ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Goldenes Dachl - Neuhof


Herzog Friedrich IV (mit der leeren Tasche) beschloss, seinen Wohnsitz von Meran nach Innsbruck zu verlegen. Er erwarb von Ulrich Swegerly und seiner Gattin im Jahr 1420 zwei Häuser am damaligen Stadtplatz und ließ sie in der Folge zu seiner Residenz ausbauen. Zum Unterschied zur alten Burg der Andechser am Innufer wurde sie als Neuhof bezeichnet. Die Bauarbeiten schritten rasch voran. Bereits 1428 wird von einer Kapelle berichtet, die sich an der Südostecke, im zweiten Stock des Gebäudes befand. Sie war dem hl. Georg geweiht. In einem Raum unterhalb der Kapelle ist Herzog Friedrich 1439 gestorben. Sein Sohn Sigmund der Münzreiche erwarb 1459 ein weiteres angrenzendes Haus und erbaute ein neues turmartiges Gebäude, das sog. hintere Stöckl. Er lebte hier im Neuhof zuerst mit seiner Gattin Katharina von Sachsen, bevorzugte aber bald die von ihm neu errichteten Jagdschlösser. Erst nach seiner Entmachtung durch die Tiroler Stände, denen seine Verschwendungssucht zu viel geworden war, zog er sich wieder in den Neuhof zurück. Sein Nachfolger, der spätere Kaiser Maximilian I, wählte als Residenz die schon unter Sigmund begonnenen Bauten der späteren Innsbrucker Hofburg und verwendete den Neuhof als Amtsgebäude der Regierungsbehörden. Er ließ die drei Zimmer des hinteren Stöckls einwölben, um feuersichere Räume für sein Archiv zu bekommen. Bereits 1498 war in Herzog Friedrichs Sterbezimmer die Raitkammerkanzlei eingezogen. 1557 wurde das Gebäude aufgestockt und 1621 erweitert, doch war es mit der Glanzzeit der einstigen Residenz vorbei. 1572 und 1670 richteten Erdbeben schwere Schäden an. Die Wände mussten durch Eisenklammern zusammengehalten werden. Die Hofkammer blieb bis 1775 im Neuhof. Nach der Profanierung der Georgskapelle wurde der Gebäudekomplex 1780 in eine Militärkaserne umgewandelt. Dieser Verwendungszweck und das lange Leerstehen danach hatte das Gebäude sehr unansehnlich gemacht. 1811 wurde es von der Stadt Innsbruck erworben, die es 1822 einem Konsortium Innsbrucker Bürger verkaufte. Der Bau wurde zu einem großen Zinshaus umgestaltet, wobei man nicht zimperlich mit der Bausubstanz umging, so dass er seinen ursprünglichen Charakter völlig verlor. Immerhin wurde dadurch der Abriss verhindert. 1831 ging der Neuhof endgültig in den Besitz der Stadt über. Seit 1940 ist im ersten Stock des Hofturmes der Trauungssaal des Standesamtes eingerichtet. 1996 wurde in einigen Räumen des Gebäudes das Museum Maximilianeum eröffnet.

Der einstige Neuhof ist heute ein aus mehreren Häusern zusammengewachsener fünfstöckiger Gebäudekomplex mit hufeisenförmigem Grundriss. Seine Schauseite an der Herzog Friedrich Straße ist mit dem Goldenen Dachl geschmückt. Wie in der Innsbrucker Altstadt häufig, weist die Front im Erdgeschoß Lauben auf. Ansonsten ist die Fassade völlig schmucklos. Seit dem Erdbeben von 1670 sind die Erdgeschoßmauern zusätzlich verstärkt. Dem an der Pfarrgasse liegenden langgestreckten Bauteil ist im Hof ein fast quadratischer turmartiger Anbau vorgelagert. Er weist in jedem Geschoß einen Saal auf, dessen Gewölbe auf einer mächtigen Mittelsäule sowie auf fünfseitigen Wandsäulen ruht. Im Innenhof haben sich einzelne Fenster mit gotischem Blendmaßwerk erhalten. Bemerkenswert im Pfarrgassentrakt ist eine zweischiffige gotische Halle mit Kreuzgratgewölbe. Die drei Joche werden von zwei starken runden Mittelpfeilern und fünfseitigen Wandpfeilern getragen. Der Raum wurde später mehrfach unterteilt. In jedem der drei Trakte befindet sich eine zweiarmige Treppenanlage. Das Innere des ehemaligen Neuhofs ist ansonsten fast völlig erneuert.

Der Neuhof ist zwar die zweitälteste Residenz Innsbrucks, doch würde er kaum bei einem Touristen auf Interesse stoßen, wenn sich an seiner Außenfront nicht das Wahrzeichen der Stadt, das Goldene Dachl, befinden würde. Es ist ein bedeutendes Werk der Spätgotik mit ersten Anklängen an die Renaissance. Da über seinen Bau alle Urkunden verschollen sind, rätselt man noch heute über den Grund seiner Errichtung. Zwar weiß man schon lange, dass es nicht Friedel mit der leeren Tasche war, der mit dem Prunkbau demonstrieren wollte, dass er nicht so knapp bei Kasse war, wie viele vermuteten, sondern dass das Goldene Dachl eindeutig von Maximilian I in Auftrag gegeben wurde. Doch sind die Meinungen geteilt, ob es ein Hochzeitsgeschenk an seine Gattin Maria Bianca Sforza oder ein Repräsentationsbau anlässlich der Jahrhundertwende war. Es ist jedenfalls eine prunkvoller Altane, eine Hofloge, von der das königliche Paar das Treiben am Stadtplatz und die gelegentlich dort abgehaltenen festlichen Spiele beobachten konnte. Der Bau wurde zwischen 1497 und 1500 von Niklas Türing d. Ä. geschaffen. Er war auch für den plastischen Schmuck verantwortlich. Als Jörg Kölderer 1500 die Seccomalereien schuf, dürfte dieser schon vollendet gewesen sein. Die Wappenreliefs müssen allerdings zum Teil erst später entstanden sein, da Maximilian I den dort dargestellten Doppeladler erst ab seiner Kaiserkrönung 1508 führte. Bei den Reliefs handelt es sich übrigens um Kopien von Franz Roilo. Die Originale wurden 1969 aus konservatorischen Gründen in das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum verbracht.

Als Baumaterial für den Prunkerker wurde Kramsacher Marmor, Höttinger Nagelfluh und Sandstein aus Mittenwald benützt. Der leicht zu bearbeitende Sandstein diente vor allem als Material für die schwierigen Bildhauerarbeiten wie Reliefs und das Rippenwerk des Gewölbes. Die Altane ist 16 m breit. Ihr erster Stock wird von zwei schmucken Wandpfeilern getragen, die an der Vorderseite reich profiliert sind. Sie bilden im Erdgeschoß eine kleine Laube. Der dort befindliche Wandbrunnen wurde erst 1934 von Hans Andre geschaffen. Der Erker weist im ersten Stock an seiner Stirnseite eine vierteilige Fenstergruppe und an den Schmalseiten je ein kleines Fenster auf. Die Brüstungsfelder zeigen sechs Wappenreliefs: Österreich, Ungarn, Reichsdoppeladler, Königsadler, Burgund und Mailand. An den Schmalseiten sind die Wappen der Steiermark und Tirols angebracht. Einige dieser Reliefs stammen nicht wie die übrigen von Nikolaus sondern von Gregor Türing. Kölderers Malereien um die Fenster stellen die Bannerträger des Reiches und Tirols sowie die Datierung „im XV jar“ dar. Oberhalb der Fenster ragt ein dreiteiliger spätgotischer Balkon über zwei Geschosse auf Kragsteinen vor. Auf den sechs Brüstungsreliefs erkennt man Kaiser Maximilian I mit seinen beiden Gemahlinnen Maria Bianca Sforza und Maria von Burgund sowie verschiedene Szenen mit Moriskentänzer. Das reich gekehlte Portal, das auf die Zuschauerloge hinaus führt, ist in die Wandmalereien einbezogen, die höfische Szenen zeigen. Vier schlanke Pfeiler tragen einen reich skulptierten Fries. In seinem unteren Bereich sind verschiedene Tiere dargestellt. An den Ecken stehen kleine Statuetten. Das eigentliche Goldene Dachl ist ein 3,7 m hohes Pultdach mit etwa 3450 (nach anderen Angaben 2738) feuervergoldeten biberschwanzartigen Kupferplatten. Die Kanten sind mit großen vergoldeten Krabben besetzt.

Lage: Tirol/Innsbruck – Herzog Friedrich Straße 15/Pfarrgasse 1

Besichtigung: das Goldene Dachl kann nur von außen besichtigt werden. Das Museum ist zwischen 1. Mai und 30. September täglich von 10.00 bis 18.00 geöffnet (im Winterhalbjahr Di – So 10.00 – 12.30 und 14.00 – 17.00)


Weitere Literatur:


01.04.2004