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Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Weikersdorf


1233 machte Hugo von Weiherburg, ein Bruder des Tursen Otto von Rauhenstein, eine Schenkung an das Kloster Heiligenkreuz. In einigen Urkunden des Stiftes aus den Jahren 1268 bis 1344 werden immer wieder Herren von Weikersdorf erwähnt. Wo sie ihren Sitz hatten, ist jedoch nicht bekannt. 1450 ist Hans Hager Herr auf Weikersdorf. Der Strauchritter Franz von Haag und seine „Böhmischen Brüder“ überfielen 1463 die Burg und nahmen ihn gefangen. Von 1480 bis 1496 war die Herrschaft im Besitz des Achaz Enenkel. Um 1500 besaß Matthias Corvinus die Burg. 1529 richteten die Türken schwere Schäden an. Neuer Besitzer wurde 1531 Joachim Marschall von Reichenau. Seine Erben verkauften das Gut an Jakob Rainer. Georg Kottler baute um 1579 mit Hilfe italienischer Baumeister den Schlosshof im Renaissancestil um. Er veräußerte die Herrschaft 1586 an Georg Stadler von Ernstbrunn, dessen Sohn Gandolf sie 1606 an die Witwe Barbara Langeisen weitergab. Hans Paul Bayer, dem auch Rauhenstein gehörte, erwarb 1612 den Besitz. Beim Türkeneinfall von 1683 wurde die Burg niedergebrannt. Die Eigentümer hatten sich nach Regensburg in Sicherheit gebracht. 1692 erwarb Franz Anton Edler von Quarient und Raal den verwüsteten Besitz von den Erben der Barbara Langeisen. Er ließ das heutige Schloss entstehen. Ab 1741 gehörte es durch Heirat der Familie Doblhoff, die ebenso wie die Quarients aus Tirol stammten. 1859/60 wurden etliche Umbauten vorgenommen und die Innenausstattung erneuert. Weikersdorf blieb bei der Familie Doblhoff-Dier, bis es die Stadt Baden 1966 kaufte. Während der russischen Besetzung von 1945 bis 1955 wurde der Bau weitgehend devastiert. 1971 erwarben Lotte und Wilhelm Papst das schwer beschädigte Schloss, bauten es um und führten es als Hotel. Ein moderner Anbau vergrößerte die Bettenkapazität. Leider kam es zu weiteren architektonischen Geschmacklosigkeiten. So wurde die alte Kapelle in eine Bar verwandelt. Seit 1992 wird Schloss Weikersdorf von den Austria Hotels International als Schlosshotel geführt. Die letzte Renovierung konnte einige der Bausünden der Vergangenheit wieder vergessen machen. So dient das zum Lieferanteneingang degradierte Hauptportal wieder seinem ursprünglichen Zweck. Auch der Innenhof hat seinen einstigen Charme wieder zurückbekommen.

Die alte Burg, aber auch noch das Renaissanceschloss war ursprünglich von einem Wassergraben umgeben, von dem ein Teil im Norden und Westen, zwar trocken gelegt, aber doch bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. erhalten blieb. Seit dem Umbau zum Hotel wird der Westteil des Grabens als Parkplatz verwendet. Das Schloss ist ein fünfseitiger dreigeschossiger Bau. Der Südwestfront ist ein quadratischer, viergeschossiger Torturm vorgebaut. Sein Mansarddach ist mit einer Uhr geziert. Neben dem rundbogigen Einfahrtstor befindet sich eine kleinere, ebenfalls rundbogige Fußgängerpforte, darüber ein Rundfenster. Die architektonische Terrakottadekoration des Portals stammt von 1859. An der Südfront wurde 1859 eine mit Terrakotta verkleidete dreibogige Säulenloggia vorgebaut, von der eine breite Freitreppe in das Rosarium des Parks hinabführte. Die geschmackvolle, aber industriell hergestellte Terrakotta-Ausstattung wurde von der Firma Brausewetter in Kottingbrunn geliefert. Die Nordostecke ist durch ein Rondell mit Kegeldach verstärkt. Das breite Korbbogentor der Durchfahrt führt in den großen, seit 1983 mit einem Glasdach versehenen Innenhof. Seine Nord- und Südseiten sind mit rundbogigen bzw. segmentbogigen Arkaden auf toskanischen Säulen geschmückt. An der Nordostfront liegt das 1859 angebaute zweigeschossige Stiegenhaus. Im ersten Stock des Osttraktes erblickt man ein zweiteiliges Renaissance-Rundbogenfenster. Sein Steinrahmen ist seitlich von Masken, an denen Fruchtfestons hängen, eingefasst. Die Jahreszahl 1579 deutet darauf hin, dass es erst beim Umbau von 1859 hier eingesetzt worden sein dürfte.

In der Nordecke des Hofes erhob sich der Bergfried, der aber schon beim Barockumbau um 1692 bis zur Traufenhöhe der anschließenden Trakte abgetragen wurde und von außen daher nicht mehr sichtbar ist. Sein Stumpf geht noch auf die Mitte des 13. Jh. zurück. Auch die Außenmauern im Bereich des Nord- und Westtraktes stammen teilweise noch aus dieser Zeit. Im Erdgeschoß des Südosttraktes hat sich eine alte steinerne Wendeltreppe, allerdings abgemauert erhalten. Die Innenräume wurden 1859 meist neu ausgestattet. Im ehemaligen Speisezimmer wurde eine Holzdecke in Keramik nachgeahmt. Über den beiden Türen wurden damals Supraporten von J. G. B. Püttner angebracht. Bis zum Zweiten Weltkrieg befand sich im Schloss eine Gemäldegalerie mit Werken vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Die Decken der Salons sind durchwegs mit Stuckarbeiten vom Ende des 17. Jh. versehen. Besonders schön ist jene des ehemaligen Musikzimmers. In drei ovalen Feldern befinden sich Deckenmalereien, die Putten mit Blumen und Büchern zeigen. Sie stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Auch einige Renaissancetüren mit steinernen Gewänden haben sich erhalten. Der ehemalige Schlosspark ist heute als Doblhoffpark besser bekannt.

Lage: Niederösterreich/Wienerwald

Ort/Adresse: 2500 Baden bei Wien, Schlossgasse 9 - 11

Besichtigung: im Rahmen des Hotelbetriebes möglich

Homepage: www.hotelschlossweikersdorf.at


Weitere Literatur:


17.05.2004