Wie der Name Mauthausen sagt, befand sich hier eine Station, an der Maut von den Donauschiffern eingehoben wurde. Auf Wunsch des Kaisers Friedrichs III ließ der damalige Pfandinhaber der Herrschaft und Mautpächter Lassla Prager 1491/94 die kleine Turmburg auf einem Felsen im Fluss errichten. Eine Brücke verband sie mit dem Festland. Nach Pragers Tod löste Kaiser Maximilian I 1514 die Pfandschaft ein, doch durfte Pragers Witwe Pragstein bis zu ihrem Ableben bewohnen. Wegen der drohenden Türkengefahr ließ der Kaiser 1530 den bereits leer stehenden Bau wieder befestigen und mit Söldnern besetzen. Die Türken kamen jedoch nicht soweit nach Westen. Da die Pfandherren des 16. Jahrhunderts bequemere Wohnmöglichkeiten bevorzugten, wurde die Burg nicht sehr gepflegt, bis Georg Erasmus Tschernembl, der Herr auf Schwertberg und Windegg, 1603 die Pfandschaft übernahm und die Anlage wieder bewohnbar machte. Sie ging 1612 an den kaiserlichen Salzamtmann Veit Spindler von Hofegg über, doch gab sie dessen Sohn Johann an den Grafen Leonhard Helfrich von Meggau weiter. Bereits 1636 besaß er Pragstein – allerdings ohne die Maut – als freies Eigen. Im Erbweg kam Friedrich Graf Cavriani in den Besitz der Herrschaft, die bis 1770 bei seinen Nachkommen blieb. Da Kaiser Leopold I hier im Jahr 1680 kurzzeitig wohnte, dürfte Pragstein damals in gutem Zustand gewesen sein. Im österreichisch-bayrischen Erbfolgekrieg war die Burg von 66 französischen Soldaten besetzt, die schließlich 1742 in die Gefangenschaft wandern mussten. Auf die Cavriani folgte Josef Gundaker Graf Thürheim. Als 1863 im Bereich von Mauthausen eine Uferregulierung vorgenommen wurde, stand die alte Mautfeste plötzlich nicht mehr in der Donau sondern am linken Flussufer. 1894 kaufte sie Leopold Heindl, der damalige Bürgermeister von Mauthausen. 1901 erwarb die Marktgemeinde das Gebäude, um es zur Verankerung der neu errichteten Drahtseilfähre über die Donau zu benutzen. Dieser Zweck wurde durch die Erbauung der Ennser Donaubrücke hinfällig. Pragstein gehört nach wie vor der Marktgemeinde Mauthausen und beherbergt heute neben einigen Mietparteien die Musikschule sowie das örtliche Heimatmuseum.
Pragstein ist ein bügeleisenförmiger, fünfeckiger und viergeschossiger Bau, der heute von der Donau durch die daneben verlaufende Bundesstraße getrennt ist. Auf Grund seiner Lage war eine Vergrößerung nicht möglich, so dass sich die Burg noch weitgehend so, wie bei ihrer Erbauung zeigt. Die westliche Schmalseite des Gebäudes ist keilförmig ausgebaut und diente als Wellenbrecher. Bei einem Umbau im 20. Jh. wurde diese Kante im dritten und vierten Geschoß durch eine Abschrägung ersetzt, so dass der Bau hier dem 3/8-Schluss einer Kirche ähnelt. Die Pfefferbüchsen an den Ecken der Dachtraufe sind längst verschwunden. Im Zuge der Uferregulierung von 1863 wurde der gefährliche Wallgraben zwischen Burg und Markt aufgefüllt, so dass heute keine Brücke mehr notwendig ist, um das Tor zu erreichen. Dieses ist, wie auch die meisten Innentüren mit einem spätgotischen Türsturz versehen. Die Fenster der beiden obersten Stockwerke besitzen ebenfalls noch ihre alten Steineinfassungen. Nur die Fenster des ersten Stocks wurden erst später ausgebrochen bzw. erweitert. Über dem Tor springt in der Höhe des dritten Geschosses ein auf gestuften Kragsteinen ruhender Erker vor. Unter der Kante des Walmdaches zieht sich ein auf Konsolen aufsitzender Stichbogenfries um das Gebäude herum. Über dem heute vermauerten ehemaligen Wassertor, das dem Einheben der Maut diente, ist ein Wappenstein der Familie Prager angebracht, der zwei an Ketten hängende Affen zeigt. Durch das marktseitige Tor betritt man eine Vorhalle, deren Gewölbe von Steinsäulen getragen wird. Ein relativ einfaches Treppenhaus führt in die drei oberen Geschosse. Die Wohnräume sind in jedem Stock von einem an das Treppenhaus grenzenden hallenartigen Vorraum aus zugänglich. Dieser ist in den unteren Stockwerken gewölbt, wobei die Tonnengewölbe mit Renaissance-Stuckrahmen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts geschmückt sind. Die Räume des obersten Stocks weisen schwere Balkendecken auf.
Lage: Oberösterreich/Donau – ca. 5 km nördlich von Enns
Besichtigung: das Heimatmuseum ist vom 1. Mai bis 30. Oktober geöffnet (Di und Do von 17.00 bis 19.00)
Weitere Literatur:
25.04.2004