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Graz - Burg


Als Keimzelle der späteren Burg gilt ein frühmittelalterlicher landesfürstlicher Meierhof, der 1349 als Schreiberhof erstmalig genannt wird. Herzog Wilhelm vergrößerte den Besitz 1399/1400 durch verschiedene Grundstückzukäufe. Sein Neffe, Erzherzog Friedrich V, der spätere Kaiser Friedrich III, setzte den Grundstückserwerb fort und begann 1438 mit dem Bau einer Stadtburg. Auf ihn ging vor allem der Friedrichsbau mit der Doppelchorkapelle von 1447 zurück. Unter Maximilian I erfolgte zwischen 1494 und 1500 eine Erweiterung durch den Flügel mit der Doppelwendeltreppe. Nach der Erbteilung von 1564 wurde Graz zum Zentrum der innerösterreichischen Länder. Die Burg blieb bis 1619 Residenz der Erzherzöge und musste dementsprechend vergrößert werden. Ferdinand I beauftragte Domenico dell’Aglio mit dem Bau des Renaissanceportals. Auch die einstige Prunktreppe war sein Werk. Sie wurde 1554 fertiggestellt. Erzherzog Karl II, der 1564 die Regierung übernahm, veranlasste die Errichtung des Karltraktes und des Registraturtraktes mit seinen Renaissancearkaden. Seine Gattin Maria (von Bayern) ließ 1571/72 eine Hofkapelle einrichten, die 1596 von Sebastiano Carlone stukkiert und vom niederländischen Maler Aegyd de Ryn mit Fresken ausgestattet wurde. Als Erzherzog Ferdinand 1619 als Kaiser Ferdinand II nach Wien zog, hatte die Burg ihre Funktion als landesfürstliche Residenz verloren. Anlässlich der Vermählung Leopolds I (1673) und der Erbhuldigungsfeier Karls VI (1728) erfolgten noch Renovierungsarbeiten, doch wurden schon unter Maria Theresia die vorhandenen Kunstwerke und Bücher, ebenso wie die Aktenbestände nach Wien gebracht. Noch 1822/23 wurde der Karlsbau für einen Besuch des Kaisers Franz I adaptiert und mit Möbeln aus der Werkstätte Josef Danhausers eingerichtet. Allerdings waren die übrigen Gebäudeteile bereits zum Teil baufällig. 1853/54 entschloss man sich zu einem Teilabbruch, dem der gotische Haupttrakt mit der Hofkapelle sowie der Hofgassenübergang zur Ägydiuskirche zum Opfer fielen. Teile der Fresken wurden in die Kapellen der Schlösser Frauheim und Groß-Söding übertragen. Auch die Renaissance-Prunkstiege von 1554 wurde demoliert. Anfangs des 20. Jahrhunderts wurden Erweiterungsbauten um den dritten Burghof durchgeführt. Seit 1922 ist die Grazer Burg Amtssitz des Landeshauptmannes der Steiermark. Bombentreffer beschädigten 1944 vor allem den Maximilian- und den Rest des Friedrichsbaues. Ab 1948 wurden die Schäden beseitigt und 1950/52 an der Hofgassenseite ein Neubau errichtet.

Die Grazer Burg ist ein ausgedehnter, zwei bis viergeschossiger Baukomplex, der sich um drei Höfe gruppiert. Sie liegt gegenüber dem bereits 1174 als St. Ägydius-Kirche genannten Dom und war ursprünglich in die mittelalterliche Stadtbefestigung einbezogen. Das Burgtor ist der Rest der ehemaligen Hofabschlussmauer, die 1554 unter Ferdinand I von Domenico dell’Aglio mit hofseitigen Arkaden errichtet wurde. Es hat den Abbruch von 1853 überlebt, doch hatte es bereits 1676 seine stattliche Renaissancebekrönung verloren. Das monumentale Portal ist mit einer rechteckigen Rustikarahmung versehen. Der eisenbeschlagene Torflügel stammt noch aus der Erbauungszeit. Der nüchterne Karlsbau ist ein hofseitig drei- und gartenseitig zweigeschossiger Renaissancebau unter einem hohen Schopfwalmgiebeldach. Er wurde nach Plänen des kaiserlichen Hofbaumeisters Pietro Ferrabosco ausgeführt. An seiner Außenmauer ist ein vom aufgelassenen Judenfriedhof stammender Grabstein des Rabbi Nissim von 1387 eingelassen. Die Obergeschoßfenster sind steingerahmt. Das repräsentative zweiarmige Treppenhaus mit seinen gusseisernen Laternen wurde 1846/47 anstelle einer Renaissance-Stiegenanlage eingebaut. Die Erdgeschoßräume weisen Kreuzgratgewölbe auf. Die Obergeschoßräume wurden im 19. Jh. großteils neu ausgestattet. Die heutigen Repräsentationsräume liegen im ersten Stock bzw. gartenseitig ebenerdig. Ihre Ausstattungsstücke und Gemälde sind Leihgaben des Landesmuseums Joanneum. Von der Einrichtung des 18. Jh. haben sich einige Kachelöfen erhalten. Der Maximilianbau ist ein schmaler viergeschossiger Trakt mit einer Durchfahrt in den zweiten Burghof. Nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde er 1949 teilweise erneuert. Sein architektonisch interessantester Teil ist der Treppenhausturm. Ein steinernes Schriftband im dritten Geschoß weist auf seine Errichtung im Jahr 1500 hin. Durch ein verstäbtes Schulterbogenportal aus Rotmarmor gelangt man zur berühmten Doppelwendeltreppe. Sie ist eine der bedeutendsten spätgotischen Treppenanlagen Europas. Beide Läufe sind selbstständige Stiegen mit gemeinsamen Stufen an den Verbindungsstellen. Die gegenläufige Treppe führt bis zum zweiten Geschoß um je eine Spindel. Darüber ist sie freitragend und lediglich in die Außenmauer eingespannt.

Im Verlauf des 16. Jahrhunderts entstanden mehrere Zubauten. Der zweiachsige Verbindungstrakt zum Friedrichsbau zeigt über dem Torbogen ein Doppelfenster mit kielbogigem, verstäbten Fenstersturz. Es dürfte vom 1853 abgebrochenen Hofgassenübergang stammen. Die Neue Burg ist ein an der Westseite des Burghofes liegender drei- bis viergeschossiger Bürobau aus den Jahren 1950/52. Die Nordostecke der Grazer Burg wird vom unregelmäßigen dreigeschossigen Friedrichsbau eingenommen. An seiner Ostseite weist er einen Kapellenvorsprung und eine Brücke über den ehemaligen mittelalterlichen Stadtgraben auf. Er ist der älteste erhaltene Bauteil, wenn er auch 1945 schwer beschädigt und 1948 teilweise erneuert wurde. Wie bei allen Bauten Friedrichs III finden sich auch hier überall Datierungssteine mit den Buchstaben AEIOU. In der Ecke zum Brückenbau erkennt man einen polygonalen turmartigen Vorbau mit einem Doppelarkadenfenster im zweiten Obergeschoß aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. An der dem zweiten Burghof zugewandten Seite des Friedrichsbaues liegt ebenerdig eine früher offene gotische Halle. Ihr sternförmiges Zellengewölbe wird von einem polygonalen Steinmittelpfeiler abgestützt, der aus statischen Gründen teilweise mit einem Betonkranz ummantelt wurde. Anschließend an den Karlsbau liegt die 1447 erbaute Kammerkapelle. Zur Zeit ihrer Erbauung war sie zweigeschossig, doch wurde sie im 19. Jh. mehrfach unterteilt. Dadurch hat das vierjochige Netzrippengewölbe im heutigen Obergeschoß völlig seine Proportionen verloren. Bemerkenswert ist das Schlüsselblatt ihrer Eingangstür in Form eines lanzenbewehrten Wächters. Der Registraturtrakt ist ein gefälliger, langgestreckter, dreigeschossiger Bau mit Renaissance-Arkadengängen und Sgraffitidekorationen. Er wurde 1581/85 entlang der mittelalterlichen Stadtmauer von Marc Antonio Tadei zweigeschossig errichtet und 1917/18 aufgestockt. Die von toskanischen Säulen gestützten Arkaden sind noch heute im Erdgeschoß offen. Im ersten Stock wurden sie 1918 geschlossen. Die Sgraffiti in den Bogenzwickeln zeigen stilisiertes Blattwerk. Im Obergeschoß ist eine Blendbalustrade dargestellt. An der Nordseite des Registraturtraktes schließt der dritte Burghof an, dessen zweigeschossige Gebäude aus den Jahren 1910/18 stammen. Ursprünglich befand sich hier der mittelalterliche Stadtgraben. Auf der 1556/62 errichteten Burgbastei wurde schon 1568 unter Erzherzog Karl II durch den Hofgärtner Hans Richter ein Lustgarten angelegt. Aus ihm ist der heutige Burggarten entstanden. Er war ursprünglich wesentlich größer, doch trat Kaiserin Maria Theresia Teile davon den steirischen Landständen zur Errichtung des Schauspielhauses ab.

Lage: Steiermark/Graz – 1. Hofgasse 13 – 15

Besichtigung: die Höfe sowie die Wendeltreppe sind frei zugänglich


Weitere Literatur:


21.04.2004