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Mannersdorf am Leithagebirge


Mit Kalhoch von Ebersdorf, der in Mannersdorf Besitzungen hatte, wird der Ort 1301 erstmals erwähnt. 1390 gehörte er zur Herrschaft Scharfeneck, die zwei Brüder, die sich nach ihr nannten, als Lehen des ungarischen Königs hielten. Matthias Corvinus verkaufte 1470 Scharfeneck und Mannersdorf an Ulrich von Grafeneck. Damals bestand im Ort bereits ein freier Edelhof, den Hans von Zinzendorf 1500 an den Hochmeister des St. Georgsordens verkaufte. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde der Orden aufgelöst und der Edelhof fiel an den Landesfürsten, der sich auch Scharfeneck angeeignet hatte. Beide Herrschaften wurden an die Freiherren von Polheim verpfändet. Diese verlegten den Verwaltungssitz bald nach Mannersdorf. 1595 erwarb Johann Franz Freiherr von Breuner die Pfandherrschaft. Er ließ den Vorgängerbau des heutigen Schlosses errichten. Ab 1635 wurde Mannersdorf vom kaiserlichen Vizedom-Amt in Wien verwaltet. Es wurde der Witwe König Ferdinands II, Eleonore und dann der Königin Maria Eleonora, der Gattin Kaiser Ferdinands III als Leibgedinge übergeben. Schließlich verkaufte Kaiser Leopold I die Herrschaft an Johann Philipp Freiherrn von Greifenklau-Vollrath, von dem sie an seinen Schwager Ernst Christoph Graf Fuchs zu Limbach und Dornheim gelangte. Gräfin Maria Karolina, geb. Mollard, seine zweite Gattin, war Erzieherin der späteren Kaiserin Maria Theresia und auch deren Kinder. Sie wurde von der Kaiserin so geschätzt, dass sie zur Obersthofmeisterin ernannt und 1754 als einzige Nicht-Habsburgerin in der Wiener Kapuzinergruft bestattet wurde. Sie ließ in den Jahren zwischen 1719 und 1730 das Schloss erstmals ausbauen. Ihre Töchter verkauften Mannersdorf 1745 an Kaiser Franz Stephan von Lothringen. Maria Theresia weilte oft im Schloss und ließ es 1753 großzügig umbauen. Bei ihren Besuchen frequentierte sie das in nächster Nähe zum Schloss gelegene Thermalbad, das sich damals eines guten Rufes erfreute. Mannersdorf blieb bis zum Zusammenbruch der Monarchie 1918 im Besitz des Kaiserhauses und kam dann an den Kriegsgeschädigtenfonds. 1934 wurde es in den Familienfonds des Hauses Habsburg-Lothringen eingebracht. 1939 wurde das Schloss vom Deutschen Reich konfisziert und 1942 der damaligen Marktgemeinde als Amtshaus verkauft. 1945 hatte das Gebäude durch die russische Besatzung schwer zu leiden. Heute dient der 1985 umfassend restaurierte Bau als Rathaus der Stadt Mannersdorf. Die Räume der Nebengebäude wurden in 52 Wohnungen aufgeteilt und vermietet. An der Stelle der alten Wirtschaftsgebäude hat die Stadt eine neue Hauptschule errichtet.

Der in Schönbrunnergelb gefärbelte Bau liegt an der Hauptstraße der kleinen Stadt. Die monumentale spätbarocke Schaufassade, die Maria Theresia erbauen ließ, wurde vielleicht nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach errichtet. An den viergeschossigen sechsachsigen Mittelrisalit schließen sich zwei dreiachsige dreigeschossige Verbindungsbauten an, die zu den ebenfalls dreigeschossigen, aber nur zweiachsigen Eckrisaliten führen. Diese sind von schmucklosen Giebeln gekrönt. Zentral zwischen den Fenstern des Mittelrisalits ist im ersten Stock eine Nische ausgespart, in der eine Statue des Hl. Florians sich befindet. Das Rundbogenportal liegt im genuteten Erdgeschoß asymmetrisch an der linken Seite des Mittelbaues. Das zweite und das dritte Obergeschoß werden optisch durch ionische Riesenpilaster zusammengefasst. Ursprünglich überragte ein Turmaufsatz die Straßenfront. Er wurde aber 1884 wegen Baufälligkeit entfernt. Der barocke Schmiedeeisenbalkon, der die Hauptfassade schmückte, wurde erst 1953 anlässlich einer Fassadenerneuerung abgetragen. An den Straßentrakt schließen zweigeschossige Nebengebäude an, die gemeinsam einen großen rechteckigen Hof bilden. Ihr Erdgeschoß ist zum Teil in kräftigen Pfeilerarkaden aufgelöst. Der südöstliche Flügel wurde erst 1959 errichtet und durch drei Korbbogenportale dem Altbestand angepasst. Das wuchtige Treppenhaus im Hauptgebäude wird durch ein reich verziertes Schmiedeeisengitter abgeschlossen. Es stammt vom Umbau unter Maria Theresia. Vom Vorgängerbau hat sich noch eine Wendeltreppe aus dem 16. Jh. erhalten. Der schönste Raum des Schlosses ist der barocke, über zwei Geschosse reichende Maria-Theresien-Saal. Sein Deckengemälde zeigt Helios, der mit dem Sonnenwagen über den Himmel fährt. Figurengruppen symbolisieren die vier Jahreszeiten bzw. die vier Menschenalter. Im Gewölbesturz sind die vier Güter der kaiserlichen Herrschaft Scharfeneck – Hof, Mannersdorf, Sommerein, Au – dargestellt. Der oder die Schöpfer der Fresken sind unbekannt, es dürfte sich aber um Maler aus der Schule Altomontes handeln.

Lage: Niederösterreich/Leithagebirge – ca. 13 km südwestlich von Bruck/Leitha

Besichtigung: frei zugänglich, für den Maria-Theresiensaal ist eine Voranmeldung erforderlich


Weitere Literatur:


09.09.2004