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Persenbeug


Persenbeug wird schon 863 als „Biugin“ in einer Urkunde des Klosters Niederaltaich genannt. Als Vorläufer des heutigen Schlosses befand sich hier bereits im 10. Jahrhundert eine vermutlich hölzerne Burg zum Schutz des Verkehrs auf der Donau. Sie wurde wahrscheinlich um 950 von Graf Sieghart von Sempt und Ebersberg als Stützpunkt gegen die Ungarn errichtet oder zumindest neu befestigt. Sein Gefolgsmann Otker de Persinpiugin wird um 970 als Burggraf genannt. Den Grafen Sempt-Ebersberg gehörte die Grafschaft bis zu ihrem Aussterben 1045. Im gleichen Jahr kam es in der Burg zu einem Unfall, der großes Aufsehen erregte. Kaiser Heinrich III machte auf seiner Reise nach Ungarn hier Station. Gräfin Richlinde, die Witwe des Adalbero III von Semt-Ebersberg, gab ihm zu Ehren ein großes Fest. Die bereits altersschwachen Holzbalken des Festsaales hielten der Belastung jedoch nicht stand und die gesamte Gesellschaft stürzte mit dem Fußboden in die darunter liegende Badestube. Der Kaiser blieb fast unverletzt, der Bischof Bruno von Würzburg und der Abt von Ebersberg erlagen jedoch ihren Verletzungen. Auch Gräfin Richlinde soll damals ums Leben gekommen sein. Bei diesem verunglückten Besuch des Kaisers wurde der Neffe der Gräfin, Welf III, mit Burg und Herrschaft belehnt. Nach dessen 1055 erfolgtem Ableben wurde beides vom Kaiser eingezogen und in der Folge meist gemeinsam mit der Maut in Ybbs als Lehen vergeben. Bis ins 14. Jahrhundert hinein besaßen dieses die Äbte von Ebersberg, gaben es aber als Afterlehen weiter. Zu ihren Lehensnehmern zählten auch die Babenberger, die wieder Burggrafen mit der Verwaltung betrauten. Von 1301 bis 1364 hatte Agnes, die Tochter König Albrechts I, die Herrschaft inne. Damals war die Burg bereits landesfürstlich und von einem Lehen Ebersbergs keine Rede mehr. Herzog Albrecht II verpfändete Persenbeug seiner Verlobten Violanda von Mailand. Als die Verlobung gelöst wurde, musste sie den Besitz wieder zurückgeben. 1430 richteten die Hussiten schwere Schäden an. 1432 erhielt Elisabeth, die Gattin Albrechts V, die Herrschaft als Morgengabe. Georg von Säusenegg bekam sie 1450 als Pfandobjekt unter der Bedingung, die Burg in Kriegszeiten den kaiserlichen Soldaten offen zu halten. Später wurden vorwiegend Pfleger eingesetzt.

Kaiser Maximilian I hielt sich zur Jagd gerne hier auf. Der 1496 von ihm eingestellte Pfleger war auch für die Betreuung seiner Wolfshunde verantwortlich. Erzherzog Ferdinand I nahm 1521 in der Burg die Huldigung der Landstände entgegen. 1538 war Persenbeug an Wilhelm von Rogendorf verpfändet, der größere Bauarbeiten an der Burg vornehmen ließ. Kaiser Rudolf II lebte in Prag und interessierte sich wenig für seine österreichischen Besitztümer. Er verkaufte 1593 Schloss und Herrschaft dem Freiherrn Ferdinand Albrecht von Hoyos als freies Eigen. Dieser diente bis 1595 Erzherzog Ernst in den Niederlanden als Hofmarschall. Nach seiner Rückkehr sprang er mit seinen Untertanen recht rauh um und galt bald als Leuteschinder. Während des Bauernkrieges von 1597 hielten Aufständische unter der Führung des Schusters von Emmersberg die Burg fünf Wochen lang besetzt. Persenbeug wurde zu einem Zentrum ihrer Aktivitäten. Von hier aus eroberten sie die Stadt Ybbs. Mit der Erbauung der Schlosskapelle begann Ferdinand Albrecht 1609 den großen Umbau des Schlosses, der weitgehend einem Neubau gleichkam. Seine Witwe Regina setzte die Arbeiten 1617 fort und Adam Eusebius Graf Hoyos beendete sie 1621. Damals erhielt Persenbeug sein heutiges Aussehen. 1619 ließen die protestantischen oberösterreichischen Stände das Schloss vorübergehend besetzen. Die Hoyos besaßen die Herrschaft bis 1800. Nachdem Graf Leopold 1796 in Wien verstorben war, verkauften seine Töchter den Besitz an Kaiser Franz II (I), dem das Schloss als private Sommerresidenz diente. Nach dessen Tod ging es in den Besitz seiner vierten Gattin, Kaiserin Caroline Auguste über, die es ihrem Enkel, Erzherzog Carl Ludwig vermachte. Dieser schenkte Persenbeug seinem Sohn Erzherzog Otto zu dessen Vermählung mit Prinzessin Maria Josepha von Sachsen. 1887 wurde im Schloss der letzte österreichische Kaiser, Karl I, geboren. Erzherzog Otto verkaufte Persenbeug 1896 an Kaiser Franz Joseph. Nach dem Ende der Monarchie blieb es im Besitz seiner Tochter Marie Valerie. Schloss und Gutsbesitz sind noch heute im Besitz ihrer Nachkommen, der Familien Habsburg-Lothringen und Waldburg-Zeil. Das Schloss ist bewohnt und Sitz der Güterverwaltung.

Auf Grund seiner Lage auf einem 26 m hohen Felsen unmittelbar über dem Nordufer des Flusses zählt Persenbeug zu den malerischten Ansichten einer Donaureise. 1957 wurde knapp oberhalb des Schlosses das größte österreichische Donaukraftwerk vollendet. An das dadurch stark veränderte Landschaftsbild hat man sich inzwischen gewöhnt und findet es längst nicht mehr störend. Der Zugang zum Schloss erfolgt im Südosten durch die tonnengewölbte Durchfahrt des viereckigen Torbaues. Durch den langgezogenen Zwinger unmittelbar am Steilabsturz zur Donau entlang führt der Weg zu einem zweiten Tor, durch das man den großen fünfeckigen Schlosshof betritt. Dieser wird von dreigeschossigen Flügelbauten umschlossen. In seiner Mitte steht ein spätbarockes Brunnenbecken vom Ende des 18. Jh. Der quadratische fünfgeschossige Hauptturm ist aus dem einstigen Bergfried entstanden. Er dient nunmehr als Treppenturm. In der Barockzeit wurde ihm ein Zwiebelhelm mit Laterne aufgesetzt. Der viereckige Michaelsturm im Nordwesten hat ein flaches Pyramidendach. Er dürfte noch aus dem 12. oder 13. Jh. stammen. Aus der westlichen Außenfront des Schlosses ragt der dreiteilig gestaffelte Priesterchor der Kapelle vor. Trotz seines gotischen Aussehens stammt er vom Umbau aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts. Der Kirchenraum ist als frühbarocker Saal ausgebildet. Der klassizistische Altar wurde 1822 vom Architekten Peter von Nobile geschaffen. Papst Pius VII spendete 1819 die Gebeine des Märtyrers Vincentius, die in einem Glasschrein am Altartisch ausgestellt sind. Die Renaissancekanzel entstand kurz nach 1600, das Orgelpositiv um 1730. In der Gruftkapelle im Untergeschoß stehen ein kleiner Marmoraltar mit einem Flachrelief und eine Pieta von 1621. Vor allem im Ostflügel gibt es einige repräsentative Säle, deren Decken mit Stuck verziert und deren Wände mit Holz verkleidet sind. In die Boiserien des Großen Saales (um 1890) sind Gemälde der Maler Josef Rebell und Thomas Ender eingelassen, die Ansichten der kaiserlichen Herrschaften des Waldviertels zeigen. Die Supraporten sind mit Darstellungen der Schlösser Persenbeug, Leiben, Artstetten und Pöggstall geschmückt. Das Schreibzimmer des Kaisers Franz II (I) wurde später in einen Speisesaal umgewandelt. Zur gepflegten Einrichtung gehören auch große Familienporträts des Kaiserhauses. Oberhalb der Bundesstraße, die an der Stelle des ehemaligen bergseitigen Wehrgrabens verläuft, liegt der viergeschossige Giebelbau des barocken Schüttkastens. Eine Fußgängerbrücke führt von der Ostseite des Schlosses über einen grabenartigen Einschnitt in den Park.

Lage: Niederösterreich/Donau – ca. 20 km westlich von Melk

Besichtigung: kaum möglich, den besten Blick hat man von der Staumauer aus


Weitere Literatur:


09.05.2004