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Palais Erzherzog Carl


An seiner Stelle stand im 16. Jahrhundert das kaiserliche Giesshaus, das Kaiser Rudolf II 1603 dem Hofkriegssekretär Heinrich Nickhardt schenkte. 1625 gelangte der Baukomplex an den kaiserlichen Rat und Kämmerer Bernhard von Weltz. Sein Erbe, Ferdinand Karl Graf von Weltz, war führend an den Vorberatungen zur Gründung eines Versatzamtes beteiligt. 1707 verkaufte er das Gebäude an das soeben von Kaiser Josef I gegründete Versatz- und Fragamt. Um der Nachfrage besser entsprechen zu können, wurde es zwischen 1720 und 1730 von einem, Johann Lukas von Hildebrandt nahe stehenden Architekten, unter Verwendung der älteren Bausubstanz umgebaut. Als das Versatzamt nach der Klostereform Josefs II 1788 in das aufgelassene Dorotheerkloster übersiedelte, erwarb das Haus Erzherzog Carl. Er ließ es in den Jahren 1801 bis 1804 durch Louis von Montoyer zu seinem Palais umgestalten. Nach Unstimmigkeiten mit seinem Bruder Kaiser Franz I zog er sich am Höhepunkt seiner Karriere ins Privatleben zurück, heiratete 1815 Henriette Friederike Prinzessin zu Nassau-Weilburg und bewohnte das Palais bis zu seiner Übersiedlung in die Albertina. Sein Sohn Erzherzog Albrecht, der später wie sein Vater ein berühmter Feldherr werden sollte, wurde 1817 hier geboren. Von 1841 bis 1847 wohnte der Komponist und Hofkapellmeister Otto Nicolai im Palais. Im letzten Viertel des 19. Jh. war Simon Georg Freiherr von Sina Hauseigentümer. Nach seinem Tod fiel das Palais an seinen Erben, den Fürsten Maurocordato. Später war hier die jugoslawische Gesandtschaft untergebracht. 1965 wurde das Gebäude in ein internationales Kulturzentrum und Studentenheim umgebaut. Auch ein kleines Theater wurde eingerichtet. Heute unterhält hier das „Haus der Musik“ einige musikspezifische Organisationen und Ausstellungen.

Das Palais ist heute ein mehrfach veränderter vierseitiger unf fünfgeschossiger Baukomplex. Die Franz Anton Pilgram zugeschriebene barocke Straßenfassade ist durch die Fenstergruppen rhytmisch gegliedert. Die Obergeschosse sind über einem zweigeschossigen gequaderten Sockel aufgebaut. Die Ecken sind mit einer Ortseinrahmung versehen. Die seitlichen Gitterbalkone in der Seilerstätte wurden erst 1872 angebracht. Das Gebäude hat zwei bemerkenswerte Barockportale in der Seilerstätte und ein Portal mit einem darüber liegenden Balkon in der Annagasse. Hier hat sich auch das klassizistische, mit Wand- und Deckenstuck geschmückte Stiegenhaus erhalten. Seine kannelierten Säulen erinnern an die Art Josef Kornhäusels. Der ehemalige Tanzsaal im ersten Obergeschoß weist eine Wandverkleidung aus dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts auf. Der Gedenkraum für Otto Nicolai ist mit geschitzten hölzernen Lambrissagen, einer Balkendecke und einem Renaissancekamin ausgestattet.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Seilerstätte 30/Annagasse 20

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


25.08.2002