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Steyr - Lamberg Schloss


Schloss Lamberg geht in seinen Grundzügen auf die mehr als tausend Jahre alte Steyrburg zurück, die ursprünglich im Besitz der Landesfürsten war. Als Styrapurch wurde sie bereits 985 erstmals erwähnt. Sie dürfte wenige Jahrzehnte zuvor zur Abwehr der Ungarneinfälle erbaut worden sein. 1078 scheint Otakar II urkundlich auf. Ein Jahr später nannte er sich schon Markgraf von Steier und wählte die Steyrburg als seine Residenz. Die nach ihrem Leitnamen Otakare genannte Familie war ein aus dem Chiemgau stammendes Grafengeschlecht, das zum Gefolge der Kärntner Herzoge zählte. 1122 verlegten die Otakare ihren Wohnsitz nach Graz. Otakars II Sohn, Leopold der Starke, führte in seinem Wappen den weißen Panther auf grünem Feld, der sich noch heute im Landeswappen der Steiermark und im Stadtwappen von Steyr findet. Kaiser Friedrich I Barbarossa ernannte 1170 den Abt des Klosters Garsten zum obersten Kaplan der Burgkirche. Der kurz zuvor zum Herzog ernannte Otakar IV vermachte 1186 seine Ländereien und damit auch Steyr dem mit ihm verwandten Herzog Leopold V von Österreich. Der Vertrag, der auch als Georgenberger Handfeste bezeichnet wird, trat 1192 mit dem Tod Otakars IV in Kraft. Damit wurden die Babenberger Herren der Steyrburg. Sie starben jedoch bereits 1248 mit Friedrich II dem Streitbaren aus, so dass die Burg vorübergehend herrenlos wurde. Es gelang Dietmar von Steyr 1252 sich der Anlage zu bemächtigen. Er musste sie aber wenig später im Tausch gegen die Burg Losenstein an König Ottokar II von Böhmen abgeben. Dieser übertrug die Verwaltung der Burggrafschaft Steyr an den böhmischen Marschall Burghart von Klingenberg, konnte sich aber auch nicht lange seines Besitzes erfreuen, da 1273 Rudolf von Habsburg das Erbe der Babenberger antrat.

Auch er ließ Steyr von Burggrafen verwalten. Später wurde es häufig als Pfand vergeben. 1467 hatte sich der damalige Pfandinhaber Georg von Stein in der Burg verschanzt und wollte sie nicht mehr an Kaiser Friedrich III zurückgeben, der das Pfand einlösen wollte. Er musste vom kaiserlichen Feldhauptmann Ulrich von Grafeneck nach einer Belagerung vertrieben werden. Johann Beckenschlager, der aus Gran geflüchtete Erzbischof, ließ während seiner Pfandherrschaft zwischen 1476 und 1490 die Burg renovieren und stark befestigen. Er ist auch für die Anlage des Schlossparks verantwortlich. Weitere Umbauten erfolgten 1518 und 1576. Damals wurden vor allem die Befestigungen verstärkt. Als Ludwig Graf Starhemberg 1596 zwei Bauernburschen hinrichten ließ, die ihn zuvor bei einer Musterung im Schlosshof attackiert hatten, führte dies zu einem blutigen Aufstand der Bauern im Alpenvorland, der sich auch auf das Waldviertel ausweitete. 1614 wurde der ehemalige Landeshauptmann von Oberösterreich, Georg Siegmund Freiherr von Lamberg, als Burggraf zu Steyr bestellt. Zwei Jahre später ließ er die Schlosskapelle erneuern. Im Bauernaufstand von 1626 besetzten die Rebellen die Burg und plünderten die Rüstkammer. Ein Jahr später mussten die Rädelsführer diese Tat mit ihrer Hinrichtung büßen. Georg Siegmund übernahm 1631 die Herrschaft als Pfandbesitz. Seine Nachkommen blieben über 300 Jahre lang im Eigentum der Burg. Johann Maximilian von Lamberg wurde 1641 von Kaiser Ferdinand II zum Reichsgrafen ernannt. Ihm gelang es 1666 Steyr als freies Eigen zu erhalten, indem er auf die dem Kaiser vorgestreckte Summe von 365.844 Gulden verzichtete. Er wandelte die Herrschaft in einen Fideikommiss um, so dass es in der Folge zu keinen Erbteilungen mehr kam. 1687 ließ Franz Josef Graf Lamberg die Anlage neuerlich renovieren und im Inneren mit Fresken von Anton Galliardi und Karl von Reselfeld schmücken. 1707 wurde Leopold Matthias Graf Lamberg in den Reichsfürstenstand erhoben.

Als die alte Steyrburg 1727 bei einem verheerenden Stadtbrand ebenfalls weitgehend vernichtet wurde, erfolgte nach den Plänen des Linzer Baumeisters Johann Michael Prunner der Wiederaufbau bzw. die Umwandlung der gotischen Burg in ein Barockschloss. Die Entwürfe des Architekten Domenico d’Angeli wurden nicht ausgeführt. 1731 waren die Bauarbeiten beendet. Der mit dem Schloss verbundene Besitz stellte um 1750 die größte Grundherrschaft Oberösterreichs dar. Während der Franzosenkriege erlitt das Schloss in den Jahren 1800, 1805 und 1809 größere Schäden. Bei einem neuerlichen Stadtbrand wurde 1824 vor allem der große Turm beschädigt. Beim Wiederaufbau erhielt er seine heutige zinnenumgebene Plattform. Als 1841 Fürst Gustav Joachim von Lamberg eine hübsche Hausiererin heiratete, büßte seine Familie den Fürstentitel ein. Der schwer verschuldete Vollrat Graf Lamberg verkaufte 1938 die längst Schloss Lamberg genannte Steyrburg samt dem umfangreichen Waldbesitz im Enns- und Steyrtal an die deutsche Reichsforstverwaltung. Das historisch interessante Schlossarchiv wurde dem Landesarchiv in Linz übergeben. Von 1941 bis 1956 gehörte das Schloss dem Gau Oberdonau bzw. nach Kriegsende dem Bundesland Oberösterreich. Die Schäden des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit erforderten umfangreiche Restaurierungsarbeiten. Schließlich übernahmen die Österreichischen Bundesforste den Besitz. Anlässlich der bevorstehenden 1000-Jahr Feier der Stadt Steyr wurde das Schloss ab 1977 großzügig restauriert. Auch die 1980 hier stattgefundene Landesausstellung über die Hallstattkultur trug zur erstklassig durchgeführten Generalsanierung bei. Damals wurde das Dach erneuert. 1993 wurde die Bibliothek der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die zahlreichen Innenräume des Schlosses werden heute vielfältig genutzt. Ein Teil ist an die Bundespolizeidirektion Steyr vermietet, ein Teil wurde in Wohnungen umgewandelt. Auch der Forstbetrieb Steyr der Bundesforste hat hier seine Büros. Im einstigen Getreidespeicher ist die Schlossgalerie des Kunstvereins Steyr untergebracht.

Der dreieckige Grundriss des riesigen Schlosses ergibt sich aus der Form des felsigen Geländesporns über dem Zusammenfluss von Enns und Steyr. In seinen drei langgestreckten Trakten befinden sich 122 Räume. Ältester Teil der Anlage ist der an der Südwestseite gelegene Römerturm, der Bergfried der alten Burg. Er stammt zwar nicht aus der Römerzeit, doch dürften bei seiner Erbauung Quadern des ehemaligen römischen Legionslagers Lauriacum verwendet worden sein. Sein unterer Teil wurde wohl noch vor der ersten Jahrtausendwende errichtet. An der Südseite des Turmes sind mächtige Buckelquader aus dem Mittelalter zu sehen. Der weitgehend fensterlose Römerturm bildet die Mitte des Südwesttraktes. Dessen westlicher Bereich ist zweigeschossig. Hier befinden sich im Erdgeschoß die ehemaligen Pferdestallungen, die nun als Restaurant dienen. Die dreischiffige Halle ist durch Stuckgurte geteilt und mit durch geschnitzte Pandurenköpfe verzierte Boxengitter und Trinkbrunnen ausgestattet. Im Ostteil des Südwesttraktes, dem einstigen Palas, lag die erste Schlosskapelle, die 1192 urkundlich erwähnt wird. Die Silhouette des besonders langen Nordtraktes wird nur durch den schlanken Uhrturm von 1731 etwas belebt. Dieser war ursprünglich mit einer kuppelartigen Haube gedeckt. Unweit des spitzen Winkels zwischen Nord- und Südosttrakt ragt ein repräsentativer barocker Torbau vor. Von seiner Halle aus gelangt man in das Treppenhaus, das in die Räume des ersten Stocks führt. Die hier befindlichen Säle haben an ihren Decken noch die schönen Stuckarbeiten bewahrt.

Die Räume am Gebäudespitz werden von der Lambergschen Adelsbibliothek eingenommen, die in prächtigen Rokoko-Bücherschränken rund 12.000 Bände aufweist. Der Grundstock zu dieser Sammlung wurde bereits von Georg Siegmund von Lamberg erworben. Sein Sohn Johann Maximilian sorgte für eine wesentliche Bereicherung des Bücherbestandes. Ihre heutige Form erhielt die Bibliothek erst nach dem großen Stadtbrand und der Erneuerung des Schlosses unter Fürst Anton von Lamberg. In diesem Bereich befanden sich ursprünglich die Wohnräume der Schlossherren. In der Südecke des ersten Stocks hat sich ein spätgotisches Steinportal aus dem Jahr 1520 erhalten. Ansonsten sind in den Innenräumen noch einige schöne Öfen aus dem 18. Jahrhundert bemerkenswert. Der zweigeschossige, über 20 Achsen lange Südosttrakt über der Steyr Altstadt wird vom Hauptportal und vom Vorbau der ehemaligen Schlosskapelle dominiert. Letztere dient heute dem städtischen Standesamt als Hochzeitssaal. Die stilvollen Stuckverzierungen stammen aus dem zweiten Viertel des 18. Jh. Im restlichen Teil dieses Flügels sind vorwiegend Mietwohnungen untergebracht. Das Hauptportal ist mit den Wappen der Familien Lamberg und Harrach geschmückt. Davor endet unter einem abgedeckten Schacht ein Fluchtgang, der in ein Haus der Altstadt führt.

In der Mitte des dreieckigen Hofes befindet sich ein großes Brunnenbecken. Die wasserspeiende Hundeplastik stellt das Wappentier der Familie Lamberg dar. Am Halsband erkennt man die Inschrift F. I. G. V. Lamberg 1666 (Franz Josef Graf von Lamberg). Der Hof wird durch einige groteske Sandsteinfiguren belebt, die aus dem Zwerglgarten des ehemaligen Stiftes Gleink stammen. Vor dem Südwesttrakt liegt ein 35 m breiter, aus dem Felsen gehauener Burggraben. Er geht noch auf die erste Burganlage zurück. Seine Wände sind mit Quadermauern verblendet und durch schwere Stützpfeiler abgesichert. In der Barockzeit wurde am nordwestlichen Ende des Grabens ein großer Getreidespeicher errichtet. Seine riesigen Hallen eignen sich hervorragend für museale Zwecke. Der Graben wird von einer gemauerten Pfeilerbrücke überspannt, auf der ein überdeckter Laubengang zum inneren Torbau führt. Sie erhielt ihre heutige Form in den Jahren 1728 bis 1731. Zum Schlosspark hin wird die Brücke durch ein offenes Rondell abgeschlossen. An seiner Außenseite weist das Lamberg-Wappen auf die langjährigen Schlossherren hin. Links und rechts des Rondells erstrecken sich die eingeschossigen ehemaligen Personalhäuser. Im englischen Park, der heute der Stadt Steyr gehört, stehen noch einige interessante Bauten. Der Rokoko-Pavillion wurde von Johann Michael Prunner entworfen. Er dient heute als Gaststätte. Die ehemalige Orangerie wird von der städtischen Gärtnerei genutzt. Ein barocker Turm war Teil einer Pumpanlage zur Bewässerung des Gartens. An der Ecke des Getreidekastens steht eine Johann Nepomuk-Kapelle, die ebenfalls von Johann Michael Prunner erbaut wurde.

Lage: Oberösterreich/Eisenwurzen – auf einer Hochterrasse oberhalb der Stadt Steyr

Ort/Adresse: 4400 Steyr

Besichtigung: Das Schlossgelände ist frei zugänglich. Führungen durch die Adelsbibliothek sind jederzeit gegen Voranmeldung möglich. Sie werden auch im Rahmen der Stadtführungen (Mitte Mai bis Mitte Oktober: Samstag 14.00) geboten.

Homepage: www.bundesforste.at/index.php


Weitere Literatur:


01.11.2004