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Mailberg


Im 11. Jahrhundert gehörte das Gebiet um Mailberg Haderich, einem Sohn des Vogtes des Bischofs von Regensburg und seinen Nachkommen. Diese wurden im 12. Jh. von den Chadolten, die vor allem in Kadolz bzw. Seefeld ansässig waren, beerbt. 1146 schenkte Chadolt von Zogelsdorf jenen Teil seines Besitzes, der in der heutigen Kommende Mailberg lag, dem damals noch jungen Johanniter-Orden, bevor er sich mit Markgraf Heinrich 1147 auf den 2. Kreuzzug begab. Zwar beeinspruchte sein Neffe Chadolt von Harras die Schenkung, doch behielten die Johanniter Mailberg und entschädigten ihn mit zwei Weingärten in Grinzing. Diese Schenkung bildete den Grundstock der heute weltweit ältesten im Ordensbesitz befindlichen Kommende des Souveränen Malteser-Ritter Ordens, wie der Johanniterorden seit dem 16. Jh. genannt wird. Die Johanniter bauten nun auf einer kleinen Anhöhe südlich des Ortes ein Kloster mit einem Pilgerhospital und einer Kirche. Durch weitere Schenkungen wurde die Kommende bald wesentlich vergrößert. In einem Urbar von 1529 wird vermerkt, dass sie damals in 45 Orten Abgaben einhob oder Untertanen besaß. Es gab jedoch auch immer wieder schlechte Zeiten für die Ordensritter. 1336 fiel Johann von Böhmen mit 20.000 Fußsoldaten und 2.000 Reitern ins Pulkautal ein. Mailberg wurde erobert und vorübergehend mit einer Besatzung belegt. 1402 hauste der Söldnerführer Johann von Lamberg in den Besitzungen des Ordens, die ab 1425 unter den Hussiten neuerlich schwer zu leiden hatten.

1451 fand in Mailberg eine große Versammlung der ober- und niederösterreichischen Landstände unter Ulrich von Eyczing statt. Es wurde der Mailberger Bund geschlossen, der Kaiser Friedrich III zur Herausgabe seines Mündels, des jungen Ladislaus Posthumus, zwingen sollte. Zu den Unterzeichnern gehörte auch Wilhelm Dechsner, Meister der Kommende Mailberg. Als Friedrich III plante, die Herrschaft dem Ritterorden wegzunehmen und sie dem von ihm gegründeten St. Georgs-Orden zu übergeben, konnten die Johanniter dies gerade noch verhindern. 1477 wurde Mailberg von den Truppen des ungarischen Königs Matthias Corvinus besetzt. Er gab es trotz einer Aufforderung durch Papst Sixtus IV bis zu seinem Tode nicht mehr heraus. Danach fiel die Herrschaft an Kaiser Friedrich III. Der Streit wurde erst durch Kaiser Maximilian I beigelegt, der Mailberg den Johannitern zurückgab. Während der Reformation verfiel das Schloss mit den Konventsgebäuden und der Kirche. Offenbar gab es auch keine Ordensbrüder mehr. Erst der Komtur Karl Tettauer von Tettau begann das bisher klosterähnliche Ordenshaus 1594 in ein Schloss der Spätrenaissance umzuwandeln, nachdem er den alten Bau weitgehend abgerissen hatte. Sein Nachfolger Graf Sternberg ließ ab1609 die Arbeiten soweit fortsetzen, dass die Räume bewohnt werden konnten. Er war auch für die Erneuerung der Kirche verantwortlich. Der Dreißigjährige Krieg wirkte sich vorwiegend durch Plünderungen auf Mailberg aus. 1650 war die Herrschaft so schwer verschuldet, dass es zur Exekution kam und sie an Wenzel Freiherrn von Hegenmüller verpachtet wurde.

Besser wurde die Lage erst, als 1658 der Orden wieder seinen Besitz zurück bekam und Leopold Graf Kollonitsch Komtur wurde. Der spätere Bischof von Neutra und Wiener Neustadt sanierte die Ordenswirtschaft. 1683 evakuierte er zahlreiche Kinder des von den Türken bedrohten Wiens und brachte sie im Schloss Mailberg unter. 1745 wurde Anton Graf Colloredo Komtur. Er brachte es bis zum Großmeister des Ordens und zum Generalfeldmarschall unter Kaiserin Maria Theresia. Er ließ das bereits etwas herabgekommene Schloss ab 1752 um- und ausbauen. Die Innenräume wurden barock ausgestattet. Auch die an das Schloss anschließende gotische Pfarrkirche wurde unter Graf Colloredo barockisiert. 1788 äscherte ein Großbrand fast den ganzen Markt und das Schloss ein. Die Wiederaufbauarbeiten zogen sich jahrelang hin. 1945 wurde das Schloss ausgeplündert und verwüstet. Nach seiner Wiederherstellung wurde in ihm ein kleines Museum eingerichtet, das die Geschichte des Ordens zum Thema hatte. Es ist seit 1996 geschlossen, soll aber bald wieder eröffnet werden. Auch das Archiv des Großpriorates von Österreich soll in Mailberg konzentriert und erschlossen werden. Der „Rittersaal“ dient für Zusammenkünfte des Ordens sowie gelegentlich für lokale und regionale Veranstaltungen. In einem Teil der Räumlichkeiten ist eine Frühstückspension eingerichtet. Zum Gutsbetrieb der Kommende gehören derzeit 410 ha Wald, 250 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie 43 ha Weingärten. Letztere sind verpachtet.

Das zweistöckige Schloss liegt auf einer Anhöhe über dem Ort. Es zeigt heute vorwiegend Merkmale der Renaissance und des Barocks, doch sind auch ältere Bauteile erkennbar. Die Gebäude sind von einem trockenen Graben und einer Ringmauer umgeben. 1880 brach die Brücke über den Graben zusammen. Sie wurde nicht mehr ersetzt. An ihrer Stelle wurde ein Erdwall aufgeschüttet. Das Torstöckl vor dem vorspringenden spätmittelalterlichen Tortrakt trägt im Obergeschoß das Wappen von Anton Graf Colloredo. Im Dreieckgiebel des Torstöckls nimmt eine Bauinschrift auf die durch ihn 1752 erfolgte Erneuerung Bezug. Durch die tonnengewölbte Toreinfahrt gelangt man in den langgestreckten Hof. Dieser wird von den Flügeln des Schlosses sowie im Osten von der Kirche begrenzt. Die hier befindlichen Wappen verweisen auf Karl Tettauer von Tettau, den Auftraggeber des Renaissancebaues. An der Knickstelle der gebrochenen Nordfront erhebt sich ein Rundturm mit Kegeldach. Seine Uhr befand sich ursprünglich an der Malteserkirche in Wien. Sie wurde 1883 hierher gebracht. In der Südwestecke des Hofes führt eine Freitreppe in das Obergeschoß. Der große Saal und die Wohnräume des Komturs sind repräsentativ gestaltet. Die bereits im 13. Jh. erwähnte Schlosskapelle und Pfarrkirche steht mit dem Schloss in baulicher Verbindung. Sie ist dem Hl. Johannes den Täufer, dem Schutzheiligen des Ordens geweiht. Ihr Hochaltarbild zeigt die Ausfahrt der christlichen Flotte zur Seeschlacht von Lepanto. Es wurde 1752 von Josef Biedermann gemalt. Der barocke Altar ist ein Werk des Wiener Bildhauers Adam Pierar. Eine im Stil der Donauschule um 1510 geschnitzte Holzgruppe stellt die Beweinung Christi dar. Statuen der Muttergottes und des Hl. Johannes gehen auf das 15. Jahrhundert zurück. Das neben der Kirche gelegene Spital ist den zahlreichen Umbauten längst zum Opfer gefallen. Der große, dem Schloss gegenüberliegende Meierhof stammt aus dem 19. Jh. Eine zum Markt abfallende Geländestufe wurde zu einer Bastion ausgebaut. Hinter dem Schloss erstreckt sich eine heute stark verwilderte historische Parkanlage. Ihre Rekonstruktion ist geplant. Auf dem Stumpf eines aus dem Spätmittelalter stammenden Turmvorwerks wurde 1760 ein längsoktogonaler spätbarocker Gartenpavillon errichtet. Auch er harrt der Restaurierung.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 20 km südwestlich von Laa/Thaya

Besichtigung: Der Innenhof ist frei zugänglich. Nach Voranmeldung sind Führungen möglich.

Homepage: www.malteserorden.at


Weitere Literatur:


06.08.2004