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Gösting - Burgruine


Die Burgruine liegt über der alten Römerstraße an der letzten Flussenge der Mur vor ihrem Austritt in das Grazer Feld. Sie ist eine auf einem schmalen Berggrat sich ca. 180 m hinziehende Anlage. Ihr vorgelagert sind fast senkrecht abfallende Felsstürze, die „Jungfernsprung“ genannt wurden, da sich der Sage nach hier das Ritterfräulein Anna hinabstürzte, als sie vom Tod ihres Freundes in einem Zweikampf erfuhr. Da hierauf ihr Vater, Wulfing von Gösting, vom Schlag getroffen wurde, starben laut dieser Überlieferung die alten Göstinger aus. Die Burg ist jedoch wesentlich älter als die Sage, deren Inhalt sich um 1260 abgespielt haben soll. Bereits im Jahr 1042 schenkte der deutsche Kaiser Heinrich III zwei königliche Huben dem Markgrafen Gottfried. Damals wird zwar vom Ort Gostnic, nicht aber von einer Burg berichtet. Diese dürfte aber noch vor 1100 erbaut worden sein. Sie war wohl von Anfang an landesfürstlich. Während des Investiturstreites übernahmen die kaisertreuen Eppensteiner die Herrschaft. Herzog Heinrich III vermachte sie 1122 Markgraf Otakar II aus dem Geschlecht der Traungauer. 1138 wird ein Suitger von Gestenice als Burggraf genannt. Nach seinem Tod vergaben die Landesfürsten Gösting als Lehen. Damals war sie als landesfürstliche Sperrfestung von großer strategischer Bedeutung, da von hier aus nicht nur die Straße, sondern auch die Mur kontrolliert werden konnte. Ab 1260 dürften das hochfreie Geschlecht der Heunburger das Lehen inne gehabt haben. Ende des 14. Jh. stellten die Herren von Windischgraetz die Burggrafen von Gösting. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts kam es zu einem größeren Ausbau. Damals entstand offenbar die Obere Burg. Erst gegen 1461 erreichte die Burg ihre heutige Ausdehnung. 1480 verteidigte Jörg Weissenegger Gösting erfolgreich gegen Türken und Ungarn. Nach 1519 war es meist verpfändet, so um 1550 an die Grafen Breuner. Angesichts der Gefahr aus dem Osten verstärkte man die Verteidigungsbauten und richtete eine Kreidfeuerstation ein. Als 1532 die Türken das umliegende Land verheerten, leistete Ritter Graßwein von Meyer erfolgreich Widerstand.

Mit der Burg war nur die Niedere Gerichtsbarkeit verbunden, Schwerverbrecher mussten ins das Landgericht nach Graz überstellt werden. Letzter Pfandinhaber war Maximilian Freiherr von Schrottenbach, der von 1590 bis 1592 Landeshauptmann von Steiermark war. Als Kaiser Ferdinand II zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges zur Finanzierung desselben dringend Geld benötigte, verkaufte er die Herrschaft 1622 an Hans Ulrich Freiherrn von Eggenberg. Nachdem die Munitionsvorräte am Grazer Schlossberg bei einem Brand nur mit Mühe gerettet werden konnten und die Stadt nur knapp einer Katastrophe entgangen war, wurde die Burg zeitweise als Pulvermagazin und Waffenkammer der Stadt Graz verwendet. 1707 kaufte sie Ignaz Maria Graf Attems von Johann Seyfried Fürst Eggenberg. 1723 kam es durch Blitzschlag und Explosion der Pulvervorräte zu einem verheerenden Brand, dem fast die gesamte Anlage mit Ausnahme des Bergfrieds und der Kapelle zum Opfer fiel. Die Grafen Attems verzichteten auf einen Wiederaufbau und ließen sich am Fuß des Berges ein neues Schloss errichten. 1790 wohnten in der bereits sehr desolaten Anlage nur mehr der Schlosskaplan und ein Jäger. Nach 1790 beschleunigte sich der Verfall, besonders nachdem 1843/44 die Nordwand des großen Palas abgebrochen wurde, um Material für den Bau der Südbahn zu gewinnen. 1874 stürzte die südöstliche Ecke des Bergfrieds ein. Private Schatzsucher erhielten bis 1900 von den Behörden Erlaubnisscheine ausgestellt, das Gelände umzugraben. 1881 erwarb der Grazer Schmiedemeister Anton Rechberger die Ruine und begann sie im historisierenden Windsorstil auszubauen. Zwei Jahre danach machte jedoch Franz Graf Attems von seinem Rückkaufsrecht Gebrauch und stellte die Arbeiten ein. Ab 1925 führte der Burgenverein Gösting in größerem Umfang Sicherungs- und Wiederherstellungsarbeiten durch. 1945 richtete die Sprengung von Munitionsvorräten neuerliche Schäden an. Heute ist die Ende der 60er Jahre des 20. Jh. sanierte Ruine ein beliebter Ausflugsort der Grazer, die von hier aus einen schönen Ausblick auf ihre Stadt und die Umgebung haben. Die ehemalige Burg sowie die umliegenden Wälder gehören nach wie vor der Familie Attems.

Von Schloss Neu-Gösting aus erreicht man nach einem halbstündigem Aufstieg eine der flächenmäßig größten steirischen Burgen. Sie besteht aus zwei Teilen, die früher von einer zinnengekrönten Wehrmauer umgeben waren. Auch von ihren beiden Toren ist heute nichts mehr vorhanden. Die Hauptgebäude der Altburg, auch Untere Burg genannt, gruppieren sich um einen unregelmäßigen Innenhof. An seiner Nordseite lag der große Palas aus der Mitte des 15. Jh. Von ihm hat sich wenig mehr als die Innenmauer erhalten. Im Osten erhebt sich der übereck gestellte romanische Bergfried mit der vorgelagerten Kapelle. Beide Bauten wurden noch im 11. Jh. errichtet und sind damit die ältesten Teile der Burg. Die Südseite nimmt der sog. Alte Palas mit seinen ehemaligen Wohn- und Wirtschaftsräumen ein. An der Südwestmauer aus dem 15. Jh. lehnt der mächtige Torbau mit dem Inneren Burgtor. Er wurde 1930/31 wiederhergestellt. Auch der 20 m hohe Bergfried, dessen Plattform heute als Aussichtswarte dient, wurde 1926/27 teilweise neu aufgebaut. Er ist viergeschossig, hat einen quadratischen Grundriss und ist mit erneuerten Zinnen bekrönt. Seine Mauern sind zum Teil mit Rundbogenfenstern und Lichtschlitzen versehen. Wie ein Kamin im dritten Geschoß zeigt, war er teilweise bewohnbar. Sein ehemaliger Hocheinstieg, eine schmale niedrige Rundbogenpforte, liegt in etwa 8 m Höhe. Der Turm wendet seine Kante dem Burgweg und damit etwaigen Angreifern zu. Die der hl. Anna gewählte romanische Burgkapelle ist eine hohe dreigeschossige Doppelkapelle. Die beiden Sakralräume waren durch eine Wendeltreppe verbunden. Die Kapelle ist mit dem Bergfried durch einen schmalen Zwischengang verbunden, dürfte aber ursprünglich frei gestanden sein. Während der Reformationszeit diente sie beiden Konfessionen. Der ungewöhnlich große Bau wurde 1969 mit Holzschindeln neu eingedeckt. An der Südwestmauer steht ein stattlicher Torbau mit einer vorgelegten Barbakane. Westlich der Altburg liegt auf einem eigenen Felskegel die Obere Burg, die vermutlich knapp vor1409 als Vorburg errichtet wurde. Kern dieser Anlage ist der erhöht stehende, von Ringmauern umgebene fünfeckige Turm. Hier befand sich Ende des 17. Jh. das Pulvermagazin. Er wurde 1967/69 restauriert und aufgestockt. Nördlich davon sind noch Reste der ehemaligen Kanonenbasteien erkennbar. Den Westabschluss bildet das sog. Knappenhaus.

Lage: Steiermark/Graz – am nordwestlichen Stadtrand (13. Bezirk)

Besichtigung: ganzjährig möglich


Weitere Literatur:


05.04.2004