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Finstermünz


Finstermünz sperrte die alte Talstraße über den Reschenpass, bei der es sich wohl um die römische Via Claudia Augusta, die kürzesten Verbindung zwischen dem Etschtal und Bayern, handelte. Als es bei der Bischofswahl von Chur 1078 zu Streitigkeiten kam, ließ Herzog Welf von Bayern nach seinem Feldzug gegen den Bischof bei einer nicht genannten Klause am Inn eine Besatzung zurück. Vermutlich handelte es sich dabei um Finstermünz. Hier dürfte sich auch die Grenze des Herzogtums Bayern befunden haben. Gesichert sind mehrere urkundliche Erwähnungen im 12. Jahrhundert. Ein castrum Luech in der Vinsterminze wird 1263 erstmals urkundlich bezeugt. Mit dem zunehmenden Handelsverkehr wurde es unter Graf Meinhard II von Tirol eine der bedeutendsten Zollstätten des Landes. Sein Nachfolger beauftragte 1300 einen Bewohner von Nauders mit der Instandhaltung der Straße. Dieser durfte dafür von den Reisenden eine Maut einheben. Als es mit den Engadinern im 15. Jh. zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam, ließ Herzog Sigmund der Münzreiche die Brücke in der Finstermünz befestigen. 1473 wurde zum Schutz des Innüberganges Sigmundseck erbaut und die Zollstätte dorthin verlegt. Maximilian I ließ die Anlage zu Beginn des 16. Jh. ausbauen. Die Pflege und die Maut wurde wegen der strategischen Bedeutung der Sperre nie als Lehen sondern vorerst nur an landesfürstliche Pfleger vergeben. Doch erhielt Dr. Jakob Frankfurter 1523 beides als Pfandbesitz. Er war unter König Ferdinand I Kammerprokurator am Innsbrucker Hof und Eigentümer des Ansitzes Weidenburg in Wattens. Später wurden wieder nur mehr Pfleger eingesetzt. Mit der Zollreform von 1779 verlor Finstermünz an Bedeutung, da das Zollamt nach Martinsbruck verlegt wurde. Wegen der von Frankreich drohenden Kriegsgefahr ließ man aber die Befestigungen nochmals instand setzen. Dennoch wurde die Klause 1784 – allerdings ohne den Brückenturm und Sigmundseck – an Josef Ignaz Purtscher, dem Zöllner zu Taufers, verkauft. 1789 gelangte sie in bäuerlichen Besitz. Die Gerichtsbarkeit wurde 1792 dem Gericht Naudersberg übertragen. 1799 fanden hier schwere Kämpfe mit den Franzosen statt. Als 1854 die von Karl Ritter von Ghega und Josef Duile geplante neue Reschenpassstraße hoch über Finstermünz vollendet wurde, hatte die alte Talsperre jede Bedeutung verloren. In den 70er Jahren des 19. Jh. wurde die Brücke vom Hochwasser weggerissen. 1948/49 wurden Turm und Brücke durch das Landesdenkmalamt wiederhergestellt. Heute gehört Finstermünz der Republik Österreich.

Die Anlage besteht aus drei Teilen. Die Brücke führt von der Schweizer Seite durch einen befestigten Brückenturm, der bereits auf österreichischer Seite im Inn steht, weiter zum österreichischen Ufer. Über ihm erhebt sich der Sigmundseck genannte Turm. Im Osten wird die Klause von einem fünfstöckigen Torturm und einer Sperrmauer abgeschlossen. Der dreigeschossige quadratische Brückenturm aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. ist ein in Österreich seltenes Beispiel eines befestigten Flussüberganges. Stromaufwärts ist er mit einem Wellenbrecher versehen. Der rechteckige Bau zeigt schön behauene Eckquader. Über der gewölbten Durchfahrt lag die Wächterstube. Ihre beiden Fenster sind mit Seitensitzen ausgestattet. Eine offene Herdstelle bot ein Minimum an Komfort. Der etwa 17 m hohe Turm hat 1 ¼ m dicke Mauern. Die Balkenlöcher unterhalb der Zinnen deuten auf ehemalige Wehrgänge hin. An der Nordwand befindet sich eine einzelne Schießscharte. Eine Pechnase mit Schlüsselscharte ist gegen das Schweizer Ufer gerichtet. Möglicherweise war ein Teil der Brücke hier als Zugbrücke ausgebildet. Der österreichische Brückenteil war immer schon mit einem Dach versehen. Sigmundseck ist ein gedrungener, fast quadratischer Turm knapp oberhalb der Brücke. Er ist direkt in die Felsen hinein gebaut. Seine Kanten sind mit behauenen Eckquadern versehen. Wie seine Zinnen und die erst später zu Fenster erweiterten Geschützscharten andeuten, diente er ausschließlich militärischen Zwecken. Seine Mauern sind etwa 1,5 m dick, wobei die nordwestliche Wand teilweise vom Felsen gebildet wird. Ein Geschützloch in Richtung Brückenturm ermöglichte die wirkungsvolle Verteidigung des Flussüberganges. Das gewölbte Obergeschoß war mit einer Feuerstelle versehen und diente der Wachmannschaft als Aufenthaltsraum. Die Schießscharten wurden in maximilianischer Zeit vergrößert.

Der Wohn- und Torturm, der die durchführende Straße wirkungsvoll sperren konnte, wurde noch vor 1500 vom späteren Kaiser Maximilian I in Auftrag gegeben, aber erst um die Mitte des 16. Jh. fertig gestellt. Über der südlichen Tordurchfahrt ist im dritten Obergeschoß auf profilierten Kragsteinen eine doppelte Pechnase angebracht, die von viereckigen Schießfenstern flankiert wird. Unter dem Satteldach befand sich ein von Zinnen umgebenes Wehrgeschoß. Der erste Stock ist wohnlich eingerichtet. Hier gibt es getäfelte Stuben mit Kassettendecken. Das Getäfel im Südwestraum stammt von 1584, ein anderes in einem Nebenraum von 1731. Die dem Inn zugekehrte Außenfront ist mit Schlüsselscharten und Schießöffnungen ausgestattet. Neben dem Torturm stand das dreigeschossige Zollhaus aus dem 16. Jh., das aber 1967 abgetragen wurde. Knapp hinter dem Turm liegt eine Höhle, die durch einen engen unterirdischen Felsspalt mit Sigmundseck verbunden ist. Aus der Bezeichnung castrum Luech von 1263 wird geschlossen, dass sich hier eine Höhlenburg befand. Es gibt jedoch keine Bauteile, die darauf hindeuten würden. Der Torturm und die Brücke waren durch eine Wehrmauer verbunden. Diese hatte einen überdachten Wehrgang und mehrere Schießfenster. Sie ist nicht mehr erhalten. Eine andere Mauer zog sich von der Nordseite des Torturmes bis zu den Felsen. Von ihr sind noch Teile zu sehen. Auch sie verfügte über einen hölzernen Wehrgang sowie abwechselnd Schlüsselscharten und Schießöffnungen. Eine im 16. Jahrhundert unterhalb von Sigmundseck geplante Befestigungsanlage wurde nicht ausgeführt. Etwas unterhalb des Torturms liegt eine der Maria Himmelfahrt geweihte Kapelle, die 1605 unter Erzherzog Maximilian III, dem Deutschmeister, errichtet wurde.

Lage: Tirol/Oberes Inntal – ca. 3 km unterhalb von Nauders, unmittelbar an der Schweizer Grenze

Besichtigung: jederzeit möglich


Weitere Literatur:


07.09.2004