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Aufenstein


Die Herren von Aufenstein waren Ministeriale der Grafen von Tirol. Sie führten einen Uhu im Wappen, der im Mittelalter Auf genannt wurde. Ein Heinrich von Aufenstein wird als Teilnehmer am Hoftag in Innsbruck erwähnt, als Otto von Andechs 1234 Innsbruck zur Stadt erhob. Im 13. Jahrhundert werden Aufensteiner häufig an vorderer Stelle als Zeugen von Rechtsgeschäften genannt, woraus man auf ihre bevorzugte Stellung am Hofe des Landesfürsten schließen kann. Ihre Burg diente zur Sicherung der Brennerstraße. Konrad III von Aufenstein war 1292 maßgebend an der Niederschlagung eines Kärntner Adelsaufstandes gegen Graf Meinhard II von Tirol beteiligt. Als Belohnung wurde ihm das Marschallamt in Kärnten übertragen. 1304 wurde er Landeshauptmann von Kärnten. Er wohnte nicht mehr auf seiner Tiroler Stammburg, wo sein Bruder Heinrich II lebte, sondern auf der Kärntner Burg Karlsberg. Daneben besaß er auch die Herrschaften Bleiburg, Gurnitz, Heunburg und Gutenstein. Nach dem Tode seines Bruders erbte er dessen tirolischen Besitz und wurde zum alleinigen Eigentümer von Aufenstein. 1323 stiftete er das Clarissinnenkloster in St. Veit an der Glan, wo er auch ein Erbbegräbnis einrichtete. Als nach dem Ableben des Tiroler Grafen und Kärntner Herzogs Heinrich 1335 Kärnten an die Habsburger fiel, spielte dabei Konrad III von Aufenstein eine wichtige Rolle. Heinrichs Tochter, Margarethe Maultasch, war damit nicht einverstanden und beauftragte den Burggrafen von Tirol, Volkmar von Burgstall, die Feste Aufenstein einzunehmen. Dies gelang erst nach einer langen Belagerung. Dabei wurde die Burg schwer beschädigt. Die Tiroler Besitzungen der Aufensteiner wurden eingezogen und vorerst landesfürstlich verwaltet. 1342 wurden die Herren von Villanders mit Aufenstein belehnt, aber bereits 1349 verpfändete es der Landesfürst an die Herren von Katzenstein. Die Burg geriet sehr rasch in Verfall, denn bereits vor der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde das Steinmaterial der Burg zur Errichtung der Katharinenkirche verwendet, die an die Nordwand der nach wie vor gepflegten Burgkapelle angebaut wurde. Beide Gotteshäuser gehören heute zur Pfarre Matrei am Brenner.

Die Burg stand auf einem vorspringenden Hügel am Eingang ins Navistal, einem östlichen Seitental des Wipptales. Sie war im Süden, Osten und Westen durch Steilabfälle geschützt. Lediglich im Norden hatte es ein Angreifer leichter. Daher dürfte hier ein Halsgraben bestanden haben, wie aus einer Bodenmulde abzuleiten ist. Die Burg ist bis auf einige kümmerliche Mauerreste aus dem 14. Jh. völlig verschwunden. Erhalten ist nur die zweigeschossige Burgkapelle. Sie war erst im frühen 14. Jahrhundert außerhalb der ursprünglichen Burganlage über dem Steilabfall des Felsens errichtet und 1330 geweiht worden. Eine Doppelkapelle stand damals nur gehobenen Adelsfamilien zu. Sie zeigt daher die Bedeutung der Aufensteiner. Das einheitliche Mauerwerk des äußerlich schmucklosen Baues ist aus Bruchsteinen errichtet, wobei die Kanten vorwiegend aus querverlegten länglichen Tuff-Quadern bestehen. Die Mauerstärke beträgt im untersten Geschoß zwei Meter und nimmt dann nach oben bis auf 1,25 m ab. Der rechteckige Kapellenraum weist eine Länge von 8 m und eine Breite von 5 m auf. Von den alten Fensteröffnungen, die mit leicht spitzbogigen Gewänden und äußeren Tuffeinfassungen ausgestattet sind, befinden sich zwei im Obergeschoß der Ostseite und eine im Erdgeschoß der Westseite. Die beiden Fenster in den Altarnischen des Obergeschosses haben noch ihre alte Verglasung aus Butzenscheiben des 15. Jh. Das eingesetzte Wappen konnte bisher nicht zugeordnet werden. Die restlichen Fenster wurden bei der Restaurierung rekonstruiert. Der Kapellenraum war seit langem durch eine Zwischendecke unterteilt. Der obere Raum diente seit dem 19. Jh. als Abstellraum, der untere als Schulraum für den Weiler Außernavis. Durch den Fensterausbruch zur Beleuchtung der Schulstube wurde der alte Baubestand sehr geschädigt. Gottesdienste wurden nur mehr in der benachbarten Katharinenkirche abgehalten.

1909 hatte eine Lehrerin hinter dem aus der ersten Hälfte des 19. Jh. stammenden Getäfel der Schulstube Wandgemälde entdeckt, die danach zum Teil freigelegt wurden und sich als die bedeutendsten frühgotischen Fresken Nordtirols erwiesen. Allerdings kam es dadurch zu starken Beschädigungen der Malereien. Um die Schüler nicht abzulenken, wurden die Vertäfelungen wieder angebracht, was weitere Schäden verursachte. Erst 1952, als die Schüler in ein neues Schulhaus umzogen, konnte an eine Wiederherstellung der Kapelle gedacht werden. Die neuen Fenster wurden wieder zugemauert und die Wandgemälde völlig sichtbar gemacht. Sie zeigen im Untergeschoß der Westwand und im anschließenden Teil der Südwand die menschlichen Laster (Hoffart, Neid, Trägheit, Geiz, Verleumdung, Wettlust und Unkeuschheit) sowie den Triumph des Todes. An der Westwand wurden auch Reste einer Kreuzigungsgruppe freigelegt, die aber durch den Fensterausbruch fast ganz zerstört worden war. An der Nordwand entdeckte man eine fast 6 m hohe Christophorus-Darstellung. Im Obergeschoß kamen nach der Abnahme von Malereien minderer Qualität vom Ende des 16. Jh. u. a. eine Schutzmantelmadonna sowie die Hl. Ursula zum Vorschein. Die abgenommenen Fresken wurden an der Nordwand der Kapelle angebracht. Sie stellen die Jungfrau Maria mit dem Einhorn dar. Weitere Arbeiten führten 1955 u. a. zur Freilegung von Malereien die das Gastmahl des Simon sowie die Anbetung der Könige darstellen. Alle diese Malereien dürften im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts nach der Übernahme der Burg durch die Herren von Villanders entstanden sein. Als einzige zweigeschossige Burgkapelle Nordtirols zählt Aufenstein mit seinem qualitativ hochwertigen Freskenbestand zu den wertvollsten Kulturdenkmälern des Landes.

Lage: Tirol/Wipptal – unweit von Matrei am Brenner

Ort/Adresse: 6143 Matrei am Brenner

Besichtigung: möglich


Weitere Literatur:


23.09.2004