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Neuhaus im Triestingtal


Man nimmt an, dass hier im zweiten Viertel des 13. Jh. ein Festes Haus zur Sicherung des Triestingtales errichtet wurde. 1246 scheint in einem Urbar Ulrich von Neuhaus als Burgherr auf. Im 14. Jh. war die Burg landesfürstlich und wurde von Pflegern verwaltet. Ab 1595 gehörte sie der Familie Wolzogen, die hier bis 1628 ansässig war. Ihre Mitglieder wurden 1591 in den Ritter- und 1607 in den Freiherrenstand erhoben. Neben Neuhaus gehörten ihnen auch Fahrenfeld, Arnstein, Gutenbrunn, St. Ulrich und einige Häuser in Wien. Neuhaus wurde entscheidend umgebaut, wobei die Arbeiten eher einem Neubau gleichkamen. Von 1607 bis 1612 wurde die damals protestantische Schlosskirche errichtet. Als Protestant verlor Paul I Freiherr von Wolzogen während der Gegenreformation seinen Besitz und musste nach Sachsen auswandern. Kaiser Ferdinand II verpfändete Neuhaus 1633 an Max Breuner Freiherr von Stübingen, der es aber schon nach zwei Jahren wieder zurückgab. Unter den folgenden Inhabern waren die Mannsfeld, Ternberg und Sprinzenstein. 1683 wurde das Schloss von den Türken geplündert und in Brand gesteckt. Um 1694 wurde der noch nicht wiederhergestellte Bau für industrielle Zwecke adaptiert. In den noch benützbaren Räumlichkeiten wurde eine von venezianischen Meistern geleitete Glas- und Spiegelfabrik eingerichtet. 1709 erwarb Johann Christoph Rechtberg von Rechtskron die Herrschaft aus Staatsbesitz. Neun Jahre später war Bernard von Mikosch neuer Eigentümer. Zwischen 1724 und 1830 gehörte Neuhaus wieder der Hofkammer.

1726 ließ Kaiser Karl VI das Schloss wieder instand setzen und an der Westseite des Hofes einen Neubau für die Spiegelfabrik errichten. Sie wurde aber bereits1742 in ein neues Gebäude am Fuße des Schlossberges verlegt und 1830 nach Schlöglmühl abgesiedelt. 1769 erfolgte im Auftrag von Kaiserin Maria Theresia die Errichtung einer öffentlichen Volksschule im Osttrakt. 1780 wurde eine Lehrerbildungsanstalt eingerichtet. Schon 1783 wurde die Schlosskirche zur Pfarrkirche bestimmt. 1830 erwarb Freiherr Georg von Sina die Herrschaft, die er zwanzig Jahre später seiner Enkelin Anastasia Gräfin Wimpffen schenkte. Ab 1833 diente der Westtrakt als Pfarrhof. Simon Graf Wimpffen versuchte gegen Ende des 19. Jahrhunderts Neuhaus zu einem eleganten Kurort zu machen, indem er unterhalb des Schlosses drei große Hotels und dreißig luxuriös eingerichtete Villen sowie noch 1913 eine Rollschuhhalle erbauen ließ. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges waren seine Bemühungen jedoch gescheitert. 1938 wurde Neuhaus vom Deutschen Reichsforst übernommen. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges geriet das Schloss in die Kampflinie und wurde durch Brand zerstört. Nachdem 1955 die russische Verwaltung aufgehoben worden war, wurden die Kirche und der Westtrakt der Anlage wieder aufgebaut. Der Osttrakt, der 1977 von einem Privatmann ersteigert wurde, wurde 1978 bis 1982 in seiner alten Form wiederhergestellt. Dafür verfiel der Westtrakt allmählich. Eine Zeitlang wurde Neuhaus durch die Österreichischen Bundesforste verwaltet. Heute befindet sich der größte Teil der Anlage in Privatbesitz, während die Schlosskirche der römisch-katholischen Kirche gehört und als Pfarrkirche verwendet wird.

Die mehrteilige Schlossanlage ist von einer Mauer umgeben, die an den beiden östlichen Ecken mit Rundtürmen und an der Westseite mit zwei quadratischen Wehrtürmen verstärkt ist. Die Einfahrt liegt an der Ostseite. Das darüber befindliche Wappen mit den Initialen HCWZNF weist darauf hin, dass Hans Christoph Freiherr von Wolzogen zu Neuhaus diesen langgezogenen Trakt vollenden ließ. Er ist zweigeschossig und diente als eigentliches Wohnschloss. In seiner Mitte überragt der viergeschossige Torturm mit Pyramidendach den Bau. Er ist neben der Schlosskirche als einziger Teil der Anlage noch gut erhalten und gepflegt. Die Fenster dieses Traktes sind steingerahmt und weisen gerade Verdachungen auf. Durch die breite Torhalle gelangt man in den großen Hof, dessen gegenüberliegende Seite vom schlecht erhaltenen Bau der einstigen Spiegelfabrik eingenommen wird. Zwischen zwei dreigeschossigen, etwas vorspringenden Türmen mit Pyramidendächern erstreckt sich seine ursprünglich barocke Fassade, die 1892 erneuert wurde. Zwei symmetrisch angeordnete Türen, die von Dreiecksgiebeln gekrönt sind, führen in das Innere. Im Süden wird der Hof von der ungewöhnlich großen, dem hl. Nepomuk geweihten, freistehenden Schlosskirche begrenzt. Sie ist einschiffig und mit einem Kreuzgewölbe versehen. Unterhalb des Hochaltares liegt die ehemalige Familiengruft der Wolzogen. Im Norden schließt die Umfassungsmauer den Hof ab. Die in ihrer Mitte liegende kleine Pforte war offensichtlich einst mit einer Zugbrücke versehen. Hinter dem Westtrakt erstreckt sich ein nahezu quadratischer zweiter Hof, in dessen Mitte noch Mauerreste von Kelleranlagen auf einen alten Bau hinweisen. Hier lag einst das Feste Haus (novum castrum) aus dem 13. Jh., das für das Schloss und den Ort namensgebend wurde. Es war noch bis zum Beginn des 17. Jh. bewohnt, wurde aber dann seinem Schicksal überlassen. Der Garten vor der Ostfront wurde im 20. Jh. in einen Friedhof umgewandelt.

Lage: Niederösterreich/Triestingtal – ca. 7 km nordwestlich von Berndorf

Besichtigung: Hof und Kirche können jederzeit besichtigt werden


Weitere Literatur:


21.02.2004