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Hagenberg (Mühlviertel)


Im Jahre 1370 übergab der Herr von Wartberg ob der Aist, Eberhard Stadler, die kleine Feste Hagenberg, als sein freies Eigen den Brüdern Eberhard, Hans und Ulrich von Capellen und nahm sie von ihnen wieder als Lehen zurück. Der Grund für diesen Abstieg ist nicht bekannt. Albrecht Stadler war der letzte seines Geschlechtes. Seine Tochter heiratete Georg von Zwingenstein. Beide werden bis 1406 urkundlich mehrfach genannt. Über ihre Tochter Beatrix gelangte Hagenberg an deren zweiten Gatten Georg Schießenberger. Seine Nachkommen behielten die Burg bis 1514 und bauten sie weiter aus. Dann verkaufte Hans Schießenberger die Herrschaft seinen Vettern Hans, Mert und Leo von Hohenegg. Die Hohenegger ließen 1610 neben der Burg eine Gruftkapelle errichten, in der während der Reformationszeit protestantische Gottesdienste abgehalten wurden. 1615 heiratete Georg Christoph von Schallenberg in die Familie ein und übernahm Hagenberg. Unter den Schallenbergern dürfte der Ausbau zum Schloss erfolgt sein. Egon Gotthard Maurer von Hohenberg erwarb 1672 die Herrschaft. Als er 1692 starb, verkauften seine Erben Hagenberg an Johann Adam von Wöber. Seine Tochter Regina heiratete den Hofrat Wolf Wilhelm von Blumental, der ihre übrigen Geschwister auszahlte. In einem Urbar von1750 werden bereits 283 Untertanen erwähnt. 1770 ließ der damalige Schlossherr Augustin Thomas von Wöber die an das Schloss angebaute Schlosskirche fertig stellen. Unter Kaiser Josef II wurde sie zur Pfarrkirche bestimmt.

1773 kauften die Grafen Thürheim das Schloss. Maria Franziska Gräfin Thürheim brachte 1801 Hagenberg als Heiratsgut in ihre Ehe mit Michael Max Graf Althan ein. Von den Althans gelangte es 1862 im Erbweg an die Familie Dürkheim-Montmartin. Unter den Dürkheim erhielt das Schloss ein historistisches Aussehen. Auch sein charakteristischer Turm stammt aus dem 19. Jh. Er wurde 1892 auf den Unterbau des schon im 18. Jh. abgetragenen Bergfrieds aufgesetzt. 1900 wurde die Gruftkapelle abgebrochen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss von der russischen Besatzungsmacht als deutsches Eigentum beschlagnahmt und bis 1955 besetzt, wodurch es stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Danach diente die schon baufällige Anlage verschiedenen Mietern als Notquartier. Sie verwahrloste mehr und mehr. Der damalige Besitzer, Baron Friedrich von Lösch, dem Hagenberg seit 1938 gehörte, hatte sich bereits in den nahe gelegenen Meierhof zurückgezogen. Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts beantragte der Eigentümer einen Abbruchbescheid. Dies führte dazu, dass die Gemeinde 1985 die Ruine auf 99 Jahre pachtete. Sie suchte einen geeigneten Nutzer und fand ein Institut der Kepler-Universität Linz, das nach umfangreichen Räumlichkeiten in der Nähe der Landeshauptstadt suchte. Hagenberg wurde mit Landesmitteln saniert und für ein Technologiezentrum adaptiert. Obwohl man die mittelalterlichen Details hervorhob, entstand nach der Entfernung der historistischen Umbauten (mit Ausnahme des Turmes) eine zum Teil kulissenhaft wirkende postmoderne Baugruppe. Heute ist das Schloss Zentrum einer Fachhochschule mit angeschlossenem Softwarepark. Ein Gebäudeteil dient als Gemeindezentrum.

Schloss Hagenberg ist ein gutes Beispiel für jene wenigen Anlagen, die sich bereits in einem fast aussichtslosen Zustand befanden und dennoch gerettet werden konnten. Allerdings fragt man sich angesichts der notwendig gewordenen Modernisierungen, ob sich diese Rettung aus burgenkundlicher Sicht eigentlich gelohnt hat. Das Schloss liegt als mächtiger langgestreckter Bau auf einem zur Visnitz steil abfallenden Bergrücken. Die ehemalige mittelalterliche Hochburg ist im Trakt um den dritten Hof noch erkennbar. Dieser enge Hof ist heute mit einem Glasdach versehen und dient als Lobby bzw. Treppenhaus des Institutes. Vor allem der Torturm und der Stumpf eines Rundturmes haben noch Burgencharakter. Letzterer wurde nach einem Brand wegen Baufälligkeit teilweise abgetragen. Das Innere ist komplett modernisiert. Von der Einrichtung hat sich nichts erhalten. Nach Osten zu war die Vorburg durch einen jetzt zugeschütteten Graben von der Hauptburg getrennt. Ihre Ecken waren mit vier Rundtürmen bewehrt. Der Dachstuhl des talseitigen Traktes war im dritten Viertel des 20. Jh. eingestürzt, wodurch die darunter gelegenen Geschosse zu Ruinen wurden. Anlässlich des Umbaues zum Technologiezentrum wurden diese Bauten erneuert. Im ersten Stock des trapezförmigen Hofes der Vorburg befindet sich ein Arkadengang aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der vorderste Hof ist frontseitig offen, da die Gruftkapelle abgetragen wurde. Die äußere Zwingermauer wirkt gartenseitig wie eine niedrige Ziermauer, führt aber außen senkrecht bis zum gewachsenen Felsen hinab. Die an den Südtrakt angebaute Pfarrkirche war bei ihrer Gründung 1610 noch eine protestantische Schlosskapelle. Sie wurde 1672 ausgebaut und nach einem Brand 1728 nochmals erweitert. Der Landschaftspark westlich des Schlosses wurde vor 1826 angelegt und 1862 vergrößert.

Lage: Oberösterreich/Mühlviertel – ca. 24 km südlich von Freistadt

Besichtigung: von außen jederzeit möglich, auf Anfrage können werktags Führungen ermöglicht werden.


Weitere Literatur:


10.08.2004