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Freydegg


Das Gebiet um Ferschnitz, das 1034 als Pheznica bezeichnet wird, gehörte schon im 10. Jh. dem Bistum Regensburg. Der Ferschnitzbach bildete die Grenze zur Hofmark der Bischöfe von Freising. Die Burg befand sich aber bereits im 13. Jh. im Eigentum der Herren von Zelking. 1339 wird Heinrich von Zelking erwähnt. Danach wechselten die Besitzer ziemlich häufig. 1406 teilten sich die Herrschaft Christoph von Zinzendorf, Christoph von Arberg, Johann von Streun und Alber von Volkensdorf. Dies führte bald zu Streitigkeiten bis es der Witwe Johann Streuns, Beatrix gelang, Alleinbesitzerin zu werden. Sie vermachte 1448 Freydegg ihren Enkeln Hans und Heinrich von Streun. Wichtigster Vertreter der Familie war Richard Streun Freiherr von Schwarzenau, dem die Herrschaft von 1569 bis 1600 gehörte. Er war Präsident der Hofkammer und zählte zu den Führern der protestantischen Landstände. Neben Freydegg besaß er auch die Schlösser Dürnstein und Hartenstein sowie große Güter in der Wachau. Er ließ die alte Burg zwischen 1575 und 1594 in eine der schönsten Renaissanceanlagen Österreichs umbauen. Sie bestand aus fünf Gebäuden, sechs Türmen und einem schönen Garten. Der Hauptturm war sechsgeschossig. Im Inneren war das Schloss mit einer Bibliothek und kostbarem Inventar ausgestattet. Wehrmauern und dreigeschossige Bastionstürme gaben dem Bau noch ein wehrhaftes Aussehen. Freydegg soll sogar die Schallaburg an Größe und Bedeutung übertroffen haben.

Als Richard Streun seine zweite Frau, Regina von Tschernembl, heiratete, stürzte während der Hochzeitsfeier 1581 eine Decke ein, wodurch 88 Festgäste sich plötzlich einen Stock tiefer befanden. Es gab Tote und Verletzte. Georg von Völlerndorf, der wie das Brautpaar nahezu unverletzt blieb, hatte dort seinen Rausch ausgeschlafen und von der Katastrophe nichts bemerkt. Richard Streun brachte im Schloss seine Sammlung ägyptischer und indischer Altertümer unter und stattete es mit zahlreichen Gemälden aus. Teile davon fielen 1597 den Plünderungen aufständischer Bauern zum Opfer. 1615 musste die bereits schwer verschuldete Herrschaft an Hans Joachim von Zinzendorf verkauft werden, der bereits drei Jahre zuvor das Schloss in seinen Besitz gebracht hatte. Die Zinzendorfer versuchten mehrmals Freydegg zu verkaufen, was ihnen aber erst 1678 gelang. Käufer war der mit ihnen verwandte Konrad Balthasar von Starhemberg. Dessen Nachkommen besaßen die Herrschaft bis 1934. Das Schloss allerdings verfiel in der Zwischenzeit völlig. Die Bauern der Umgebung durften es als Steinbruch für den Bau ihrer Häuser benutzen. Nur mehr der Eingangsturm blieb erhalten und wurde im 20. Jh. wieder bewohnbar gemacht. Freydegg ist heute in Privatbesitz, doch kümmert sich der gegenwärtige Eigentümer seit Jahren nicht mehr um das Gebäude, das jederzeit als Kulisse für eine Dornröschen-Verfilmung dienen könnte.

Letzter Rest des einstigen Renaissance-Prunkbaues ist ein völlig von Vegetation überwucherter Vorbau mit dem Torturm. Letzterer ist quadratisch und viergeschossig. Im Erdgeschoß ist er mit einem Rustikasockel versehen. Das Rundbogenportal im Vorbau ist von einer kräftigen Steinquaderung umrahmt. Zwei rote Marmortafeln weisen auf Richard Streun von Schwarzenau hin. Die Einfahrt hat ein Tonnengewölbe mit Stichkappen. Auch die übrigen Räume des Erdgeschosses sind gewölbt. Um 1909 sah man an der Fassade noch Reste von gemalten Wappen zwischen roten Ornamenten. Damals war dem Turm noch mit einem zweifach gebrochenen Zeltdach gedeckt. Heute trägt er über einem neu aufgesetzten hölzernen Obergeschoß ein einfaches Pyramidendach. Im Inneren hat sich eine Holzdecke mit geschnitzten Balken aus dem Jahr 1866 erhalten. Der heute total verwilderte Garten wurde nach 1960 mit alten Bauteilen wie Säulen und Bögen liebevoll gestaltet.

Lage: Niederösterreich/Mostviertel – ca. 9 km südöstlich von Amstetten

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


10.03.2004