen statt.


Weitere Literatur:


09.11.2004