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Graz - Schlossberg


Der Schlossberg ist ein freistehender, am linken Murufer 122 m aufragender länglicher Dolomitfelsen, auf dem sich vermutlich bereits in vorgeschichtlicher Zeit eine Ringwallanlage und ab dem 9. Jh. eine Fluchtburg der Slowenen befand. Diese kleine Burg – slawisch Gradec – wurde namensgebend für die Stadt. In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wurde am Südsporn des Berges ein kleines Kastell errichtet, das der Sicherung der St. Pauls-Kapelle diente. Es wird noch um die Mitte des 14. Jh. erwähnt. Der Hochfreie Bernhard von Stübing erbaute um 1125/30 am nördlichen Teil des Berges eine Herrschaftsburg. Er übergab die Verwaltung Dienstmannen aus dem Geschlecht der Udalchringer und Dietmare. 1164 wird die Feste als castrum Graece und 1354 als Haws Grecz bezeichnet. Der Name Schlossberg ist seit dem 16. Jh. gebräuchlich. An den Befestigungen wurde ständig gebaut, um sie am modernsten Stand zu erhalten, so anfangs des 14. Jh. sowie 1466/68, 1488, 1500, 1515/23 und 1533/42. Unter dem Druck der Türkengefahr erfolgte zwischen 1544 und 1588 eine gänzliche Neubefestigung im italienischen Bastionssystem, vermutlich nach Plänen von Lazarus Schwendi. Unter der Leitung der italienischen Festungsbaumeister Domenico dell’Allio, Pietro Ferrabosco und Francesco Theobaldi entstand eine der stärksten Festungen Innerösterreichs. 1544/46 erfolgte der Bau der noch unversehrt erhaltenen Stallbastei. 1577 wurde der Palas als letzter Rest der mittelalterlichen Burg abgebrochen und die Hochfläche des Berges auf sein heutiges Niveau eingeebnet. Die neuen Befestigungen umzogen die ganze Bergeshöhe mit Mauern, Basteien, Kanonenständen, Magazinen und Unterkünften. Neben seiner Funktion als Wehrbau und Zufluchtsort für die kaiserliche Familie und den Kronschatz hatte die Festung am Schlossberg auch die Aufgabe eines Staatsgefängnisses zu erfüllen. Zu ihren prominentesten Gefangenen zählten Balthasar von Eggenberg, Hans Erasmus Graf Tattenbach und Graf Zriny. Der Schlossberg konnte im Laufe der Geschichte allen feindlichen Angriffen standhalten, bzw. fanden diese gar nicht statt, da die Festung als weitgehend uneinnehmbar galt. So zogen türkische Streifscharen sowohl 1480 als auch 1532 an Graz vorbei, ohne einen Angriff oder eine Belagerung zu wagen.

Der Schlossberg war bis in das 19. Jahrhundert hinein Eigentum des Militärs und blieb aus taktischen Gründen daher weitgehend unverbaut. 1562 war er mit 27 Geschützen bestückt, im 17. Jh. waren es bereits über 40. Sowohl 1683 als auch 1710 wurden die Basteien zusätzlich durch Palisaden verstärkt. Die Besatzung erreichte aber nur selten mehr als 100 Mann. Auf Grund der Bestimmungen des Friedens von Schönbrunn wurde die gesamte Anlage 1809 von den Franzosen geschleift. Der Zerstörung entgingen nur wenige Teile. So konnten der Uhr- und der Glockenturm durch eine hohe Zahlung der Grazer Bürger erhalten werden. Am besten geben noch die Stall- und Kanonenbastei einen Eindruck vom Aussehen der einstigen Festung. Der sog. Türkenbrunnen sowie die große und die kleine Zisterne wurden verschüttet, aber später wieder freigelegt. Da an einen Wiederaufbau der zerstörten Gebäude aus Kostengründen nicht zu denken war und die hoch über der Stadt liegende Festung nur mehr von geringer militärischer Bedeutung war, verkaufte die kaiserliche Hofkanzlei den Schlossberg 1818 an die steirischen Stände. Bis 1839 wurden einzelne Parzellen an Grazer Bürger veräußert. Feldzeugmeister Ludwig Freiherr von Welden, der in Graz als Divisionär stationiert war, regte die Bepflanzung des Berges sowie dessen Erschließung durch ein Wegenetz an. Verschiedene romantische Holzbauten wie ein Schweizerhaus, ein Musikpavillon und eine Klause wurden errichtet, wurden aber mittlerweile vom Zahn der Zeit dahingerafft. Ab 1869 bemühte sich ein Stadtverschönerungsverein um den Schlossberg. Zwischen 1887 und 1892 wurde der Großteil des Areals der Stadtgemeinde Graz übergeben.1893/94 wurde die Schlossbergbahn errichtet. Russische Kriegsgefangene bauten zwischen 1914 und 1918 den Felsensteig. Im Zweiten Weltkrieg errichtete man im Inneren des Berges ein 6,3 km langes Stollensystem zum Schutz der Zivilbevölkerung.

Von den ehemaligen mittelalterlichen Befestigungen sind nur mehr geringe Reste erhalten, so das Fragment eines spätgotischen Fenstermaßwerks und einige zum Teil vermauerte Schlüssellochscharten. 1960 wurde eine frühromanische Steinsäule gefunden. Das Wahrzeichen der Stadt Graz ist der Uhrturm. Unter Einbeziehung eines mittelalterlichen Wehrturmes aus dem 13. Jh. erhielt er 1559/69 seine heutige pittoreske Gestalt. Bis zur Errichtung einer Feueralarmanlage auf der Stallbastei 1725 diente er als Feuermeldestelle. Eine 1813 geplante Aufstockung und Neukonstruktion seines Daches kam nicht zur Ausführung. Der gedrungene Turm hat einen quadratischen Grundriss. Vier riesige Ziffernblätter mit einem Durchmesser von 5,4 m ermöglichen es auch den Sehschwächeren der Stadt, jederzeit die Zeit abzulesen. Die Südwestseite des hohen und steilen Zeltdaches über dem hölzernen Umgang ist mit einer großen offenen Gaupe versehen, in der sich zwei Glocken befinden. Die Armensünderglocke gilt als die älteste Glocke von Graz. Sie wurde 1382 durch Johannes von Voitsperg gegossen. Die Holzerker an der Nordwest- und Nordostseite stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. Die Außenwände sind mit drei ursprünglich an den Bastionen bzw. Festungstoren angebrachten großen Wappensteinen geschmückt. So zeigt die Ostecke den steirische Pantherschild mit dem Herzogshut Erzherzogs Karl II (1570), die Nordecke den einköpfigen Adler Kaiser Ferdinands I (1552) und die Nordwestseite eine Rocaillekartusche mit Doppeladler, Bindenschild und den Initialen Maria Theresias (Mitte des 18. Jh.). Im Inneren führt eine Holztreppe zur Uhrwerkstube. Das heutige Uhrwerk ersetzte 1712 ein Werk von 1569. Es wurde vom Hofuhrmacher Michael Sylvester Funck angefertigt. Über dieser Stube befand sich die Wohnung des Turmwächters mit spitzbogigen Türöffnungen.

Der 1575/77 von Dionisio Tade am Westhang des Berges errichtete Pulverturm wurde 1776 nach der Verlegung des Pulvermagazines aus dem Stadtbereich, seines Verwendungszweckes beraubt. Dennoch wurde er 1809 zerstört. Die Ruine wurde um 1820 in romantischen Formen als Winzerhäuschen umgebaut. Es ist heute als Starcke-Häuschen bekannt, da es von 1873 bis 1885 dem Dresdner Hofschauspieler Gustav Starcke als Sommerhäuschen diente. Auf der Stall- bzw. Kanonenbastei steht ein ebenerdiges Gebäudeensemble. Es handelt sich dabei um die seit 1725 bestehende Feueralarmstelle. Ein Brand in der Stadt wurde mit vier großen Feueralarmkanonen, den „vier Evangelisten“ angezeigt. Sie wurden 1787 durch leichtere Geschütze ersetzt. Ein vermutlich anfangs des 18. Jahrhunderts errichteter Bau dient seit 1979 als Garnisonsmuseum. Der Glockenturm ist ein achteckiger Renaissancebau. Er wurde 1588 als Turm der romanischen Thomaskapelle von Antonio Marmoro sowie Giacomo und Paolo de la Porta errichtet. Die vier Stockwerke über dem halb freiliegenden Sockelgeschoß sind durch breite Gesimsbänder getrennt. Im obersten Stock dienen acht Doppelfenster als Schallöffnungen. Dem Turm ist ein Helmdach mit Laterne und Patriarchenkreuz aufgesetzt. Eine Gedenktafel weist darauf hin, dass die Grazer 1809 den Franzosen 2978 Gulden und 11 Kreuzer zahlen mussten, um die Schleifung des Bauwerks sowie des Uhrturms zu verhindern. Das unterste Geschoß diente einst als Gefängnis und wurde wegen seiner Form von der Bevölkerung als Bassgeige bezeichnet. Seine Deckenöffnung ist heute vermauert. Die oberen Stockwerke sind durch eine Wendeltreppe verbunden. Sie beherbergen das Schlossbergmuseum. Im obersten Geschoß, der Glockenstube, hängt die 1587 gegossene große Türkenglocke, die seit dem 19. Jh. als „Liesl“ bekannt ist. Sie wird täglich dreimal mit 101 Schlägen geläutet.

Neben dem Glockenturm wurden 1972 die Fundamente der St. Thomas Kirche freigelegt. Diese romanische Rundkirche wurde bereits 1271 erstmals genannt, aber 1810 abgebrochen. Unterhalb der Kanonenbastei liegt der 94 m tiefe Türkenbrunnen. Trotz seines Namens wurde er in erster Linie von sächsischen Bergknappen, allerdings unter Mithilfe türkischer Kriegsgefangen, in den Jahren 1554 bis 1558 gegraben. Er reicht bis zum Grundwasserspiegel der Mur hinab. Unter Benutzung eines Kettenzuges wurde er nur in Kriegszeiten verwendet. Nach seiner Zerstörung durch die Franzosen wurde er 1836/37 durch Bonaventura Hödl wiederhergestellt. Die Zisterne wurde 1554/57 durch den Festungsbaumeister Domenico dell’Allio errichtet. Sie musste bereits in den Jahren 1570 bis 1580 wegen starken Wasserverlustes umgebaut werden. Wegen der Fehlkonstruktion ließ die Regierung das Vermögen der Familie dell’Allio beschlagnahmen. Der Steinkranz ist mit 1739 datiert. Die komplizierte schmiedeeiserne Brunnenlaube fertigte 1897 der Kunstschlosser Carl Macher. Die 16 m tiefe Zisterne hat einen Fassungsraum von ca. 900 m³. Bei der Sprengung von 1809 wurde sie zwar verschüttet, aber 1836 wieder erneuert. Die Reste der ehemaligen Festungskeller werden auch als Kasematten bezeichnet. Über ihnen stand bis 1577 der alte Palas. Ab 1927 wurde die malerische Anlage unter Einbeziehung des ehemaligen Halsgrabens als Freilufttheater genutzt. Unter den zahlreichen Denkmälern des Schlossberges ist vor allem jenes für den Generalstabsmajor Freiherr von Hackher interessant, der die Festung bis zum Friedensschluss von 1809 erfolgreich gegen die Franzosen verteidigte. Der große Bronzelöwe wurde 1909 von Otto Jarl entworfen, wobei ihm der Löwe von Asparn als Vorbild diente. 1940 wurde er als „freiwillige Metallspende“ der Stadt Graz eingeschmolzen und 1965/66 durch eine Nachschöpfung von Wilhelm Gösser ersetzt.

Lage: Steiermark/Graz – am Rande der Altstadt

Besichtigung: die Anlagen sind von außen jederzeit zu besichtigen, die Museen während der Besuchszeiten


Weitere Literatur:


15.05.2004