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Petronell


Agnes von Poitou, die Witwe Kaiser Heinrichs III, besaß vor 1077 die Herrschaft Petronell. Sie wohnte zeitweise in Rom beim Kloster der hl. Petronilla und wählte diese Heilige auch als Patronin für ihr Gut an der Donau. Wenige Jahre später waren hier die Markgrafen von Vohburg begütert. 1142 gab Markgraf Diebold von Vohburg die Herrschaft an Kaiser Konrad III zurück und ersuchte ihn, Petronell dem Hugo von Liechtenstein als freies Eigen zu überlassen. Nach den Liechtensteinern übernahmen 1306 die Herren von Kranichberg den Besitz. In einem Teilungsvertrag von 1436 wird die Feste Petronell erstmals genannt. 1496 vermachte einer der Kranichberger das Gut testamentarisch dem Hochmeister des St. Georgsordens, Hans Geumann. Als 1541 der letzte Hochmeister starb, ließen die Habsburger die niederösterreichischen Lehen des Ordens durch die niederösterreichische Regierung verleihen. 1573 wurde Hans Khobenzl, der Erzherzog Karl als Kanzler diente, von diesem mit der Verwaltung der Ordensgüter betraut. 1602 kam die Herrschaft an das Jesuitenkollegium in Graz, das sie acht Jahre später dem bisherigen Pächter, Hans Christoph Freiherrn von Unverzagt, veräußerte. Der Willkommensbecher, den dieser 1613 Kaiser Matthias anlässlich eines Besuches reichte, war jahrelang im Ahnensaal des Schlosses ausgestellt. Gabriel Bethlens Soldaten richteten 1619 im Schloss große Zerstörungen an. Danach erfolgten ein Abbruch mittelalterlicher Bauanlagen und der Neubau eines Traktes im Südosten. Durch Kauf wurde 1629 Frau Marusch von Weber Schlossherrin. Über Katharina Ursula Freiin von Weber kam Petronell schließlich 1650 als Heiratsgut an Ernst III von Traun. 1653 wurde dieser durch Kaiser Ferdinand III in den Grafenstand erhoben. Nach dem Aussterben der Petroneller Linie der Traun fiel die Herrschaft an die Maissauer-Linie der Reichsgrafen von Abensperg-Traun.

Zwischen 1660 und 1673 bauten Domenico und Carlo Martino Carlone sowie Carlo Carnevale die alte Wasserburg zum heutigen Schloss um. Zuerst wurde der Südtrakt errichtet, dem 1663 der Osttrakt folgte. 1667 entstanden der Westtrakt mit der Freitreppe und 1670 schließlich der Nordtrakt. Petronell war zu einem der prächtigsten Schlösser Österreichs geworden, doch 1683 verwüsteten die Türken das Schloss und zündeten es an. Dabei ging ein bedeutender Teil der Stuckdekorationen verloren. Ebenso schwerwiegend waren die Schäden, die nach 1945 zuerst durch Artilleriebeschuss und dann durch russische Truppen entstanden. Sie konnten aber in der Nachkriegszeit bald behoben werden. 1963 wurde die erste Außenstelle des Museums für angewandte Kunst in Schloss Petronell als Donaumuseum eingerichtet. Otto Graf von Abensperg-Traun hatte im Hauptgeschoß neun große Räume und einen anschließenden breiten Gang, den sog. Ahnensaal, zur Verfügung gestellt. Auch ein Kunstgewerbemuseum wurde eröffnet. Beide Museen sind längst geschlossen. Die Familie Abensperg-Traun ist zwar heute noch der Besitzer des Schlosses, hat sich aber in eine moderne Villa in der unmittelbaren Nachbarschaft zurückgezogen. Das bereits stark vernachlässigte Gebäude wurde 1996 an den Architekten Dipl. Ing. Walter Hildebrand verpachtet, der plant, es bis 2010 zu restaurieren und in ein Fünf-Stern-Hotel samt Konferenzzentrum umzuwandeln.

Schloss Petronell liegt auf dem Gelände der einstigen Römerstadt Carnuntum. Es ist ein dreigeschossiger Vierflügelbau. Seine Ecken werden von deutlich vorspringenden achteckigen Türmen mit Pyramidendächern überragt. Die Außenfronten sitzen auf einem 3 m hohen Sockel. Die einzelnen Geschosse sind durch Gesimse getrennt. Über den heute trockenen Schlossgraben führt eine lange Steinbrücke zum dekorativen Barockportal an der 16-achsigen Ostfront. Es besteht aus dem großen Haupttor und den beiden daneben liegenden Fußgängerpforten. Die mit Vasen bereicherten Volutenaufsätze beziehen auch das Fenster über dem Haupttor ein. Im Ostflügel führt eine dreiarmige Treppe zur Beletage empor. Der große Hof ist an zwei Seiten teilweise mit Pfeilerarkaden versehen. In seiner Mitte steht ein achteckiger Steinbrunnen. Seine 1699 von Giovanni Giuliani geschaffenen Plastiken sind leider nicht mehr vorhanden. Wie die Außenfassaden sind auch die Wände des Hofes durch Riesenpilaster gegliedert. Die Mezzaninfenster wurden von Michael Holl zu Scheinnischen umgestaltet, die mit Medaillons römischer Kaiser bemalt sind. Der dem Eingang gegenüberliegende barocke Trakt ist das Schmuckstück der Anlage. In seinem Mittelteil weisen vier hohe Fenster auf den dahinter liegenden Festsaal hin. In den Nischen darüber stehen vollplastische Kaiserbüsten. Eine zweiarmige gegenläufige Freitreppe führt zu seinem Eingang hinauf. Sie wurde von Giorgio Regondi geschaffen. Durch die beiden Säulen, die den viereckigen Uhrturm von 1673 tragen, wird eine baldachinartige offene Vorhalle gebildet.

Hinter der Treppe liegt im Erdgeschoß eine Sala terrena, von der eine Stiegenanlage in den Park führt. Dieser mit Stuck und Farbe überladener Saal wurde grottenartig ausgestaltet. Die Illusionsmalereien stammen vom Ende des 17. Jahrhunderts. Über der Sala terrena liegt der zweigeschossige Festsaal, der die ganze Gebäudebreite einnimmt. Über den beiden Kaminen mit ihren barocken Schmiedeeisengittern sind Wappenkartuschen der Abensperg-Traun und Palffy angebracht. Zu seiner Ausstattung gehören scheinarchitektonische Wandmalereien von Carpoforo Tencala. Auch das Deckenfresko stammte von ihm, doch wurde es 1683 zerstört und 1696 durch ein neues von Johann Bernhart von Weillern ersetzt. Beide Maler waren auch in der Sala terrena tätig. Die Kapelle befand sich ursprünglich im Südostturm, wurde aber von Graf Ernst III von Traun in den Südtrakt verlegt. Tencalas dortige Fresken wurden weitgehend von den Türken vernichtet. Der ebenfalls zerstörte Deckenstuck wurde 1726 von Johann Piazoll erneuert. Antonio Beduzzi entwarf 1724 den Hochaltar. In die Wandvertäfelungen des Ahnensaals sind Familienportraits der Abensperg-Traun eingelassen. Eine kunsthistorische Besonderheit ist der Petronellische Willkhumb, ein Glaspokal aus der Zeit um 1480. Er war das Prunkstück des Ahnensaals, wurde aber von der Familie Abensperg-Traun 1999 dem Wiener Kunsthistorischen Museum geschenkt. Westlich des Schlosses liegen die hakenförmigen Wirtschaftsgebäude. Die Anlage ist von einem weitläufigen Park umgeben. Bei Probegrabungen wurden hier 1996 Reste des antiken Forums von Carnuntum entdeckt.

Lage: Niederösterreich/Donau – ca. 5 km südwestlich von Hainburg

Besichtigung: derzeit nur von außen möglich


Weitere Literatur:


09.04.2004