Der Name Riegersburg wird vom Gründer des Ortes, namens Rueger, abgeleitet. Er wird im Hardegger Urbar von 1363 genannt. 1390 wird erstmals eine kleine Burg erwähnt, doch kann man annehmen, dass sie bereits bei der Ortsgründung oder kurz danach entstand. Ihre Aufgabe war es, die Verteidigungslücke an der mährischen Grenze zwischen den Burgen Drosendorf und Hardegg zu schließen. Der hohe Grundwasserspiegel und das Fehlen einer natürlichen Erhebung legte die Anlage einer Wasserburg nahe. 1426 ist ein Besitzerwechsel nachzuweisen. Ab 1441 befand sich Ruegers im Besitz der Eytzinger, denen es zeitweise auch als freies Eigen gehörte. Sie ließen gegen Ende 15. Jh. einen ersten Umbau der mittelalterlichen Anlage durchführen. 1568 verkauften die Brüder Wolfgang und Albrecht von Eytzing die Herrschaft dem Grafen Sigmund von Hardegg. Dieser ließ anstelle des bereits wieder verfallenen Wehrbaues ein auf Piloten ruhendes Wasserschloss erbauen. Es diente ihm als Herrschaftssitz und Verwaltungszentrum der Grafschaft Hardegg. Bis heute blieb die Besitzgeschichte von Schloss Riegersburg mit der Burg Hardegg verbunden. 1607 wurde ein Großteil der Anlage durch einen Brand zerstört. Sigmunds Sohn Johann Wilhelm Graf Hardegg geriet durch den großzügigen Ankauf weiterer Herrschaften in finanzielle Schwierigkeiten. Nach seinem 1635 erfolgten Tod musste über seinen Nachlass der Konkurs verhängt werden. Sein Erbe, Julius Graf Hardegg, sah sich gezwungen, die Grafschaft Hardegg mit dem Schloss Riegersburg 1656 an die noch minderjährigen Grafen von Saint-Julien zu verkaufen. Ihr Vater Heinrich Guyard, Graf von Saint Julien (1590 – 1642), war mit seiner Schwester verheiratet gewesen. Das Schloss hatte im Dreißigjährigen Krieg sehr gelitten. Mehrfache Verwüstungen und Plünderungen in den Jahren 1645/46 sowohl durch die Schweden als auch durch die eigenen kaiserlichen Truppen hatten es fast zur Ruine gemacht. Die neuen Besitzer wohnten auch nicht hier, sondern ließen das Gut von Pflegern verwalten.
Heinrichs Urenkel, Johann Julius von Saint-Julien-Wallsee verkaufte Riegersburg samt der Grafschaft Hardegg 1730 an Sigmund Friedrich Graf Khevenhüller. Er war Landeshauptmann von Kärnten sowie niederösterreichischer Statthalter und Regierungspräsident. Zum Zeitpunkt des Kaufes war Schloss Riegersburg in einem sehr schlechten Bauzustand und nicht mehr bewohnbar. Die anschließende Renovierung bzw. der barocke Umbau erstreckten sich über viele Jahre. Vor einigen Jahrzehnten glaubte man noch in Joseph Emanuel Fischer von Erlach den Architekten zu erkennen, doch haben neuere Forschungen ergeben, dass es der niederösterreichische Landesbaumeister Franz Anton Pilgram, ein Schüler Lucas von Hildebrandts war. Schloss Riegersburg ist Pilgrams Hauptwerk und zugleich sein einziger gesicherter Profanbau. Die Hauptfassade war 1733 vollendet. Anschließend wurden die beiden vorderen Türme errichtet und der Osttrakt umgebaut bzw. die Sala terrena eingerichtet. Gleichzeitig führte Johannes Rueber im Obergeschoß die Stuckarbeiten aus. Diese zweite Bauphase dürfte bis 1736 gedauert haben. Erst 1737 wurde mit dem Umbau des Nord- und Westtraktes begonnen. Die Schlosskapelle, die seinem Namenspatron, dem hl. Sigismund geweiht ist, wurde noch vom Grafen Sigmund in Auftrag gegeben, aber erst nach seinem 1742 erfolgten Tod unter Graf Johann Josef 1755 in einem Zubau des Nordtrakts vollendet. Die Arbeiten am Westtrakt zogen sich bis in die Mitte des 18. Jh. hin. Mit ihnen dürfte der Barockumbau ein Ende gefunden haben. Mehr als zwei Jahrhunderte lang diente Schloss Riegersburg der Familie Khevenhüller als repräsentativer Landsitz.
Johann Joseph Graf Khevenhüller war Obersthofmeister der Kaiserin Maria-Theresia. Er heiratete die Gräfin Caroline Metsch und fügte ihren Familiennamen nach dem Aussterben der Familie Metsch dem seinen bei. 1763 wurde ihm der Fürstentitel verliehen. Er und seine Nachfolger benützten Riegersburg vorwiegend als Sommerresidenz. Im Winter war es, da fast unbeheizbar, nicht zu bewohnen. Ab 1800 war das Schloss mehr als 60 Jahre praktisch unbewohnt, da sich die Eigentümer als Diplomaten und Offiziere meist im Ausland aufhielten. Erst als Graf Johann Carl 1867 aus Mexiko zurückkehrte machte er Riegersburg wieder zu seinem ständigen Wohnsitz. Die letzten, die hier regelmäßig die Sommer verbrachten, waren Fürst Anton Sigismund Khevenhüller-Metsch und seine Gattin Gabrielle-Victoria. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden hier noch große Jagden veranstaltet und glanzvolle Feste organisiert. Danach wurde es stiller um das Schloss, wenn auch noch bis zum Zweiten Weltkrieg eine Reihe von Angestellten, wie Köchin, Küchenmädchen, Kammerdiener, Waschfrauen usw. beschäftigt wurden. 1945 beschlagnahmte die russische Besatzungsmacht den khevenhüller’schen Besitz als Deutsches Eigentum. Zeitweise hausten bis zu 500 Soldaten im Schloss. Riegersburg wurde geplündert und völlig devastiert. Der Festsaal diente als Fahrschule, zu der die Autos über die Feststiege hinauffuhren. Die Schlosskapelle wurde als Arrestlokal und Erdäpfelkeller zweckentfremdet. Neben den meisten Möbeln fiel praktisch die gesamte Bibliothek dem Unverständnis der Soldaten zum Opfer und wurde verheizt. Bis zum Staatsvertrag von 1955 wurde das Schloss mit dem großen Forstbetrieb von der russischen USIA verwaltet. 1956 wurde Riegersburg den Eigentümern wieder zurückgestellt, so dass umgehend mit der Generalsanierung begonnen werden konnte, die letztendlich in mehreren Etappen bis 1987 dauerte. Als die Fürstin Gabrielle-Victoria 1972 als letzte Angehörige der Familie Khevenhüller-Metsch verstarb, übernahm ihre Tochter Marianne Gräfin Pilati von Thassul das Schloss. Es wird seit 1967 als Schlossmuseum geführt. 1993 fand hier eine niederösterreichische Landesausstellung statt. Die Schlossbesitzer haben sich in ein Nebengebäude, den einstigen Pferdestall, zurückgezogen. Derzeitiger Eigentümer ist Gotthard jun. Graf Pilati. Die Repräsentationsräume können für private Veranstaltungen gemietet werden. Pressemitteilungen ist zu entnehmen, dass das Schloss derzeit zum Verkauf angeboten wird.
Die Schlossanlage ist eines der bedeutendsten Beispiele ländlicher Barockarchitektur in Österreich. Es handelt sich um einen vierflügeligen Bau mit weit vorspringenden, turmartigen Eckpavillons, die mit schweren Kuppelhelmen gedeckt sind. Schauseite ist die reich gegliederte Südfront, die stark an das Wiener Belvedere erinnert. Der nur unwesentlich vortretende fünfachsige Mittelrisalit ist mit einem Pagodendach versehen. Die Beletage ist durch fünf große Rundbogenfenster gekennzeichnet, über denen sich große Ochsenaugen befinden, die dem dahinter liegenden Festsaal zusätzlich Licht spenden. Die Gliederung der dreigeschossigen Fassade erfolgt im Erdgeschoß horizontal durch Nutung, während vertikal Riesenpilaster das Haupt- und das Obergeschoß zusammenfassen. Im Giebelfeld der mit Skulpturen reich geschmückten Dachzone ist eine steinerne Wappenkartusche der Fürsten Khevenhüller angebracht. Der Giebel wird von einer großen Atlasfigur überragt, die die Weltkugel trägt. Sie ist ein Werk des Wiener Bildhauers Josef Krakher, der auch die großen Skulpturen der Weisheit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Einigkeit schuf. Vom gleichen Meister stammen auch die über der dreiteiligen Toranlage angebrachten großen Steinvasen sowie die beiden Adler auf der Attika. Die übrigen drei Trakte sind nur noch zweigeschossig und wie auch der kleine Innenhof wesentlich sparsamer dekoriert als die Hauptfassade. Der Bau besitzt noch seine originale Dachkonstruktion mit dem aus Eichenholz gebauten Dachstuhl. Allein für ihn benötigte man 610 Baumstämme. Zu Riegersburg gehört ein großer Park, der über eine Sala terrena im Osttrakt vom Schloss aus zugänglich war. Eine Stiegenanlage mit geschwungenen Balustraden führt zum Teich hinunter. Hier befindet sich auch der Hundefriedhof, der gegen Ende des 19. Jh. angelegt wurde. Die ebenerdigen Wirtschaftsgebäude sind in einem Viertelkreis vor dem Schloss angeordnet.
Durch die gewölbte Einfahrt gelangt man über die repräsentative Hauptstiege in den Mittelteil des Vordertraktes, in dem sich der zweigeschossige Festsaal befindet. Für einen solchen Raum in einem Barockschloss ist das Fehlen großzügiger Fresken auffallend. Möglicherweise waren sie geplant, gelangten aber nicht mehr zur Ausführung. Der mächtige Bleikristallluster hat erstaunlicherweise sowohl die napoleonische als auch die russische Besatzung mehr oder weniger unversehrt überstanden. An den Wänden hängen Gemälde aus der Werkstatt Martin von Meytens. Über den Türen sind Porträts verschiedener Mitglieder der Familie Khevenhüller angebracht. Im anschließenden Barockzimmer hängt eine große Darstellung Neapels, die aus 35 Kupferstichen zusammengesetzt ist. Der Großteil der heutigen Schlosseinrichtung wurde vom Österreichischen Museum für angewandte Kunst als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Es sind vor allem französische, italienische und österreichische Möbel des 18. Jh. zu sehen. Einer der schönsten Räume ist das Rokokozimmer, dessen Wände mit Pariser Seidendamasttapeten bespannt sind. Das Dietrichsteinzimmer hat seinen Namen von den hier hängenden Gemälden dieser Adelsfamilie. Die Stuckarbeiten, die diesen Raum schmücken, stellen eine Allegorie der fürstlichen Tugenden dar. Der Chinesische Salon ist mit kostbaren Papiertapeten aus dem 18. Jh. verkleidet. Sie hatten sich zuvor in Schlosshof befunden, wurden dort abgenommen und nach jahrelanger Lagerung in Riegersburg wieder verwendet. Seine Stuckdecke zeigt eine Allegorie auf den Frühling. Einige Zimmer sind als Familienmuseum gestaltet. Weitere Räume dienen für Sonderausstellungen. Die zweigeschossige Schlosskapelle ist mit einem monumentalen, reich vergoldeten Altar ausgestattet, der von Franz Anton Pilgram entworfen wurde. Johannes Rueber schuf den qualitätvollen plastischen Stuck. Im Schloss befindet sich noch die alte Herrschaftsküche des 19. Jahrhunderts mit einem verkachelten Backofen, der ein Fassungsvermögen für 14 Laib Brot hat.
Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 12 km nordöstlich von Geras
Besichtigung: vom 1. April bis 15. November täglich von 09.00 bis 17.00 (im Juli und August bis 19.00)
Homepage: www.schloss.riegersburg.at
Weitere Literatur:
25.02.2004