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Heinfels


Obwohl die Hunnen bereits im 5. Jh. lebten und zu Tirol kaum eine Beziehung hatten, könnten die ursprünglichen Bezeichnungen der Burg wie Hunenvelse, Hunevels oder Heunvels indirekt mit ihnen zusammen hängen, da man im 13. Jahrhundert das Wort Hunnen als Sammelbegriff für die vordringenden Völker aus dem Osten, wie Mongolen und Ungarn verwendete. 1239 wird jedenfalls ein Otto Welf de Hunenvelse erwähnt, womit auch die Burg erstmals in Erscheinung tritt. Er gehörte den Herren von Welfsperg an, einer alten Ministerialenfamilie der Bischöfe von Freising. Das Gebiet um Freising war ursprünglich Teil der Herrschaft Innichen, die im Besitz des Bistums war. In der zweiten Hälfte des 13. Jh. stand die Burg aber bereits unter der Oberhoheit des Grafen und späteren Tiroler Landesfürsten Meinhard II. Von 1275 bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1500 betrachteten die Görzer Grafen Heinfels als ihren wichtigsten militärischen Stützpunkt im Hochpustertal. Folgerichtig wurde es von ihnen nie als Lehen oder Pfandbesitz vergeben, sondern von Pflegern verwaltet. Mit der Burg war auch das Landgericht verbunden, da die Pfleger auch Gerichtsherren waren. Der eigentliche Sitz des Gerichtes war jedoch Sillian, wo sich auch heute noch das Bezirksgericht befindet. Im 15. Jahrhundert werden die Nachrichten über Heinfels häufiger, da sich Heinrich IV von Görz-Tirol öfters auf der Burg aufhielt. Er war seinen Untertanen gegenüber ein guter Herr. Sogar die Gefangenen in den Kellergewölben wurden bestens verköstigt und mit Wein versorgt. Nur mit seiner ränkesüchtigen zweiten Gattin, Katharina de Gara, vertrug er sich nicht besonders. Er verwies sie schließlich des Landes, doch gelang es ihren Anhängern, den Grafen festzunehmen und auf Heinfels gefangen zu halten, wo er 1453 starb. Nun versuchte Katharina die Regentschaft an sich zu reißen. Heinrichs Sohn Johann war darüber so verärgert, dass er ihr Hausarrest auf Heinfels verordnete. Schließlich musste sie sich auf ihren Witwensitz Grünburg bei Hermagor zurückziehen. Als Graf Johann im Streit um das Erbe der Grafen von Cilli mit Friedrich III 1460 den Kürzeren zog und seine Kärntner Besitzungen mit seiner Residenz Bruck im Frieden von Pusarnitz verlor, wählte er Heinfels als ständigen Wohnsitz. Als Folge dessen wurde die Burg wohnlich ausgebaut und mit einer entsprechenden Bewaffnung versehen. Die Herrschaft Bruck-Lienz war mittlerweile an Andreas von Weisspriach übergegangen. Johanns Bruder, Graf Leonhard, gelang es 1462 Schloss Bruck und Lienz mit Gewalt wieder zu bekommen. Bei dieser Gelegenheit konnte er Weisspriach gefangen nehmen. Dieser wurde nach Heinfels gebracht und erst 1467 freigelassen, nachdem er auf Bruck bzw. Lienz verzichtet und Urfehde geschworen hatte.

Mit dem Erlöschen der Görzer Grafen fiel Heinfels 1500 aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1394 an Kaiser Maximilian I. Er verpfändete es im gleichen Jahr dem Brixner Bischof Melchior von Meckau. Tatsächlich wurde die Herrschaft aber erst 1507 nach dem Tod des Burgverwalters Virgil von Graben an das Bistum übergeben. Wegen der Kriege und Streitigkeiten mit Venedig war Heinfels stets gut mit Waffen versorgt. Auch die Verteidigungseinrichtungen wurden dem Stand der Technik angepasst. Es kam jedoch zu keinem Angriff. Dafür wurde die Burg 1525 von aufständischen Bauern vorübergehend besetzt. Sie drohten sogar, den Pfleger aus dem Fenster zu werfen. Im nächsten Jahr konnte der Pfleger Haimeran von Rain einen neuerlichen Angriff des Bauernheeres unter Michael Gaismair abwehren. In der ersten Hälfte des 16. Jh. wurden auf Heinfels wiederholt Mitglieder der Wiedertäufersekte gefangen gehalten. Aufgrund der latenten Türkengefahr wurden die Verteidigungseinrichtungen der Burg während des 16. Jahrhunderts gut in Schuss gehalten, wozu die Untertanen entsprechende Robotdienste zu leisten hatten. 1570 lösten die Tiroler Landesfürsten die Pfandherrschaft Brixens wieder ein. Nach wenigen Jahren übernahm das Bistum aber die Herrschaft neuerlich pfandweise. 1593 kam es zu größeren Bauarbeiten, die der Burg weitgehend ihr heutiges Aussehen gaben. 1612 nahm der Landesfürst Maximilian III, der Deutschmeister, die vier verpfändeten Pustertaler Herrschaften, zu denen auch Heinfels gehörte, wieder zurück und übergab sie Engelhard Dietrich von Wolkenstein-Trostburg. Kurz danach wurde die Burg durch einen Brand schwer beschädigt, aber bald wieder instand gesetzt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die alte Ringmauer verstärkt und erhöht, da ein venezianischer Angriff neuerlich jederzeit möglich war.

Nach dem Konkurs der Pfandinhaber übernahm das Königliche Damenstift in Hall die Herrschaft 1629 zuerst pfandweise und 1654 schließlich durch Kauf. Seine Verwalter hielten sich aber mit Investitionen zurück, so dass die Burg bereits um die Mitte des 18. Jh. in einem sehr schlechten Zustand war. Ein Erdbeben hatte 1714 weitere Schäden verursacht. Kaiser Josef II löste 1783 das Damenstift auf, wodurch sowohl Lienz als auch Heinfels in staatliche Verwaltung übergingen. 1833 wurde die nun leer stehende Burg an die Gemeinden des Landgerichtes Heinfels verkauft. 1880 zog eine Kompanie der Tiroler Kaiserjäger ein. Damit war ihr endgültiger Niedergang besiegelt. Als die Garnison 1910 aufgelassen wurde, hatte die Anlage bereits schweren Schaden genommen, da man zuvor Teile des Dachstuhles zu Heizzwecken entnommen hatte. Dies führte dazu, dass dieser im schweren Winter 1916/17 durch die Schneelast eingedrückt wurde. Da nach dem Krieg ein Teil der Eigentümergemeinden zu Italien gehörte und die notwenigen Mittel sowie das Interesse an einer Rettung des Gebäudes fehlte, war weiterhin an eine Restaurierung nicht zu denken. In den noch benützbaren Räumen wurden Gemeindearme und Arbeitslose untergebracht, was der Bausubstanz ebenfalls nicht gut bekam. Schließlich akzeptierte man den Verfall und rettete 1930 zumindest die spätgotischen Fresken der Burgkapelle. 1932 stürzte die westliche Giebelwand des Wohnturms ein, wobei auch der Treppenturm schwer beschädigt wurde. 1936 wurde Heinfels versteigert und kam an den Kaufmann Alois Stadlbaumer aus Sillian, der mit bescheidenen Mitteln versuchte, den weiteren Verfall zu stoppen. Er vermachte 1974 die Halbruine dem Jesuitenkolleg in Innbruck, das Heinfels dem Wiener Rechtsanwalt Dr. Max Villgrattner schenkte. Dieser bemüht sich seither um eine Erhaltung der noch vorhandenen Substanz, ist jedoch an einer Öffnung für das Publikum nicht interessiert.

Burg Heinfels liegt die Umgebung beherrschend auf einem mächtigen Felsblock, der aus dem Drautal bei Sillian aufragt. Sie besteht aus drei Baugruppen. Ältester Teil ist die im 13. Jh. auf der Felskuppe errichtete Hochburg. Im Westen schließen mehrere Gebäude an, die vom Ende des 15. bzw. Anfang des 16. Jh. stammen und um einen Hof gelagert sind. Als jüngster Bauteil gilt die weite Umfassungsmauer, die zwar ebenfalls zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter Kaiser Maximilian I erbaut, aber rund 100 Jahre später erneuert wurde. Wichtigster Bestandteil der Hochburg ist natürlich der 20 m hohe Bergfried, auch Hunnenturm genannt. Seine Mauerstärke schwankt zwischen 260 und 190 cm. Auf seinem obersten Geschoß waren kleine Geschütze aufgestellt. Anlässlich seiner 1999 durchgeführten Restaurierung setzte man auf seine breiten Zinnen ein neues Walmdach auf. An den Bergfried wurde noch im 13. Jh. ein fast gleich hoher Wohnturm angebaut, wobei die Westwand des Bergfrieds als Ostwand des Wohnturms benutzt wurde. Dieser ist seit dem Einstürzen von 1917 und 1932 Ruine. Der südliche Teil des Wohnturmes wurde etwas später errichtet. Es handelt sich dabei um den Kapellentrakt. Der dem hl. Laurentius geweihte Sakralraum ist etwa 10 m lang und 5 m breit. Nach den Zerstörungen von 1932 wurden die West- und die Nordwand neu aufgeführt. Vom alten Freskenschmuck sind drei Schichten nachweisbar. An der Altarseite haben sich Reste der einstigen romanischen Apsisausmalung erhalten. Zu erkennen sind zwei stehende Heiligenfiguren, die um 1275 entstanden sein dürften, als die Burg von den Görzer Grafen übernommen wurde. In der zweiten Hälfte des 15. Jh. wurde die Kapelle spätgotisch umgebaut. Der Raum erhielt damals sein vierjochiges Stichkappengewölbe. Im zweiten Joch ist noch das spätgotische Sakramentshäuschen erhalten. Meister Leonhard von Brixen sorgte für eine Neufreskierung der Altarwand. Einige der Fresken wurden 1930 abgenommen und werden seither im Museum auf Schloss Bruck aufbewahrt. Der Rest ist schwer beschädigt und kaum mehr zu erkennen.

Die im Westen an die Kernburg anschließenden Gebäude sind wesentlich besser erhalten. Im relativ großen Inneren Burghof befand sich eine Zisterne, die aber bereits 1535 als baufällig bezeichnet wurde. In der Südostecke des Hofes liegt ein viergeschossiger runder Treppenturm. Über seine Wendeltreppe konnte man sowohl den mittelalterlichen Teil als auch den neueren, an die Kapelle anschließenden Südflügel erreichen. Seine Obergeschosse enthalten zwei ruinöse Säle, von denen einer mit einer Balkendecke und Fenstersitzen ausgestattet ist. Das volumsmäßig größte Objekt der Burg ist der 33 x 12 m große Westtrakt, der ihre gesamte Westseite abdeckt. Ihm wurden 1593 an der Hofseite Loggiengänge vorgesetzt um eine bessere Kommunikation innerhalb des weitläufigen Gebäudes zu ermöglichen. Die fensterähnlichen Bogen des ersten Stocks wurden später aus klimatischen Gründen durch Bretterwände verschlossen. Die Kellerräume des Westtraktes dienten teilweise als Gefängnis. Im Erdgeschoß befand sich die Dürnitz, ein heizbarer Raum für das Personal. Ein großer Saal, heute als Rittersaal bezeichnet, weist eine flache Decke mit typischem Stuckdekor des 18. Jh. auf. Er war ursprünglich unterteilt und diente dem Pfleger als Wohnung und Dienstraum. An den Wänden wurden vor einigen Jahren unter dem Putz liegende Inschriften aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. freigelegt. Im 17. Jahrhundert war die Pflegerwohnung im ersten Stock des Westflügels untergebracht. In einem Zimmer hat sich noch eine barocke Vertäfelung erhalten. Bemerkenswert ist die langgestreckte Umfassungsmauer der Burg, die auch die weitläufige Vorburg einbezieht. Sie ist mit Rondellen und Rundtürmen bewehrt. An den besonders gefährdeten Abschnitten der Süd- und Ostseite ist sie von 38 Schießscharten für Handfeuerwaffen durchbrochen. Über dem rundbogigen Eingangstor ragt über einer Scharte ein dreiseitiger Gusserker vor. Durch eine Schießscharte in Kreuzform konnte von dieser Pechnase aus auch auf anstürmende Feinde geschossen werden. Eine Besonderheit der Umfassungsmauer sind die noch gut erhaltenen hölzernen Sturmpfähle, die das Anlegen von Leitern und damit das Übersteigen der Mauern erschweren sollten. Sie gibt es in Österreich kaum noch anderswo. In die Mitte der Ostmauer ist ein fast quadratischer Turm eingebaut, der dem Burgkaplan als Wohnung diente und der auch heute noch bewohnt wird. Er ist mit den beiden Ecktürmen der Ostmauer durch gedeckte Wehrgänge verbunden. Von den Bauten der Vorburg ist nichts mehr vorhanden. Unterhalb des Schlosses steht die 1470/80 errichtete und Petrus und Paulus geweihte Kirche. In ihr befindet sich einer der schönsten spätgotischen Flügelaltäre Osttirols.

Lage: Tirol/Osttirol – ca. 27 km südwestlich von Lienz

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


28.03.2004